Betreff: ACM-Informationen vom 19. September 1998 Datum: Sun, 20 Sep 1998 00:09:18 +0200 Von: ACMed@t-online.de (Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin) Firma: Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin ----------------------------------------------------------- ACM-Informationen vom 19. September 1998 ----------------------------------------------------------- 1. USA: Repräsentantenhaus gegen medizinische Verwendung von Marihuana Mit 310 zu 93 Stimmen verabschiedete das Repräsentantenhaus am 15. September eine Resolution gegen die Legalisierung von Marihuana für medizinische Zwecke. Die große Anzahl der Gegenstimmen überraschte die Mehrheit der Republikaner. In einer vierzigminütigen Debatte sprachen sieben demokratische und ein republikanischer Abgeordneter gegen die Resolution. Die Resolution 117 drückt „die Meinung des Kongresses aus, ... zur Unterstützung der bestehenden gesetzlichen Vorgehensweise zur Bestimmung der Unbedenklichkeit und Wirksamkeit von Medikamenten und wendet sich gegen Bestrebungen, diese Vorgehensweise durch die Legalisierung von Marihuana zu umgehen." Sie richtet sich gegen Initiativen in mehreren US-Staaten, die eine Möglichkeit zur arzneilichen Verwendung von Cannabis zum Ziel haben. Die Kongreßmehrheit folgte einem Antrag des republikanischen Abgeordneten Bill McCollum, Vorsitzender des Unterausschusses für Kriminalität des Rechtsausschusses. Er erklärte, daß Initiativen, die die Bundesgesetze in dieser Frage umgehen wollen, „eine Hintertür für die Legalisierung von Marihuana" seien und eine falsche Botschaft für Jugendliche und für die gesamte Nation darstellten. Der republikanische Abgeordnete Henry Waxman aus Los Angeles erklärte dagegen, die Resolution sei ein Schlag gegen seinen Staat (Kalifornien). „Die republikanische Führung ... will schwerkranken Patienten eine mögliche Behandlung rauben." Unterstützer der Resolution dächten wohl, daß „wir einfach Nein zu kranken und sterbenden Patienten sagen sollten, weil es so aussieht, als wären wir damit hart gegen Drogen." Der demokratische Abgeordnete Barney Frank, der sich seit langem für die Möglichkeit einer medizinischen Verwendung von Marihuana einsetzt, kritisierte die Resolution, da sie nicht zwischen medizinischer und rekreativer Verwendung unterscheide. Diese Politik vermindere die Glaubwürdigkeit der gesamten Anti-Drogen-Kampagne der USA. Der Exekutivdirektor der NORML (Nationale Organisation für die Reform der Marihuanagesetzgebung), R. Keith Stroup, sagte: „Einerseits zeigt diese Abstimmung, wie entfernt der Kongreß bei diesem Thema vom amerikanischen Volk ist, andererseits haben wir nun eine signifikante Basis für eine Unterstützung der medizinischen Marihuanaverwendung, auf der wir im nächsten Kongreß aufbauen können." (Quellen: San Francisco Examiner vom 16. September 1998, Orange County Register vom 16. September 1998, NORML vom 17. September 1998) 2. Kanada: Gerichtsurteile in zwei Prozessen Stanley Czolowski, ein 44jähriger Mann aus Vancouver, erhielt eine Verwarnung für den Konsum und den Verkauf von Marihuana für gesundheitliche Zwecke. Er erhielt keine Geld- und keine Gefängnisstrafe, sondern darf ein Jahr lang nicht wegen Drogenvergehen auffällig werden. Der Verurteilte behandelt mit Marihuana sein Glaukom und beliefert auch den örtlichen Marihuana-Klub. Die Polizei schätzte das bei ihm konfiszierte Marihuana auf einen Wert von 50.000 Dollar. Czolowski kann sich über das milde Urteil nicht freuen: „Ich lebe ein Leben in Armut. Ich kämpfe, um meinen Kopf über Wasser zu halten, und Cannabis hat mir in meiner Situation immer geholfen ... jetzt wird es schwer." Richterin Jane Godfrey erklärte: „Ich habe keine Schwierigkeiten, seine persönlichen Motive zu verstehen, und ich habe großes Mitgefühl für seine persönliche Situation." Im Cannabis-Klub von Vancouver wurde das Urteil mit Beifall aufgenommen. Dagegen zeigte sich die Polizei