Betreff: ACM-Informationen vom 6. September 1997 Datum: Sat, 6 Sep 97 22:09 +0100 Von: ACMed@t-online.de (Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin) ------------------------------------------------------ ACM-Informationen vom 6. September 1997 ------------------------------------------------------ 1. Umfrage unter MS-Patienten zur Verwendung von Marihuana in Großbritannien und den USA In der Fachzeitschrift European Neurology wurde eine Umfrage unter Menschen mit Multipler Sklerose über ihre Verwendung von Marihuana veröffentlicht. Die Umfrage erfolgte unter Mitarbeit der Alliance for Cannabis Therapeutics in den USA und Großbritannien, welche 120 Fragebögen in den USA und 135 in Großbritannien verschickten. Die Fragebögen mit insgesamt 68 Fragen sollten dann anonym an einen der beteiligten Forscher geschickt werden, darunter Paul Consroe (Universität von Arizona/USA), Rik Musty (Universität von Vermont/USA) und Roger Pertwee (Universität von Aberdeen/Großbritannien). Insgesamt gelangten 112 Fragebögen in die Auswertung. Die Antwortenden berichteten von einer Vielzahl von Symptomen, die gebessert wurden. In über 80% wurden genannt: Spastik vor dem Einschlafen 96,5% Schmerzen in den Muskeln 95,1% Spastik bei nächtlichem Aufwachen 93,2% Schmerzen in den Beinen bei Nacht 92,3% Zittern (Arme/Kopf) 90,7% Depressionen 90,6% Angst 89,6% Spastik bei morgendlichem Aufwachen 89,0% Spastik beim Gehen 87,3% Kribbeln in Gesicht/Armen/Beinen/Rumpf 80,8% Die Autoren folgerten: „... die vorliegende Studie, führt zusammen mit früheren Berichten zu der starken Annahme, daß Cannabis einige Zeichen und Symptome der Multiplen Sklerose signifikant lindern kann, vor allem Spastizität und Schmerzen, zumindest bei einigen Patienten... Wir folgern aus den Daten, daß es genügend Gründe für eine sorgfältig kontrollierte klinische Studie gibt, die objektiv und schlüssig die am häufigsten angegebenen Behauptungen über die nützlichen Effekte von Cannabis überprüft." (Quelle: Consroe et al.: The perceived effects of cannabis smoking in patients with multiple sclerosis. Eur. Neurol. 38, 44-48, 1997). 2. Ausführliche Stellungnahme der ACM zur Ergänzung der Positionsbezeichung THC im Betäubungsmittelgesetz durch den Zusatz „synthetisch" Nach entsprechenden Rückfragen aus dem Ausschuß für Suchthilfe bei den Gesundheitsministern der Länder auf ein Schreiben der ACM hat die Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin eine ausführliche Stellungnahme zur geplanten Ergänzung der Positionsbezeichung THC im Betäubungsmittelgesetz durch den Zusatz „synthetisch" abgegeben. Bei der in den nächsten Monaten geplanten Änderung des BtMG soll THC von der Anlage 2 in die Anlage 3 umgestuft werden. Dies soll nur für synthetisches THC gelten. In der Stellungnahme, die gemeinsam von Dr. Franjo Grotenhermen und PD Dr. Robert Gorter unterzeichnet wurde, heißt es: „... Eine positive Begründung FÜR diese Einschränkung ist uns nicht bekannt, die ACM wurde allerdings gefragt, was GEGEN diesen Zusatz spreche. Wir halten dies grundsätzlich für einen außerordentlichen Vorgang. Gesetzliche Einschränkungen sind unserer Ansicht nach grundsätzlich positiv zu begründen und es ist nicht primär zu fragen, was denn gegen eine Einschränkung spreche... Es fehlt jede wissenschaftliche Grundlage für eine molekulare Unterscheidung zwischen synthetischem und natürlichem THC. Reines THC jedweden Ursprungs ist austauschbar. Sein Ursprung ist nicht erkennbar. Wenn es keine wissenschaftlich-rationalen Gründe für die Erweiterung der Positionsbezeichnung „synthetisch" im Novellierungsentwurf gibt, dann erfolgt die Beschränkung offensichtlich aus nichtwissenschaftlichen Gründen..." 3. Amerikanischer Justizminister unterstützt Gesetzesinitiative zur Erforschung des therapeutischen Potentials von Marihuana Der US-amerikanische Justizminister Dan Lungren, der durch eine Razzia in einem Cannabis Buyers-Club vor einem Jahr in die Schlagzeilen geraten war, will nun eine Gesetzesvorlage (S.B. 535) für ein dreijähriges Forschungsprogramm unterstützen, in der der medizinische Wert von Marihuana untersucht werden soll. Er sagte am 26. August, er werde ein entsprechendes Programm gutheißen. Im jedem der drei Jahre sollen je 1 Million Dollar zur Verfügung gestellt werden. Dan Lungren gilt als konservativer Republikaner, der sich gegen eine Legalisierung von Marihuana für medizinische Zwecke in Kalifornien ausgesprochen hat. Er halte Proposition 215 weiterhin für eine „blöde