Betreff: ACM-Informationen vom 13. Dezember 1997 Datum: Sun, 14 Dec 1997 00:16:28 +0100 Von: ACMed@t-online.de (AG Cannabis als Medizin) ------------------------------------------------- ACM-Informationen vom 13. Dezember 1997 ------------------------------------------------- Die Informationen der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin (ACM) erscheinen in 14-tägigem Rhythmus. 1. Nabilon wieder teurer Der Preis von Nabilon schnellt weiter in die Höhe. Die Importfirma Paesel & Lorei GmbH & Co aus Frankfurt teilte mit, daß der Apothekenabgabepreis für die Packung zu 20 Kapseln bei der Einfuhr über ihre Firma 849 DM betrage. Damit kostet eine 1-mg-Kapsel etwa 42 DM. Vor 2 Jahren lag dieser Preis noch bei etwa 15 DM und zwischenzeitlich bei etwa 25 DM. Nabilon ist ein synthetischer THC-Abkömmling mit leicht modifizierter Molekülstruktur, der in Deutschland seit 1983 auf einem Betäubungsmittelrezept verschrieben werden darf. Die Packungen können einzeln aus Großbritannien importiert werden. Dort ist Nabilon unter dem Warennamen Nabilone auf dem Markt. 1 mg Nabilon entsprechen in der pharmakologischen Wirkung etwa 10 mg THC. Der Import und die notwendigen Genehmigungen dauern 6 bis 10 Wochen. Nach Angaben des deutschen Bundesgesundheitsministeriums wurden im Zeitraum zwischen 1990 und Ende 1995 126 Packungen Nabilon nach Deutschland eingeführt. In der Schweiz und Österreich besteht keine Möglichkeit zur Rezeptierung von Nabilon. (Quelle: persönliche Mitteilung Paesel & Lorei) 2. Amerikanische medizinische Gesellschaft unterstützt das Recht des Arztes, die Behandlung mit Marihuana mit Patienten zu erörtern. Die US-amerikanische medizinische Gesellschaft (AMA, American Medical Association) befaßte sich auf einem Treffen in Dallas am 9. Dezember mit dem Problem der ärztlichen Beratung über eine Behandlung mit Marihuana und mit der Erforschung seines therapeutischen Potentials. "Die AMA ist der Ansicht, daß eine effektive Patientenbetreuung einen freien und ungefilterten Austausch von Informationen über alternative Behandlungsmöglichkeiten erfordert und daß eine Diskussion über diese Alternativen zwischen Ärzten und Patienten nicht Gegenstand oder Teil von rechtlichen Sanktionen sein soll," heißt es im Beschluß der Delegierten. Regierungsvertreter hatten im Laufe dieses Jahres gedroht, Ärzte zu verhaften, die Schwerkranken die Verwendung von Marihuana empfehlen. Die AMA-Delegierten drängten die Bundesregierung zudem, "ausreichende finanzielle Unterstützung" für klinische Forschung und "Zugang zu adäquaten Mengen von Marihuana durch qualifizierte Forscher" zu gewährleisten. Ein Expertengremium des NIH (National Institutes of Health), eine staatliche Bundesbehörde im Gesundheitssektor der USA, hatte in ähnlicher Weise in einer am 8. August 1997 veröffentlichten ausführlichen Stellungnahme die weitere Erforschung des arzneilichen Potentials der Hanfpflanze gefordert. (Quelle: NORML vom 11. Dezember 1997) 3. Kanada: Epileptiker gewann Prozeß zur Verwendung von Marihuana Ein Richter aus Ontario/Kanada sprach am 10. Dezember einem Mann aus Troronto das Recht zu, Marihuana anzubauen und zu verwenden, um seine schwere Epilepsie zu kontrollieren. Er bezeichnete das Gesetz, das eine medizinische Verwendung von Marihuana verbietet, als verfassungswidrig. Der Beklagte Terrence Parker, 42, hatte seit 20 Jahren dafür gekämpft, Marihuana verwenden zu dürfen. Richter Patrick Sheppard ordnete an, daß dem Beklagten das konfiszierte Material zum Anbau sowie 71 Hanfpflanzen zurückzugeben seien. Der Staatsanwalt will in die Berufung gehen. Ein Rechtsanwalt aus Toronto, Alan Young, der eine Frau mit Multiple Sklerose vertritt, sagte, daß die Begründung mit verfassungsmäßigen Rechten weitreichende Folgen haben könne, da diese Argumentation auf andere Kranke, die einen medizinische Bedarf nachweisen können, angewendet werden könnte. Dieser Fall sei "der erste in einer Serie von Fällen, die in Ontario stattfinden werden." Es werde vermutlich eineinhalb Jahre dauern bis eine höchstrichterliche Entscheidung zu diesem Thema gefällt sei. Die Epilepsie-Gesellschaft begrüßte das Urteil: "Wir denken, daß die Menschen Gelegenheiten und Möglichkeiten