Betreff: ACM-Informationen vom 15. November 1997 Datum: Sat, 15 Nov 1997 22:47:58 +0100 Von: ACMed@t-online.de (AG Cannabis als Medizin) ------------------------------------------------- ACM-Informationen vom 15. November 1997 ------------------------------------------------- Die Informationen der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin (ACM) erscheinen in 14-tägigem Rhythmus 1. Deutsche Bundesregierung beschließt Umstufung von synthetischem THC im Betäubungsmittelgesetz Das Bundeskabinett hat am 6. November eine Novellierung des Betäubungsmittelgesetzes beschlossen. In einem mit der Opposition ausgehandelten Paket mehrerer Änderungen soll unter anderem synthetisches THC (Dronabinol) auf einem Betäubungsmittelrezept rezeptierfähig werden. Der Änderung des Betäubungsmittelgesetzes fehlt noch die Zustimmung des Bundesrates, die als weitgehend gesichert gilt. In einem Rundschreiben am 22. August 1997 an 190 politische Entscheidungsträger des Bundes, der Länder und der Parteien und in einem weiteren Schreiben vom 3. September 1997 an die Mitglieder des Ausschusses für Suchthilfe bei der Gesundheitsministerkonferenz hatte die Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin (ACM) darauf hingewiesen, daß der Zusatz "synthetisch" zur Positionsbezeichung "THC" im Betäubungsmittelgesetz nicht medizinisch motiviert sei sondern ideologisch. Nach Ansicht des Vorsitzenden der ACM wird sich durch die geplante THC-Umstufung nichts wensentliches an der gegenwärtigen Situation für betroffene Kranke ändern. Zwanzig 1-Milligramm-Kapseln des synthetischen THC-Abkömmlings Nabilon, das bereits von deutschen Ärzten verschrieben werden darf und jeweils aus Großbritannien importiert werden muß, kosten in Großbritannien etwa 150 DM und in Deutschland etwa 500 DM. Die Einfuhrdauer beträgt 6 bis 12 Wochen. Für THC wird sich eine ähnliche Situation ergeben, bei einem Preis für eine 5-Milligramm-Kapsel THC von voraussichtlich mehr als 20 DM in Deutschland. (Quelle: ap vom 7. November 1996; ACM) 2. Fachtagung und Mitgliederversammlung der ACM am 22. November Am 22. November 1997 findet in Köln die von der ACM organisierte Fachtagung "Cannabis und Cannabinoide als Medizin" statt. Acht ausgewiesene Experten referieren zur Geschichte der arzneilichen Anwendung von Cannabis-zubereitungen, zu modernen Anwendungsmöglichkeiten und rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit dem therapeutischen Einsatz der Hanfpflanze und ihren pharmakologisch wichtigsten Inhalts-stoffen, den Cannabinoiden. In einer Reihe von Grußworten wünschen verschiedene Funktionsträger aus der Medizin der Veranstaltung ein gutes Gelingen: Dr. Ingo Flenker, Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe und Vorsitzender des Ausschusses Sucht und Drogen der Bundesärztekammer, die Deutsche AIDS-Hilfe, Dr. med. Gerhard Müller-Schwefe, Präsident des SCHMERZtherapeutischen Kolloquium e. V. und der Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Drogen- und Suchtmedizin. Im Anschluß an die Tagung findet die Mitgliederversammlung der ACM statt. 3. Unimed plant die Entwicklung eines Inhaliergerätes für THC Nach einem Artikel des Wall Street Journals vom 30. Oktober plant die Pharmafirma Unimed die Entwicklung eines Inhaliergrätes für THC. Unimed vermarktet in den USA das synthetische THC-Präparat Marinol. Wiederholt wurde darauf hingewiesen, daß die Aufnahme von Cannabinoiden über den Magen-Darm-Trakt zwei Nachteile gegenüber der Aufnahme über die Lungen hat: Verzögertes Einsetzen der Wirkung und schlechtere Regulierbarkeit der aufgenommenen Dosis. Im Zeitungsbericht heißt es weiter: "..., aber es bleiben Patienten, bei denen THC allein ganz oder teilweise ineffektiv ist. Viele dieser Patienten insistieren, daß natürliches Marihuana, selbst wenn es gegessen wird, besser als reines THC sei. Und es kann etwas daran sein." (Quelle: The Wall Street Journal vom 30. Oktober 1997) 4. Mehrheit der britischen Abgeordneten für eine Entkriminalisierung von Cannabis zu medizinischen Zwecken Wenn die Regierung den Fraktionszwang