schockiert. Wachtmeister Chuck Doucette, der Provinz-Koordinator für das Anti-Drogenprogramm, erklärte: „Ich kann verstehen, daß ein Richter helfen will, aber es ist eine andere Sache, wenn er es anderen Leuten verkauft. Das ist Drogenhandel und gegen das bestehende kanadische Gesetz." Ein zweites Urteil wurde in Toronto gesprochen. Jim Wakeford, einem 53jährigen Mann mit Aids, wurde am 8. September nach einem vielbeachteten Verfahren der Antrag auf eine Ausnahmegenehmigung vom Verbot der Verwendung und des Besitzes von Marihuana abgelehnt. „Ich denke, daß die Regierung mich meines verfassungsmäßigen Rechtes beraubt, Marihuana als Medizin bei meiner Aids-Erkrankung zu verwenden," sagte Wakeford auf einer Pressekonferenz am 9. September. Dagegen erklärte Richter Harry LaForme, daß sich der Eingriff in Wakefords grundsätzliche Rechte hinsichtlich „Freiheit" und „Sicherheit der Person" in Übereinstimmung mit den „Prinzipien des grundlegenden Rechts" befänden. Wakefords Anwalt Alan Young erklärte, daß der Eingriff nach Ansicht des Richters nicht verfassungswidrig sei, weil es im Betäubungsmittelgesetz eine Bestimmung gebe, die einen rechtmäßigen Zugang zu Marihuana ermögliche. Dieser Mechanismus sei ein wenig bekannter Antrag auf eine Ausnahmegenehmigung, der direkt an den Gesundheitsminister zu richten sei. Wakeford werde diesen Antrag stellen. (Quellen: The Province vom 9. September 1998, Toronto Sun vom 10. September 1998) 3. Kurzmeldungen ****Deutschland: Die Kosten für eine Behandlung mit dem THC-Präparat Marinol müssen nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden, da „in Deutschland nicht zugelassene Arzneimittel ... grundsätzlich nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen" gehören, wie das Bundesgesundheitsministerium erklärte. Nach unterschiedlichen Signalen aus dem Bundesgesundheitsministerium hatte die Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin um eine Klarstellung gebeten. Seit dem 1. Februar 1998 darf der Cannabisinhaltsstoff THC bzw. Dronabinol von Ärzten in Deutschland verschrieben werden. Das in den USA zugelassene teure Dronabinol-Präparat Marinol kann über eine Apotheke importiert werden. (Quelle: Schreiben aus dem Bundesgesundheitsministerium an den Vorsitzenden der ACM vom 14. September 1998) ****USA: Auch die Wähler von Colorado werden bei den Wahlen im November in einem Volksbegehren darüber entscheiden, ob Marihuana für medizinische Zwecke legalisiert werden soll, nachdem ausreichend Unterschriften gesammelt worden waren. Schwerkranken soll danach bei Vorliegen einer ärztlichen Bescheinigung erlaubt werden, zwei Unzen (56 Gramm) Marihuana zu besitzen oder drei Hanfpflanzen für medizinische Zwecke anzubauen. Ähnliche Initiativen wurden bereits in Alaska, Nevada, Oregon und Washington zum Volksbegehren bei den November-Wahlen zugelassen. Auch für den Distrikt von Colombia wird eine entsprechende Zulassung erwartet. (Quellen: San Francisco Examiner vom 16. September 1998, NORML vom 17. September 1998) 4. DER KOMMENTAR ... zur Resolution des amerikanischen Kongresses vom 15. September: „Diese Resolution sagt, daß wir damit einverstanden sind, daß Patienten Zustände von Qualen und Entkräftung erleiden, um keine falsche Botschaft an andere zu senden, die Marihuana möglicherweise als Genußmittel verwenden wollen. (...) Mit allem Respekt, aber ich glaube nicht, daß jemand, der einen Aids- oder Krebspatienten hat leiden sehen, eine solche Behauptung aufstellen könnte. Das ist nicht das Signal, das wir senden möchten." William Delahunt, Kongreßabgeordneter Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin e. V. (ACM) Maybachstr. 14 D-50670 Köln Germany Fon: +49 (0)221-912 30 33 Fax: +49 (0)221-130 05 91 Email: ACMed@t-online.de Internet: http://www.hanfnet.de/acm Wenn Sie von der Email-Liste genommen oder in die Liste aufgenommen werden möchten, so schicken Sie bitte eine Email an: ACMed@t-online.de