Betreff: ACM-Informationen vom 16. Mai 1998 Datum: Sat, 16 May 1998 22:38:00 +0200 Von: ACMed@t-online.de (Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin) Firma: Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin ------------------------------------------------ ACM-Informationen vom 16. Mai 1998 ------------------------------------------------ 1. Holland: Umfrage unter Mitgliedern der holländischen MS-Gesellschaft Anfang 1998 publizierte das niederländische Meinungsforschungsinstitut TNO Ergebnisse einer Umfrage unter Mitgliedern der holländischen Multiple Sklerose Gesellschaft über die Verwendung von Cannabis. In der Zusammenfassung des Berichts heißt es: "Es ist bekannt, daß mit Cannabis körperliche Beschwerden ganz allgemein gelindert werden können. Bis heute existiert jedoch nur wenig Wissen über die Art, den Umfang und den Effekt der Anwendung von Cannabis bei chronischen Patienten im allgemeinen sowie mit MS im speziellen. Um einen besseren Einblick in die genannten Bereiche zu erhalten, wurde eine Studie zu Art und Umfang der Cannabis-Anwendung durchgeführt, finanziert vom Ministerium für Volksgesundheit, Wohlfahrtspflege und Sport sowie von der Stiftung "Freunde der Multiple Sklerose Forschung" in den Niederlanden sowie dem offiziellen niederländischen Meinungsforschungsinstitut TNO. Ungefähr ein Drittel aller angeschriebenen Mitglieder der MSVN hat an der Studie teilgenommen. 13 % der Patienten haben irgendwann einmal Cannabis konsumiert und 5 % tun das noch immer. Die Mehrheit dieser Personen hat mit der Cannabis-Anwendung nach der Diagnosestellung MS begonnen. In folgenden Kriterien unterscheiden sich Cannabis-Anwender von Nicht-Anwendern: sie sind häufiger Männer, haben eine höhere Bildung, sind häufiger alleinstehend, in einer Gemeinschaft lebend oder geschieden und wohnen in größeren Orten oder einer Stadt. Die Hälfte der Anwender nimmt mindestens 1-2 mal pro Tag Cannabis, meistens wird Cannabis geraucht und zu 60 % in Coffeeshops gekauft. Im allgemeinen geben Patienten mit MS an, Cannabis sowohl aus psychischen als auch aus physischen Gründen anzuwenden. Die wichtigsten Gründe für die Nicht-Anwendung sind Nicht-Rauchen-Wollen, Angst vor dem Abhängigkeitspotential, Unwissenheit über den Ort des Erwerbs sowie die Art der Anwendung. Im Rahmen dieses Studienauftrags wurden keine weiteren spezifischen Gründe oder aufgetretenen Wirkungen der Cannabis-Anwendung untersucht. Aus Mangel an landesweiten Vergleichszahlen wurde der heutige Cannabiskonsum von Patienten mit Multipler Sklerose mit dem der Bevölkerung Amsterdams verglichen. Daraus geht hervor, daß der Anteil der männlichen Cannabisanwender unter den MS-Patienten und den Amsterdamern gleich groß war. Unter den Frauen mit MS über 40 Jahre ist der Anteil der Cannabis-Konsumentinnen 2-4 mal so groß wie unter den gleichaltrigen Amsterdamer Frauen. Abschließend wurde die Empfehlung ausgesprochen, die Resultate der beschriebenen Wirkungen der Cannabis-Anwendung unter MS-Patienten weiter auszuwerten, um sie für eine klinische Studie nutzen zu können. Das stimmt mit der Empfehlung des Gesundheitsrates an den Minister überein, der die Notwendigkeit einer klinischen Studie zur therapeutischen Wirkung von Cannabis zum Inhalt hat." (Quelle: Bericht von TNO Preventie en Gezondheid: Aard en omvang van Cannabis gebruik bij mensen met Multiple Sclerose. 1998, ISBN 9067435171). 2. Australien: Forderung nach Erforschung des arzneilichen Potentials von Cannabis Forscher aus Südaustralien forderten am 5. Mai Pharmafirmen und Gesundheitsexperten auf, den therapeutischen Wert von Cannabis bei Aids und Krebs zu untersuchen. In ihrem Bericht an den Ministerrat für Drogenstrategie wiesen die Wissenschaftler darauf hin, daß Cannabis als appetitsteigerndes, stimmungsaufhellendes und schlafförderndes Mittel eingesetzt werden könne. Zudem reduziere es Schmerzen und die Übelkeit im Gefolge der Chemotherapie. Es gäbe deutliche Hinweise auf einen therapeutischen Wert der Pflanze bzw. einzelner Cannabinoide, die weitere Forschung nahelegten. Der Forschungsdirektor des Beratungsdienstes für Drogen und Alkohol, Dr. Robert Ali, rief zu einer soliden Debatte der Thematik auf. Entwickelt werden sollten rauchfreie Cannabis-Applikationsformen, etwa Pflaster oder Inhalatoren. Unterstützung für sein Anliegen fand er bei der Australischen Medizinischen Gesellschaft und dem Australischen Verband der Aids-Organisationen. Der Minister für Gesundheit, Robert Brown, sagte, Cannabisforschung könne in Südaustralien ohne Gesetzesänderung durchgeführt werden. Der Ruf nach weiteren Untersuchungen sei aber keine Unterstützung des hedonistischen Cannabiskonsums und auch kein Schritt in