aufheben würde und im britischen Parlament eine freie Abstimmung möglich wäre, so wäre entsprechend einer Umfrage Cannabis mit einem Schlag für die arzneiliche Anwendung entkriminalisiert. Das berichtete am 2. November die Zeitung Independent. Die Umfrage unter den Parlamentsabgeordeneten war durchgeführt worden vom Londoner Büro der japanischen Tageszeitung Hokkaido Shimbun. Danach waren 70 Prozent für die Möglichkeit einer Verschreibung von Cannabis für medizinische Zwecke. Nur 15 Prozent votierten dagegen. Ein weiterer Teil war unentschlossen. In der vorausgegangenen Woche hatte eine fraktionsübergreifende Gruppe von 17 Abgeordneten die Regierung aufgefordert, zügig auf die zunehmenden Befunde zu reagieren, nach denen Cannabis einen therapeutischen Wert habe und Schmerzen lindern könne. Etwa ein Drittel aller Abgeordneten waren für eine generelle Entkriminalisierung des Cannabiskonsums, darunter 41 Prozent der Labour-Abgeordneten. Die Umfrage war im Sommer durchgeführt worden und 130 Parlamentsabgeorndete hatten teilgenommen. (Quelle: Independent on Sunday vom 2. November 1997) 5. Eine knappe Mehrheit der Kanadier sind gegen eine Kriminalisierung des Marihuana-Konsums 51 Prozent der Kanadier sprachen sich in einer Umfrage dafür aus, daß Marihuanabesitz nicht länger bestraft werden sollte. Für eine legale Verwendung zu therapeutischen Zwecken sprachen sich gar 83 Prozent aller Befragten aus. Vor 10 Jahren sprachen sich nur 39 Prozent für eine Legalisierung des Marihuanakonsums aus. Die Umfrage von CTV/Angus Reid, an der 1.515 erwachsene Kanadier teilnahmen, war zwischen dem 23. und 28. Oktober 1997 durchgeführt und am 3. November veröffentlicht worden. Die schulische und berufliche Bildung der Befragten war neben dem Alter ein wichtiger Indikator für die Haltung in dieser Frage. Nur 49 Prozent aller Befragten ohne High-School-Abschluß waren für eine Legalisierung, jedoch 55 Prozent mit Hochschulabschluß. (Quelle: The Globe and Mail vom 4. November 1997) 6. NIH lehnt Studienprotokoll für Migräne-Studie ab Das US-amerkanische National Institutes of Health (NIH) hat ein wissenschaftliches Studienprotokoll zur Untersuchung der Wirkung von Marihuana bei akuten Migräne-Anfällen zurückgewiesen. Der Studienleiter Dr. Ethan Russo, ein Neurologe an der Western Montana Clinic in Missoula, sagte, daß die Ablehnung entmutigend sei. Er kündigte jedoch eine modifizierte Version des Protokolls an. Russo und Kollegen hatten das Studienprotokoll im Mai 1997 beim NIH eingereicht. Es sollte gerauchtes Marihuana, orales THC und ein injiziertes Opiat bei Migräne-Patienten verglichen werden, denen übliche Medikamente nicht helfen. Genehmigungen vom St. Patrick Hospital/Community Medical Center Joint Investigational Review Board und einer Kommission der Universität von Montana lagen bereits vor. Es ist unklar, ob eine veränderte Version des Protokolls Aussicht auf Erfolg hat. Die Ablehnung des aktuellen Protokolls werfe die Studie jedoch mindestens um ein Jahr zurück. Das NIH hatte vom 19.-20. Februar 1997 einen "Workshop on the Medical Utility of Marijuana" durchgeführt und am 8. August 1997 eine ausführliche Stellungnahme veröffentlicht, nach der die Erforschung des arzneilichen Potentials von Marihuana finanziell gefördert werden solle. (Quelle: NORML-Infos vom 13. November 1997) 7. Synthetischer Cannabinoid-Abkömmling mit schmerzstillendem und entzündungshemmenden Eigenschaften Am 10. November 1997 gab die Firma Atlantic Pharmaceuticals Inc. bekannt, daß die von ihnen synthetisierte Substanz CT-3, ein nicht-psychotropes Cannabinoid-Analog, in vorklinischen Tierversuchen, die als Modelle für Arthritis dienen, vielversprechende entzündungshemmende Eigenschaften zeige. Die Studie wurde Prof. Robert B. Zurier von der Universität von Massachusetts geleitet, der die Ergebnisse beim 61. nationalen wissenschaftlichen Treffen des American College of Rheumatology in Washington vorstellte. Früher hatte CT-3 bereits schmerzlindernde Effekte gezeigt, so daß es nach Aussagen eines Sprechers des Pharmaunternehmens