zur Wahl haben sollten." Viele Epileptiker bekämen mit den üblichen Medikamenten keine ausreichende Kontrolle über ihre Anfälle. (Quelle: Reuters vom 10. Dezember 1997) 4. Französischer Gesundheitsminister plant Legalisierung von Cannabis für arzneiliche Zwecke Der französische Gesundheitsminister Bernhard Kouchner kündigte Anfang Dezember ein Überdenken der bisherigen restriktiven französischen Drogenpolitik an. Dabei solle auch die Möglichkeit zur Nutzung von Cannabis zu arzneilichen Zwecken geschaffen werden. Cannabis soll danach vom Arzt an bestimmte Patienten verschrieben werden dürfen, vor allem an Krebskranke und an Aids-Patienten. "Für einen Arzt könnte dies eine wirkliche Hilfe sein," wird er von Nachrichtenagenturen zitiert. Das erste nationale Treffens über den Drogenmißbrauch am 12. und 13. Dezember, daß vom Minister initiiert worden war, befaßte sich vor allem mit dem Problem der Abhängigkeit von harten Drogen. Von den etwa 300 Teilnehmern - Erzieher, Ärzte, Psychologen, Juristen sowie Drogenkonsumenten und Ex-Konsumenten - wurden beispielsweise Substitutionsmöglichkeiten für Heroin diskutiert. Das zweite nationale Treffen über den Drogenmißbrauch soll im Dezember 1998 stattfinden. (Quelle: Associated Press vom 2. Dezember 1997, COMTEX Newswire vom 2. Dezember 1997, Associated Press vom 13. Dezember 1997) 5. Konferenz zu Cannabis in London Auf einer Konferenz in London am 11. Dezember 1997, an der etwa 500 Personen teilnahmen, forderten Politiker, Ärzte und Cannabiskonsumenten eine Erforschung der arzneilichen Qualitäten von Cannabis. Die Konferenz wurde von der Zeitung Independent organisiert, die eine Kampagne zur Legalisierung von Marihuana durchführt. Ein Teil der Teilnehmer sprach sich für eine generelle Legalisierung aus, andere wollten dies auf die medizinische Anwendungen beschränken. Ein kleinerer Teil forderte weitere Forschung bis zu einer Entscheidung über diese Frage. Mehrere an Multiple Sklerose Erkrankte berichteten von ihren positiven Erfahrungen mit Cannabis. So beklagte Barry Clarke, daß er ein Krimineller werden müsse, um Marihuana zur Linderung seiner Muskelspasmen zu bekommen. "Wieso kann ich es nicht bei mir zu Hause anbauen und es dann rauchen?" Bis 1971, als es für illegal erklärt wurde, durften britische Ärzte Cannabis verschreiben. Heute dürfen sie THC und den THC-Abkömmling Nabilon rezeptieren. David Evans, ein konservativer Abgeordneter des britischen Parlaments, stimmte der Notwendigkeit weiterer Forschung zu, wandte sich jedoch gegen eine generelle Legalisierung, da Cannabis eine Einstiegsdroge sei. Cannabis habe wie andere Medikamente "durch strenge Kontrollen" zu gehen. "Nur dann kann es verfügbar gemacht werden." Der Toxikologe John Ramsey wies darauf hin, daß pharmazeutische Firmen wohl kaum Forschungsgelder ausgeben würden, bevor es nicht profitabel sei. Multiple-Sklerose-Kranke seien "vermutlich keine ausreichend große Gruppe, die es für pharmazeutische Firmen profitabel machen könnte." Die Regierung habe nie die Entwicklung von Medikamenten unterstützt. Wenn sie dies jetzt täte, sei dies "eine radikale Veränderung". Der Labour-Abgeordnete Austin Mitchell, der vor einigen Tagen eine Delegation zum Gesundheitsministerium mit der Forderung nach Legalisierung von Marihuana für medizinische Zwecke anführte, sagte, man habe ihm dort bedeutet, daß es nicht genug Forschung zu diesem Thema gebe. "Reines Geschwätz," wurde er auf dem Kongreß zitiert, und verwies auf eine 80seitige Studie der britischen medizinischen Gesellschaft (BMA, British Medical Association) mit dem Titel "Therapeutic Uses of Cannabis", die am 18. November 1997 der Öffentlichkeit vorgestellt worden war. Tausende von Multiple-Sklerose-Kranke würden in die Illegalität gedrängt. (Quelle: Associated Press vom 11. Dezember und 12. Dezember 1997, Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an: Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin e. V. (ACM) Maybachstr. 14 D-50670 Köln Telefon: +49 (0)221-912 30 33 Telefax: +49 (0)221-130 05 91 Email: ACMed@t-online.de Internet: www.hanfnet.de/acm Wenn Sie von der Email-Liste genommen werden möchten, so schicken Sie eine Email an: ACMed@t-online.de.