Richtung Legalisierung. Interessiert zeigte sich auch die Pharmafirma Faulding: Sie würde Cannabisforschung in Betracht ziehen, sobald die sozialen und politischen Probleme beseitigt worden seien. Bisherige Forschungsergebnisse seien vielversprechend gewesen. Zudem füge sich Cannabisforschung wegen der Konzentration von Faulding auf Krebs- und Schmerzmittel gut in das Firmenprogramm ein. (Quelle: Australian Associated Press vom 5. Mai 1998) 3. Deutschland, Schweiz, Österreich: Jahrestreffen der ACM im Dezember Die diesjährige Mitgliederversammlung der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin wird am Freitag, den 4. Dezember 1998, stattfinden. Ort: Helfta-Seminar in Köln. Eine Einladung mit der Tagesordnung ergeht an die Mitglieder der ACM im Oktober. Am darauffolgenden Tag, am 5. Dezember 1998, findet im KOMED-Saal am Mediapark in Köln eine Tagung statt mit Vorträgen von: - Dr. Christian Rätsch, Ethnopharmakologe, Hamburg - PD Dr. Robert Gorter, Institut für onkologische und immunologische Forschung, Berlin - Dr. Roger Pertwee, Universität von Aberdeen/Schottland - Prof. Raphael Mechoulam, Hebräische Universität Jerusalem/Israel - Dr. Kirsten Müller-Vahl, Universität Hannover - Dipl.-Päd. Jörg Fachner, Universität Witten/Herdecke - Dr. Franjo Grotenhermen, nova-Institut Köln Daneben wir es Filme und Berichte von Patienten geben. Die Veranstaltung beginnt um 10 Uhr und endet um 18 Uhr. 4. Kurzmeldungen ****Deutschland: Die Gesundheitsministerin von Schleswig-Holstein, Heide Moser, kündigte Anfang Mai einen Vorstoß zur Reform des Betäubungsmittelgesetzes an. Das Gesetz müsse Möglichkeiten für Modellversuche zur kontrollierten Abgabe von Cannabis-Produkten erlauben. Schleswig-Holstein war im vergangenen Jahr mit dem von den Ländern angeregten Modellprojekt zur Abgabe von Haschisch über Apotheken gescheitert. (Quelle: Focus vom 4. Mai 1998) ****Australien Eine Gruppe von Experten forderte am 10. Mai die Entkriminalisierung des Cannabiskonsums. Dr. Nadia Solowij vom Nationalen Forschungszentrum für Drogen und Alkohol erklärte, die Verwendung von Marijuana solle als Gesundheitsthema und nicht als krimineller Akt begriffen werden: "Der größere Schaden im Zusammenhang mit Cannabis ist seine Illegalität, die die Menschen krimineller Aktivität und anderen, härteren Drogen aussetzt." Prof. Penington von einer Beratungsstelle für illegale Drogen in Viktoria meinte, Jugendliche würden angesichts der Tatsache, daß Alkohol für weit mehr Tote und Kranke verantwortlich sei, Argumente für eine Kriminalisierung nicht akzeptieren. (Quelle: Australian Associated Press vom 10. Mai 1998) ****USA: Am 1. Juni wird Dr. Ethan Russo einen zweiten Antrag für eine Studie über Marihuana bei der Behandlung der Migräne beim NIH (National Institutes of Health) einreichen. Sein erster Antrag war im November 1997 abgewiesen worden. Beide Anträge waren finanziell von der MAPS (Multidisciplinary Association for Psychedelic Studies) unterstützt worden. Weitere Informationen unter www.maps.org oder durch Kontakt mit Dr. Russo (ERUSSO@wmclinic.com). (Quelle: Rick Doblin, persönliche Mitteilung) ****Großbritannien: Die Königliche Pharmazeutische Gesellschaft wird nach einem Bericht des British Medical Journal vom 2. Mai Richtlinien für die klinische Forschung mit Cannabinoiden entwickeln. "Die Richtlinien sollen das Innenministerium zur Erteilung von Forschungsgenehmigungen ermutigen, die sich zur Zeit verzögern. (...) Insgesamt 14 Anträge sind unbearbeitet. Die neuen Forschungsprotokolle könnten dem Innenministerium helfen, die Anträge anhand der Richtlinien zu vergleichen, um darüber zu entscheiden, welche genehmigt werden sollten." (Quelle: Warden, J.: UK experts will speed up work on cannabis. BMJ 316, 1333 (1998). ****USA U.S.-Disktrikt-Richter Charles Breyer ordnete am 14. Mai die Schließung von sechs kalifornischen Cannabis Buyers Clubs an. In der Entscheidung heißt es, daß die Klubs unabhängig von ihrer Rechtmäßigkeit nach dem Landesgesetz (Proposition 215) nach den Bundesgesetzen, die über den Landesgesetzen stehen, rechtswidrig seien. Einige Klubs erklärten bereits, daß sie ihre Türen nicht so einfach schließen würden. Zudem hoffen sie, die Entscheidung in einem Gerichtsverfahren rückgängig machen zu können. (Quelle: San Francisco Chronicle vom 15. Mai 1998, AP vom 15. Mai 1998) Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin e. V. (ACM) Maybachstr. 14 D-50670 Köln Germany Fon: +49 (0)221-912 30 33 Fax: +49 (0)221-130 05 91 Email: ACMed@t-online.de Internet: http://www.hanfnet.de/acm Wenn Sie von der Email-Liste genommen oder in die Liste aufgenommen werden möchten, so schicken Sie bitte eine Email an: ACMed@t-online.de