ein vielversprechendes Mittel sei, wenn sich die bisherigen Ergebnisse in zukünftigen klinischen Studien am Menschen reproduzieren ließen. CT-3 ist der firmeninterne Name für einen nicht-psychotropen Abkömmling eines THC-Abbauproduktes, des Dimethylheptyl-Homologs von THC-COOH (11-nor-9-Carboxy-Delta-9-THC). Es wird auch DMH-11C abgekürzt. Seit Anfang der siebziger Jahre wurden verschiedene Cannabinoid-Analoga mit einer Dimethylheptyl-Kette synthetisiert und auf ihre pharmakologischen Effekte untersucht, darunter das als nervenschützend bekannte neue synthetische Cannabinoid Dexanabinol (=HU-211; (+)-(3S,4S)-7-Hydroxy-Delta-6-Tetrahydrocannabinol 1,1-Dimethylheptyl). (Quellen: Reuters vom 10. November 1997, BUSINESS WIRE vom 10. November 1997, ACM) 8. Initiative für eine Verwendung von Marihuana zu therapeutischen Zwecken in Washington gescheitert Ein Volksentscheid zur Reform der Drogengesetzgebung im US-Staat Washington am 4. November 1997 erhielt nur die Zustimmung von 40 Prozent der Wähler. Die Initiative 685 "The Drug Medicalization and Prevention Act of 1997" ist damit gescheitert. Die Initiative ähnelte inhaltlich mehr der Initiative, die im November 1996 in Arizona erfolgreich war als der kalifornischen, ebenfalls vom November 1996. Sie sah unter anderem die Rezeptierfähigkeit von Drogen aus der Anlage I (Schedule I) des amerikanischen Arzneimittelgesetzes vor, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt waren. In der Anlage I befinden sich Cannabis und weitere Drogen. Daneben umfaßte die Initiative 685 verschiedene Veränderungen hinsichtlich des Strafrahmens beim Drogenbesitz. Die National Organisation for the Reform of Marijuana Laws (NORML) in den USA vermutet, daß bei einer Beschränkung auf die Rezeptierfähigkeit von Marihuana der Volksentscheid möglicherweise erfolgreich gewesen wäre. (Quelle: NORML-Infos vom 30. Oktober 1997 und 6. November 1997) 9. Führerscheinverlust droht bei chronischem Cannabiskonsum Am 14. November wurde mit den Stimmen von CDU/CSU und FDP im Bundestag das Straßenverkehrsgesetz novelliert. Es sieht neben Veränderungen bei den Tempo-30-Zonen und bei der Promille-Grenze für Alkohol eine Aufnahme weiterer Drogen in das Gesetz vor. Im Gegensatz zum Alkohol, bei dem es zukünftig bei einer Blutkonzentration zwischen 0,5 und 0,8 Promille moderate Strafen geben soll, wird bei den anderen Drogen eine Null-Grenze eingeführt. Der Nachweis selbst geringer Mengen von THC im Blut reicht danach für die Verhängung eines Führerscheinentzugs aus. Bei der Expertenanhörung am 19. Februar 1997 vor dem Verkehrsausschuß des Bundestages zum Gesetzentwurf der Bundesregierung hatten mehrere Experten, darunter Prof. Stephan Quensel vom Bremer Institut für Drogenforschung und Dr. Franjo Grotenhermen und Michael Karus vom Kölner nova-Institut darauf hingewiesen, daß der THC-Nachweis wegen der langen Halbwertszeit des Cannabiswirkstoffes keine Aussage über die akute Fahrtüchtigkeit zulasse. THC könne eventuell noch Tage nach dem letzten Konsum im Blut nachgewiesen werden. Wenn es aber hinsichtlich der zu erwartenden repressiven Maßnahmen belanglos sei, ob akut konsumiert wurde oder nicht, so entfällt jeglicher Abschreckungseffekt. Chronischen Cannabiskonsumenten drohe jederzeit der Führerscheinentzug. Die Oppositionsparteien hatten daher imVerkehrsausschuß einen Grenzwert für THC im Blut gefordert. Das nunmehr verabschiedete Gesetz dient daher nach Ansicht von Experten hinsichtlich der Behandlung von Cannabis bzw. THC nicht der Verkehrssicherheit, sondern der Durchsetzung einer repressiven Drogenpolitik mit den Möglichkeiten des neuen Straßenverkehrsgesetztes. (Quelle: AFP vom 14. November 1997, ACM) Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an: Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin e. V. (ACM) Maybachstr. 14 D-50670 Köln Telefon: +49 (0)221-912 30 33 Telefax: +49 (0)221-130 05 91 Email: ACMed@t-online.de Internet: www.hanfnet.de/acm Wenn Sie von der Email-Liste genommen werden möchten, so schicken Sie eine Email an: ACMed@t-online.de.