Betreff: ACM-Informationen vom 1. Mai 1999 Datum: Sat, 1 May 1999 23:07:00 +0200 Von: "Association for Cannabis as Medicine" An: acm-informationen@acmed.org ---------------------------------------------------------------- ACM-Informationen vom 1. Mai 1999 ---------------------------------------------------------------- * Kanada: Parlamentsdebatte über die medizinische Verwendung von Marihuana * Schweiz: Drogenkommission empfiehlt Legalisierung von Cannabis 1. Kanada: Parlamentsdebatte über die medizinische Verwendung von Marihuana Am 14. April debattierte das Abgeordnetenhaus einen Antrag, der der Regierung empfiehlt, "alle notwendigen Schritte hinsichtlich der möglichen legalen Verwendung von Marihuana für gesundheitliche und medizinische Zwecke zu unternehmen." Die Mitglieder des Parlaments werden im Juni über den 'Antrag 381', der von Bernhard Bigras (Block Quebec) eingebracht worden war, abstimmen. Gesundheitsminister Allan Rock (Liberale) hatte am 3. März erklärt, dass er die Entwicklung von klinischen Studien für die medizinische Verwendung von Marihuana angeordnet habe. Bigras erklärte, dass er an der Ernsthaftigkeit von Rocks Ankündigung zweifle. Ein Helfer von Bigras schätzte, dass etwa 100 Abgeordnete aus verschiedenen Parteien im 301 Mitglieder starken Abgeordnetenhaus den Antrag 381 unterstützen würden. Das Abgeordnetenhaus besteht aus der Block Quebec Partei (42 Mitglieder), Unabhängigen (2), der Liberalen Partei (156), der Neuen Demokratischen Partei (21), der Progressiv Konservativen Partei (19) und der Reformpartei (59). Pauline Picard (Block Quebec): "Nach unserer Ansicht hält die Regierung Tausende von Menschen, die leiden und auf ein Signal der Hoffnung warten, als Geiseln." Sue Barnes (Liberale): "Ich habe diese Angelegenheit mit großer Intensität in meiner Regierung angeschoben. (...) Ich denke, wie andere, dass es selbst jetzt nicht über Nacht zu einer Änderung kommt, aber wir sollten den bisher erreichten Fortschritt nicht unterschätzen." Libby Davies (Neue Demokraten): "In mancher Hinsicht liegt diese Institution des Abgeordnetenhauses weit hinter der öffentlichen Meinung zurück, auch hinter den im medizinischen Bereich Tätigen. (...) Wir müssen sehr deutlich machen, dass wir nicht noch weitere zwei oder drei Jahre auf die Durchführung von Studien warten wollen." Diane St-Jacques (Progressiv Konservative): "Ich denke, dass es völlig inakzeptabel ist, dass jemand der chronisch krank ist oder sich im Endstadium von AIDS befindet, wegen einer medizinischen Behandlung bestraft wird, die Ärzte empfehlen würden, wenn sie das könnten." (Quellen: Reden vor dem kanadischen Abgeordnetenhaus am 14. April 1999, Calgary Herald vom 4. März 1999, NORML vom 22. April 1999) 2. Schweiz: Drogenkommission empfiehlt Legalisierung von Cannabis Die Eidgenössische Kommission für Drogenfragen (EKDF) hat eine weitgehende Liberalisierung der Cannabisgesetzgebung vorgeschlagen. Das erste von zwei Modellen sieht eine Straflosigkeit der Beschaffung zum Eigengebrauch, das zweite eine Legalisierung mit einem lizensierten Handel vor. "Cannabis ist eine Droge und die Kommission will das nicht trivialisieren oder sagen, sein Konsum ist ohne Risiko (...), aber der Konsum nimmt zu, besonders unter jungen Leuten," erklärte Kommissions-Mitglied Anne-Catherine Menetrey. In der Zusammenfassung