Betreff: ACM-Informationen vom 4. April 1998 Datum: Sat, 4 Apr 1998 23:04:46 +0200 Von: ACMed@t-online.de (AG Cannabis als Medizin) ---------------------------------------------------- ACM-Informationen vom 4. April 1998 ---------------------------------------------------- 1. Deutschland: Erste Importfirmen für Marinol Ein ranghoher Vertreter des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) - Bundesopiumstelle - in Berlin gab in einem Schreiben vom 20. März 1998 bekannt, daß nunmehr drei Importfirmen eine Erlaubnis zum Import von Marinol erhalten haben. "...zum gegenwärtigen Zeitpunkt konnte folgenden Importfirmen eine betäubungsmittelrechtliche Erlaubnis zur Einfuhr von Marinol Kapseln erteilt werden: - Marinol 2,5 mg/ 5mg/ 10 mg Kapseln Komtur Pharmaceuticals Pharmagroßhandel-Import-Export Zähringer Str. 21, 79108 Freiburg Tel. 0761/50423-10 Fax 0761/50423-15 - Marinol 2,5 mg Kapseln Paesel & Lorei GmbH & Co. Moselstr. 2 b, 63452 Hanau Tel. 06181/1870-0 Fax 06181/1870-70 - Marinol 2,5 mg/ 5 mg Kapseln Pharimex GmbH Großhandel für Arzneimittel u. Medicalprod. Möserstr. 34, 49074 Osnabrück Tel. 0541/13503-125 Fax 0541/13503-100 Die Arzneimittel können von Ärzten unter Beachtung der Vorschriften der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung verschrieben und von Apotheken im Rahmen von § 73 Abs. 3 AMG bei den o.g. Importfirmen bestellt werden." Anfang Februar 1998 hatte es aus dem BfArM zunächst verlautet, allein die Bearbeitung des Antrages auf Erteilung einer Importgenehmigung würde drei Monate dauern. Nach entsprechenden Medienberichten und einer Vielzahl von Anfragen hat man nun schnell reagiert. Die Entwicklung hat das BfArM offensichtlich völlig überrascht. Sie haben sich auch an die deutsche Pharmafirma Boehringer Ingelheim gewandt, deren amerikanische Tochterfirma Unimed Pharmaceuticals das Marinol in den USA herstellt. (Quelle: Schreiben von Dr. Schinkel, BfArM, vom 20. März 1998) 2. Deutschland: Petition für medizinische Verwendung von Cannabis in Berlin Die Selbsthilfegruppe Cannabis als Medizin und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen übergaben dem Vorsitzenden des Petitionsausschusses des Berliner Abgeordnetenhauses, Reinhard Roß, eine Eingabe mit Forderungen zum erleichterten Zugang zur arzneilichen Verwendung von Cannabis. In der Petition heißt es: "Wir alle müssen, zusätzlich zu den großen Belastungen, die chronische bzw. unheilbare Erkrankungen mit sich bringen, auch noch die durch die generelle Prohibition der Marihuanapflanze bedingte illegale Beschaffungsweise mit allen dazugehörigen Konsequenzen aushalten." Es wird die Unterstützung der Forschung, die Erhältlichkeit natürlicher Cannabisprodukte und einzelner Cannabinoide auf einem einfachen ärztlichen Rezept in der Apotheke sowie die Möglichkeit, Hanf nach ärztlicher Bescheinigung selbst anbauen zu dürfen, gefordert. Die Selbsthilfegruppe wurde im November 1995 gegründet und umfaßt Patienten mit Krebs, AIDS, Multiple Sklerose, Asthma, Glaukom, Migräne, Hepatitis C, Querschnittslähmung, Schmerzzuständen, Epilepsie und Depressionen. Ein Mitglied der Selbsthilfegruppe gehört dem Vorstand der ACM an. 3. Neuseeland: Diskussion um Legalisierung von Cannabis Nach einem Bericht des Forums für Drogenpolitik (Drug Policy Forum Trust) würde eine Entkriminaliserung von Cannabis und die öffentliche