Idee" („dump idea"). Die meisten Wähler hätten nicht gewußt, „was hinter der Legalisierung steckt." Die meisten Wähler in Kalifornien hätten jedoch klargemacht, daß schwerkranke Kalifonier Marihuana zu medizinischen Zwecken verwenden dürfen sollten. „Das ist eine vernünftige und rationale Position" sagte Lungren. Es seien jedoch Fragen unbeantwortet. So sei unklar, bei welchen Erkrankungen Marihuana eingesetzt werden könnte. Die Durchführung eines solchen Forschungsprogramms wird von weiteren Offiziellen unterstützt (California Narcotics Officers Association, California District Attorneys Association). Diese Unterstützung mache es wahrscheinlich, daß die Gesetzesinitiative erfolgreich sein wird. Nach der Gesetzesvorlage soll ein Marihuana-Forschungszentrum an der Universität von Kalifornien eingerichtet werden und die Forscher sollen vor gesetzlichen Strafen geschützt sein. (Quellen: ap vom 27. August 1997; NORML-Mitteilungen vom 28. August 1997) 4. Die Frage der Verwendung von Marihuana zu therapeutischen Zwecken soll im Jahre 1998 in Arizona erneut zur Abstimmung kommen Im November 1996 hatte sich die Mehrheit der Wähler in Arizona dafür ausgesprochen, daß verschiedene sonst illegale Substanzen, darunter Marihuana, unter bestimmten Umständen bei Kranken eingesetzt werden dürfen. Die Initiative unterschied sich von der in Kalifornien. So mußten beispielsweise zwei approbierte Ärzte der Behandlung zustimmen. Der Inhalt des Volksbegehrens war durch die Legislative des Staates Arizona aufgehoben worden bis die zuständige amerikanische Zentralbehörde (FDA, Food and Drug Administration) die in der Initiative erwähnten Drogen für die medizinische Verwendung zuläßt. Dies ist jedoch von der FDA nicht beabsichtigt, so daß das Gesetz in Arizona nicht zur Anwendung kommt. Jetzt wurden erneut 80.000 Unterschriften für ein erneutes Volksbegehren gleicher Art gesammelt - 56.481 waren erforderlich. Es soll parallel mit einer Wahl im November 1998 zur Abstimmung kommen. Auch in Florida wurde vor wenigen Tagen eine Initiative zur Legalisierung von Marihuana für medizinische Zwecke angekündigt. Sie wird getragen von der Organisation von Einwohner Floridas für medizinische Rechte (Floridians for Medical Rights), die nach eigenen Angaben von verschiedenen Organisationen unterstützt wird, darunter die medizinische Gesellschaft von Florida (Florida Medical Association) und die Dade County Medical Association. Es sind 435.000 Unterschriften zu sammeln, damit diese Frage auf dem Wahlzettel für die Wahl im Jahre 1998 erscheint. (Quelle: Phoenix Gazette, Arizona; Miami Herald vom 3. September 1997) 5. Kein Haschisch in deutschen Apotheken: Antrag endgültig abgelehnt In Deutschlands Apotheken wird in absehbarer Zeit kein Haschisch verkauft. Das Institut für Arzneimittel und Medizinprodukte in Berlin lehnte den Modellversuch des Bundeslandes Schleswig-Holstein endgültig ab. Dessen Regionalregierung erklärte am 4. September 1997 in Kiel, sie werde die Entscheidung hinnehmen. Das Amt in Berlin teilte mit, bei dem Modellprojekt fehlten nach Sicht des Instituts Maßnahmen zum Gesundheitsschutz und gegen eine unkontrollierte Weitergabe von Haschisch. Das Modell sah vor, daß über 16jähre mit einer fälschungssicheren Teilnehmer-Karte in drei Regionen Schleswig-Holsteins in Apotheken kleine Mengen Cannabis-Produkte hätten kaufen können. Die schleswig-holsteinische Sozialministerin Heide Moser erklärte in einem Interview mit der Berliner Tageszeitung Taz vom 5.9.1997: „Es wird ganz sicher einen neuen Anlauf geben. Die erneute Ablehnung durch das Bundesinstitut für Arzneimittel kommt erwartungsgemäß und wieder ohne eine vernünftige Begründung.... Wir wollen den Modellversuch über eine Gesetzesänderung doch noch ermöglichen. Dazu braucht es eine Initiative im Bundesrat.... Vorerst sehe ich kein Licht im Tunnel. Die Fronten sind extrem verhärtet. Andererseits haben wir das Thema so gepuscht, daß es nicht wieder totzumachen ist... Man muß auch mal den Rücken gerade machen, wenn man die jubelnde Mehrheit nicht auf seiner Seite hat." (Quellen: dpa vom 4. September 1997, Taz vom 5. September 1997) Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an: Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin e. V. (ACM) Maybachstr. 14 D-50670 Köln Telefon: +49 (0)221-912 30 33 Telefax: +49 (0)221-130 05 91 Email: ACMed@t-online.de Internet: www.hanfnet.de/acm Wenn Sie von Email-Liste genommen werden möchten, so schicken Sie eine Email an: ACMed@t-online.de.