des Cannabisberichtes, die am 23 April vorgestellt wurde, heißt es: "Verschiedene Umstände lassen die Kommission zum Schluss kommen, dass eine Neubewertung der Stellung von Cannabis erforderlich ist – sowohl im Hinblick auf seine Rolle als Freizeitdroge wie auch hinsichtlich einer möglichen medizinischen Verwendung." Mit der medizinischen Anwendung befasst sich der Bericht nur am Rande: "Aufgrund der internationalen medizinischen Fachliteratur wird die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für kontrollierte Forschungsprojekte im Bereich der therapeutischen Anwendung von Cannabis in der Schweiz empfohlen." Cannabis sei zu einem Genussmittel geworden, das "von einem wesentlichen Teil der Bevölkerung ohne Unrechtsbewusstsein" konsumiert werde. Die gegenwärtige Drogenpolitik leide an einem "zunehmenden Verlust an Glaubwürdigkeit". Im ersten Vorschlag empfiehlt die Kommission "die Straflosigkeit des Cannabiskonsums wie auch der Beschaffungshandlungen zum eigenen Gebrauch" sowie eine Opportunitätsregelung, die es der Polizei ermögliche, "unter klar definierten Rahmenbedingungen von der Verfolgung des Kleinhandels, einschliesslich des gewerblich betriebenen, abzusehen." Im zweiten Vorschlag "wird die Ausarbeitung eines Modells mit lizenziertem Handel (...) vorgeschlagen. Ein solches Modell würde einen legalen Zugang zu Cannabis ermöglichen, aber nicht im Sinne eines freien Handels, sondern mit klaren Regulierungen." Die Kommission "gibt aus fachlicher Sicht dem Lizenzierungsmodell den Vorzug, da es saubere und durchsetzbare Rahmenbedingungen für den Umgang mit Cannabis schafft." Es sei "jedoch mit den internationalen Abkommen nicht mehr vereinbar." Die Eidgenössische Kommission für Drogenfragen (EKDF) ist eine durch den Bundesrat gewählte außerparlamentarische Kommission. Ihre Mitglieder sind Fachpersonen aus verschiedenen Bereichen, die beruflich mit Teilaspekten des Drogenproblems konfrontiert sind. Mitglieder der Regierung haben bereits erklärt, dass eine Legalisierung von Cannabis ein gesundheitliches Risiko bedeuten würde. (Quellen: Zusammenfassung des Cannabisberichts der EKDF für das Medienseminar vom 23. April 1999, AP vom 23. April 1999, Tagesanzeiger vom 24. April 1999, Basler Zeitung vom 24. April 1999) 3. Kurzmeldungen ***USA: In der kommenden Woche in Kraft tretende Richtlinien erlauben dem Gesundheitsministerium des Bundesstaates Oregon die Registrierung und Lizensierung von Patienten, die Marihuana medizinisch verwenden. Oregon wird der erste Bundesstaat sein, der Identifikationskarten für Patienten ausstellt, denen damit der Besitz von Marihuana erlaubt wird. Am 3. November 1998 hatten die Wähler von Oregon und weiteren vier Staaten Volksbegehren angenommen, die Patienten von Strafen ausnehmen, wenn sie Marihuana unter Beaufsichtigung eines Arzt verwenden. (Quelle: NORML vom 29. April 1999) ***USA/Kanada: Der Kampf um die Verhinderung der Abschiebung einer 29 Jahre alten Kalifornierin in die USA wegen Marihuana-bezogener Vergehen hat am 19. April am Obersten Gericht von British Columbia in Vancouver begonnen. Renee Boje, eine Verfechterin der medizinischen Verwendung von Marihuana wurde im Jahre 1997 in Los Angeles festgenommen. Die USA verlangt ihre Auslieferung nach Kalifornien, wo Boje eine mindestens 10jährige Haftstrafe erwarten würde, wenn