Kontrolle des Marktes die öffentliche Gesundheit schützen und den Cannabismißbrauch vermindern. Dies wurde von der neuseeländischen Regierung zurückgewiesen. Der stellvertretende neuseeländische Gesundheitsminister Roger Sowry erklärte: "Ich glaube, daß die Entkriminalisierung nicht in öffentlichem Interesse ist, so lange es ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Unschädlichkeit der Verwendung gibt." Diese Einschätzung wird von einer Anzahl von Mitgliedern des neuseeländischen Parlaments aus der Region von Wellington geteilt. Viele sagten, daß mehr Forschung notwendig sei. Nur der Abgeordnete Ken Shirley von der ACT-Liste, erklärte, daß der Bericht unterstütze, was er bereits glaube: "Ich denke, daß die gegenwärtigen Gesetze Unsinn und in einem großen Umfang konterproduktiv sind. Die Qualifikation der Mitglieder des Forums steht außer Zweifel." Der Abgeordnete Peter Dunne, der Cannabis während seiner Studienzeit verwendete, sagte, daß seine Partei nicht die Entkriminalisierung unterstütze. Es sei jedoch Zeit für eine ernsthafte Debatte. Der Vorsitzende des Forums, Dr. David Hadorn, wies darauf hin, daß es bereits viel Forschung gebe. Danach seien die gesundheitlichen Effekte von Cannabis nicht schlimmer als die von Alkohol oder Tabak. Die Legalisierung würde die Aufklärung und den Umgang mit gesundheitlichen Problemen erleichtern. In ihrem am 30. März 1998 veröffentlichten Bericht "Möglichkeiten für die Cannabispolitik, alternative Systeme der Cannabiskontrolle in Neuseeland" weisen die Autoren darauf hin, daß "die neuseeländischen Politiker und die Öffentlichkeit akzeptieren sollten, daß Cannabis ein Teil unserer Kultur geworden ist. Welcher Schaden auch immer mit Cannabis verbunden ist, er wird vergrößert, indem seine Verwendung in den Untergrund gezwungen wird." Die Mitglieder des Forums sind Dr. Robin Briant, Chefarzt am Aukland Krankenhaus; Dr. Peter Crampton, Mitarbeiter am Gesundheitsforschungszentrum; Prof. Fred Fastier, emeritierter Pharmakologe von der Universität von Otago; Amster Reedy, Moari-Experte, Prof. Norman Sharpe, Leiter der Medizinabteilung der medizinischen Hochschule von Aukland; Helen Shaw, Erzieherin; Prof. Warren Young, Rechtswissenschaftler an der Viktoria-Universität. (Quelle: Cannabis Policy Options, Alternative Systems of Cannabis Control in New Zealand, vom 30. März 1998, Internet-Version; Evening Post (Wellington) vom 1. April 1998) 4. Wissenschaft: Problemjugendliche mit hohem Risiko für Abhängigkeit Nach einer am 31. März vorgestellten amerikanischen Studie können Jugendliche mit starken sozialen Problemen schnell abhängig von Marihuana werden. Dr. Thomas Crowley, Psychiater beim Dienst für Suchtforschung und -behandlung (Addiction Research and Treatment Service) der Medizinischen Fakultät der Universität von Colorado, der die Studie leitete, teilte mit, daß nach ihren Erkenntnissen die Jugendlichen zuerst Probleme haben und dann abhängig werden. Mehr als zwei Drittel der Teenager berichteten von Entzugssymptomen, wenn sie den Marihuana- Konsum einstellten. Mehr als 80 Prozent der Jungen und mehr als 60 Prozent der Mädchen seien nach etablierten Kriterien (DSM) als abhängig einzustufen. Die Studie basiert auf einer Befragung von 165 Jungen und 64 Mädchen im Alter zwischen 13 und 19 Jahren, die durch Sozialdienste oder Institutionen des Strafvollzuges an