Betreff: ACM-Informationen Spezial vom 6. Dezember 1998 Datum: Sun, 06 Dec 1998 22:27:47 +0100 Von: ACMed@t-online.de (Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin) Firma: Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin ------------------------------------------------------- ACM-Informationen SPEZIAL vom 6. Dezember 1998 ------------------------------------------------------- Deutschland: *** Kongresse in Frankfurt und Köln *** Forderung nach Straffreiheit bei arzneilicher Verwendung von Cannabisprodukten Straffreiheit für Schwerkranke, die Cannabis arzneilich verwenden, forderte die Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin (ACM) auf ihrer Mitgliederversammlung am Freitag, den 4. Dezember, in Köln. Es sei unerträglich, daß Patienten neben den krankheitsbedingten Symptomen auch noch die strafrechtlichen Folgen ihrer Selbstbehandlung erleiden müßten. Trotz ärztlicher Bescheinigungen und Gutachten über den therapeutischen Nutzen einer Cannabisverwendung seien in Deutschland Patienten mit Epilepsie, Aids, Hepatitis C, Querschnittslähmung und Kinderlähmung wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz verurteilt worden. Die ACM fordert eine Amnestie für diese Kranken. Die Verurteilungen widersprächen dem Rechtsempfinden nahezu aller Bürger, die von den Verfahren und den Verfahrensumständen erfahren hätten. Richter seien wiederholt in die Situation geraten, Personen nach dem Buchstaben des Gesetzes verurteilen zu müssen, für deren Taten sie großes Verständnis zeigten. "Wir unterstützen die geplanten oder bereits begonnenen klinischen Studien in Großbritannien, der Schweiz und Deutschland, da sie unser Wissen über die therapeutischen Qualitäten der Hanfpflanze und ihrer pharmakologisch wirksamen Inhaltsstoffe weiter verbessern können," erklärte Dr. Franjo Grotenhermen, Vorsitzender der 650 Mitglieder zählenden Arbeitsgemeinschaft. "Die bereits vorliegenden Erkenntnisse sollten jedoch Anlaß genug sein, Schwerkranken bereits heute eine Ausnahme vom generellen Cannabisverbot zu gewähren." Cannabisprodukte verursachten weniger Nebenwirkungen als viele legal erhältliche Medikamente und würden therapeutisch mit Erfolg beispielsweise bei organisch bedingter Spastik im Rahmen von Multipler Sklerose und Querschnittslähmung, bei Schmerzzuständen sowie bei Übelkeit und Appetitlosigkeit im Rahmen von Aids und Krebserkrankungen verwendet. Die Versammlung begrüßte einen am 11. November des Jahres veröffentlichten Bericht des britischen Oberhauses, der in der Forderung nach einer ärztlichen Rezeptierfähigkeit natürlicher Cannabisprodukte mündete. Kranke sollten nicht noch viele Jahre warten müssen, bis arzneimittelrechtliche Zulassungen entsprechender Medikamente erfolgt seien, heißt es dort. Ausführliche Informationen zum aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand bot die internationale, hochkarätig besetzte Fachtagung der ACM "Cannabis und Cannabinoide '98" am Samstag, ebenfalls in Köln. Sie war in Kooperation mit weiteren medizinischen Gesellschaften ausgerichtet worden, darunter das Schmerztherapeutische Kolloquium, die Deutsche Epilepsievereinigung, die Deutsche AIDS-Hilfe und die Deutsche Gesellschaft für Drogen- und Suchtmedizin. Besondere Aufmerksamkeit erzielte der Vortrag von Dr. Christian Rätsch zur ethnopharmakologischen Verwendung der Hanfpflanze, der Beitrag von Prof. Raphael Mechoulam von der Hebräischen Universität in Jerusalem über nervenschützende Effekte des synthetischen THC-Abkömmlings Dexanabinol bei Hirnverletzten sowie Zwischenergebnisse einer standardisierten Patientenbefragung im deutschen Sprachraum über die Erfahrungen mit der medizinischen Anwendung von THC und natürlichen Cannabisprodukten, die gemeinsam von der ACM und dem Europäischen Institut für onkologische und immunologische Forschung in Berlin unter der Leitung von Prof. Robert Gorter auf den Weg gebracht worden war. Beeindruckend für die Teilnehmer war ein von Dr. Kirsten Müller-Vahl von der Universität Hannover vorgestelltes Video mit einem Patienten, der am Tourette-Syndrom, einer schweren Bewegungsstörung, leidet, vor und nach der Gabe geringer Dosen des Cannabiswirkstoffes THC, die zu einer deutlichen Befundverbesserung führte. Eine Studie mit zehn Tourette-Patienten soll noch in diesem Monat abgeschlossen werden. Die beiden Veranstaltungen in Köln folgten dem Kongreß "Medical Marijuana" vom 2. bis 4. Dezember 1998 in Frankfurt, der von der Hessischen Gesellschaft für Demokratie und Ökologie, einer Landesstiftung der Heinrich-Böll-Stiftung, und mehreren Metropolen-AIDS-Hilfen organisiert worden war. Neben medizinischer Information durch namhafte Referenten wie Dr. Lester Grinspoon von der Harvard-Universität in Boston, Dr. Roger Pertwee von der Universität von Aberdeen, Prof. Rudolf Brenneisen von der Universität Bern, Dr. Franjo Grotenhermen vom nova-Institut in Köln sowie Dr. Geoffrey Guy von GW Pharmaceuticals bot der Kongreß eine Plattform für die politische Diskussion. Mitglieder des Deutschen Bundestages von SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen, sprachen sich in ihren Beiträgen für eine betäubungsmittelrechtliche Neubewertung von Cannabis aus, wenn Studien dessen arzneilichen Wert nachgewiesen hätten. Rüdiger Kriegel vom Vorstand der Deutschen AIDS-Hilfe machte sich für eine rasche Beendigung der unmenschlichen Bedingungen der Beschaffung für Kranke stark und drückte damit den Wunsch der großen Mehrheit der Kongreßteilnehmer aus. Die ACM betonte, daß der Gesetzgeber bereits heute die Möglichkeit habe, Kranken im Falle eines arzneilich begründeten Cannabiskonsums Straffreiheit zu gewähren. Eine arzneimittelrechtliche Zulassung eines Medikamentes sei dazu keineswegs erforderlich. Dies hätten bereits auch die Lords des britischen Oberhauses für Großbritannien festgestellt. In Deutschland sei juristischerseits zunehmend von "Unrecht" im Zusammenhang einer Verweigerung von Cannabisprodukten bei schwerer Krankheit die Rede, so etwa in einem Beitrag von Jürgen Schwabe, Rechtsprofessor aus Hamburg, in der Juristenzeitung vom Februar 1998, der die rechtliche Situation als einen "Skandal" bezeichnete. Auf der Mitgliederversammlung der ACM wurde daher eine entsprechende Verfassungsbeschwerde erwogen. Die gesetzgeberische Korrektur dieses Unrechts habe unabhängig von langwierigen arzneimittelrechtlichen Prüfungen baldmöglichst zu erfolgen. Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin e. V. (ACM) Maybachstr. 14 D-50670 Köln Germany Fon: +49 (0)221-912 30 33 Fax: +49 (0)221-130 05 91 Email: ACMed@t-online.de Internet: http://www.acmed.org Wenn Sie von der Email-Liste genommen oder in die Liste aufgenommen werden möchten, so schicken Sie bitte eine Email an: ACMed@t-online.de