sie verurteilt würde. (Quelle: Vancouver Province vom 20. April 1999) ***Wissenschaft: Menschen, die täglich Marihuana rauchen, werden aggressiver, wenn sie damit aufhören. Dr. Elena Kouri und Mitarbeiter von der Harvard-Universität erklärten in der Zeitschrift Psychopharmacology, dass sie objektiv nachgewiesen hätten, dass es ein klares Entzugssyndrom gibt, wenn Menschen das Rauchen von Marihuana einstellen. "Auch wenn dieses Syndrom nicht so dramatisch ist wie das Entzugssyndrom bei Alkohol, Opiaten oder Kokain, so könnte es doch bei den von Marihuana Abhängigen zu Rückfällen beitragen," erklärte Dr. Alan Leshner, Leiter des Nationalen Instituts für den Drogenmissbrauch (NIDA), das die Studie finanziert hat. (Quelle: Reuters vom 20. April 1999) ***Australien: Einer der ranghöchsten Staatsanwälte Australiens würde es lieber sehen, wenn Marihuana in Geschäften an der Ecke als durch Kriminelle verkauft würde. Der südaustralische Direktor für öffentliche Anklagen Paul Rolfe sprach am 28. April bei der australischen Konferenz über Drogenstrategie. Die Menschen sollten eine regierungskontrollierte Abgabe und Verteilung von Drogen wie Marihuana und Heroin in Erwägung ziehen, da die gegenwärtigen Versuche zur Bekämpfung der Drogenkrise nicht funktionierten. Premierminister John Howard kritisierte Herrn Rofe am Folgetag und erklärte, die Kommentare seien nicht hilfreich. (Quellen: AAP vom 28. und 29. April 1999) ***Großbritannien: Die Regierung verschwende durch die gerichtliche Verfolgung von Menschen, die Cannabis rauchen "riesige Geldmengen", erklärte ein Abgeordneter der Labour-Partei am 28. April. Dr. Brian Iddon sagte zudem, es sei "skandalös", dass kranke Menschen es nicht zur Schmerzlinderung verwenden dürften. Dr. Iddon ist Vorsitzender der Drogenmissbrauchsgruppe des Abgeordnetenhauses. Er unterstützt eine an diesem Wochenende stattfindenden Demonstration, die von Aktivisten für die Legalisierung von Cannabis als Teil der internationalen "Maitag ist Joint-Tag"-Veranstaltungen organisiert wird. (Quelle: PA News vom 28. April 1999) 4. DER KOMMENTAR ... zu den Plänen des kanadischen Gesundheitsministers zur Durchführung von klinischen Studien mit Cannabis: "Es ist eine nützliche und gute Sache, dass diese klinischen Studien durchgeführt werden, da es Dinge gibt, die wir noch lernen müssen. Allerdings besitzen wir bereits heute genug Informationen, um den Minister aufzufordern, mit der Befreiung [von Strafverfolgung] zu beginnen, so dass Menschen jetzt Linderung, Hilfe und Unterstützung bekommen, ohne kriminell werden zu müssen. (...) Der Gesundheitsminister sollte bereits jetzt Anträge auf Befreiung genehmigen, so dass Kanadier nicht länger leiden müssen. (...) Es ist eine Schande. Das ist eine Sache, die es nicht geben müsste, wenn wir den politischen Willen hätten und die Führungskraft." Abgeordnete Libby Davies (Ost-Vancouver, Neue Demokratische Partei), Rede vor dem Abgeordnetenhaus vom 14. April 1999 Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin e. V. (ACM) Maybachstr. 14 D-50670 Köln Deutschland Fon: +49 (0)221-912 30 33 Fax: +49 (0)221-130 05 91 Email: info@acmed.org Internet: http://www.acmed.org Wenn Sie von der Mailing-Liste genommen oder in die Liste für die ACM-Informationen aufgenommen werden möchten, so schicken Sie bitte eine Email an: info@acmed.org