universitäre Behandlungprogramme für delinquente und abhängige Heranwachsende überwiesen worden waren. "Ich möchte betonen, daß dies eine Gruppe von Kids ist, die sich in Behandlung wegen Drogenproblemen befinden," wird Crowley zitiert. "Dies ist nicht das Durchschnittskind." Um in die Studie aufgenommen zu werden, mußten neben einer Diagnose von Drogenabhängigkeit mindestens drei weitere Symptome einer Störung vorliegen wie Stehlen, Lügen, Weglaufen und oft eine Gefängnisstrafe. In einer Berliner Studie, die im Sommer 1997 veröffentlicht worden war und auf der Befragung von 1.458 Cannabiskonsumenten basierte, waren nach dem gleichen klinischen Kriterien (DSM-IV) im Durchschnitt 8 % der aktuellen Konsumenten als abhängig klassifiziert worden. Wurden nur Personen berücksichtigt, die nur Cannabis konsumierten, so reduzierte sich der Anteil der Abhängigen auf 2 %. (Quellen: Pressemitteilung der NIDA vom 31. März 1998; Reuters vom 31. März 1998; Kleiber, D., Soellner, R., Tossmann, P.: Cannabiskonsum in der Bundesrepublik Deutschland: Entwicklungstendenzen, Konsummuster und Einflußfaktoren. Bundesministerium für Gesundheit, Bonn 1997) 5. *** Kurzmeldungen *** Großbritannien: Etwa 10.000 Menschen demonstrierten am 28. März 1998 in London für die Legalisierung von Marihuana. Einige Teilnehmer rauchten offen ihre "Spliffs", die englische Variante des Joints. Nach Angaben von Scotland Yard gab es keine Verhaftungen. Mit Blick auf die Debatte in den USA schrieb die Washington Post: "... tausende Demonstranten marschierten durch das Herz von London, zugunsten einer modernen politischen Idee, die ein kompletter Nicht-Starter in den Vereinigten Staaten ist." (Quellen: AP vom 28. März 1998, dpa vom 28. März 1998, Washington Post vom 28. März 1998) *** Großbritannien: Ein lokales Gericht hat einen Mann freigesprochen, der Marihuana zur Behandlung der Schmerzen nach einer Leberoperation verwendete. Das Rauchen wurde als der Linderung der Symptome dienlich betrachtet. (Quelle: The Times vom 24. März 1998, zitiert nach CORA) *** Großbritannien: Ein anderes britisches Gericht verurteilte einen Mann, der seine an Multiple Sklerose erkrankte Frau mit Marihuana versorgte, zu einer Geldstrafe von 100 Pfund. Es war bereits seine dritte Verurteilung nach 1993 und 1995. Der Mann erklärte, daß er bereit sei, ins Gefängnis zu gehen. Seine Frau sei sehr schwer krank und selbstmordgefährdet: "Es ist nicht möglich für mich aufzuhören, weil es zwischen einem Gefängnisaufenthalt und dem Tod meiner Frau keine Wahl gibt." (Quellen: PA News vom 2. und 3. April 1998) *** USA: Das Bundesjustizministerium forderte am 24. März in deutlicher Form den zuständigen Richter auf, die Schließung der kalifornischen Cannabis Buyers Klubs zu veranlassen. David Garcia, Richter am obersten Gericht von Kalifornien, wies dieses Ansinnen am 3. April zurück und setzte statt dessen einen Gerichtstermin für den 27. April zur Verhandlung der Sache fest. (Quellen: Reuters vom 24. März 1998, UPI vom 3. April 1998) Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin e. V. (ACM) Maybachstr. 14 D-50670 Köln Germany Fon: +49 (0)221-912 30 33 Fax: +49 (0)221-130 05 91 Email: ACMed@t-online.de Internet: http://www.hanfnet.de/acm Wenn Sie von der Email-Liste genommen oder in die Liste aufgenommen werden möchten, so schicken Sie bitte eine Email an: ACMed@t-online.de