Betreff: ACM-Informationen vom 21. Februar 1998 Datum: Sat, 21 Feb 1998 23:01:23 +0100 Von: ACMed@t-online.de (AG Cannabis als Medizin) -------------------------------------------------- ACM-Informationen vom 21. Februar 1998 -------------------------------------------------- Die Informationen der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin (ACM) erscheinen in 14-tägigem Rhythmus. 1. WHO soll Forschungsergebnisse zu Marihuana unterdrückt haben Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat nach Angaben der jüngsten Ausgabe des New Scientist eine Studie der Universität Amsterdam über das geringere gesundheitliche Gefährdungspotential von Marihuana im Vergleich zu Alkohol und Tabak aus ihrem im Dezember 1997 erschienen Bericht über Cannabis herausgenommen. Dies sei auf Drängen des US-amerikanischen Instituts gegen den Drogenmißbrauch (NIDA, National Institute on Drug Abuse) und der Drogenkontroll-Programm der Vereinten Nationen (U. N. International Drug Control Programm) geschehen, um "nicht in die Hände jener Gruppen zu spielen, die eine Legalisierung von Marihuana anstreben." Dr. Billy Martin von der Medizinischen Fakultät von Virginia in Richmond, der Mitglied des Expertenkomitees war, das den Berichtsentwurf vorbereitet hatte, erklärte, die WHO-Vertreter seien "verrückt geworden" als sie den Entwurf gesehen hätten. In den an den New Scientist durchgesickerten, aus dem Bericht herausgenommenen Passagen werde beispielsweise darauf hingewiesen, daß das Suchtpotential von Cannabis vergleichsweise gering sei. Während starker Alkoholkonsum zu Leberzirrhose, ernsten Hirnschäden und einem erhöhten Risiko für Unfälle und Selbstmorde führt, gibt es nach der Studie nur "Andeutungen, daß chronischer Marihuana-Konsum schwache Defekte der kognitiven Funktionen hervorrufe." Die WHO-Expertin Maristela Montero bestätigte die Vorwürfe des "New Scientist", gab aber zur Begründung Zweifel an der Wissenschaftlichkeit der Analyse und an der Verläßlichkeit des Vergleichs der verschiedenen Drogen an. Es gehe nicht um die Frage der Legalisierung, sondern um die öffentliche Gesundheit. Ziel müsse eher eine Beschränkung legaler Drogen sein als die Freigabe verbotener. Im Juni will die WHO das Thema Marihuana in einem 400-seitigen Buch erneut aufgreifen und dabei auch das umstrittene Kapitel berücksichtigen. (Quelle: New Scientist vom 21. Februar 1998 (Internet-Version), dpa vom 18. und 19. Februar 1998, Reuters vom 18. Februar 1998, PA News vom19. Februar 1998) 2. Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte bleibt Auskunft zur Einfuhr von Marinol schuldig Die ARD, erstes deutsches Fernsehen, berichtete am 17. Februar im Morgenmagazin unter dem Stichwort "Warten auf wichtige Medikamente" über die Problematik der langen Importdauer des THC-Präparates Marinol aus den USA, das seit dem 1. Februar 1998 in Deutschland verschrieben werden darf. Vertreter des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte waren nicht zu einer Stellungnahme zur Beantwortung der Frage, wie lange die Antragsbearbeitung und die Einfuhr dauern werde, bereit, so daß sich die filmische Darstellung auf die verschlossenen Türen des dem Bundesgesundheitsministerium untergeordneten Instituts beschränkte. Die Produktinformation von Marinol findet sich unter der Internetadresse http://hiv.roxane.com/prodinfo/marinol.html (Quelle: ARD-Morgenmagazin vom 17. Februar 1998) 3. Ausschuß des britischen Oberhauses läßt Gründe für und gegen eine Kriminalisierung von Cannabis zu medizinischen Zwecken und Rauschkonsum untersuchen Der Ausschuß für Wissenschaft und Technologie des Oberhauses des britischen Parlaments will einen Unterausschuß einsetzen, der die wissenschaftliche Grundlage für die Kriminalisierung der medizinischen und Rauschmittelverwendung von Cannabis überprüfen soll. Der Ausschuß soll von Lord Perry von Walton, einem ehemaligen Professor für Pharmakologie, geleitet werden. Der Sprecher von Premierminister Tony Blair erklärte, daß diese Untersuchung völlig legitim sei. Die Regierung habe keine Probleme damit. Die Position der Regierung sei jedoch klar: " Wir denken nicht, daß Entkriminalisierung der richtige Weg ist." Die Untersuchung des Oberhaus-Ausschusses soll vom März bis Juli erfolgen, das erste Treffen der Kommission am 3. März. Ein Abschlußbericht soll im Oktober 1998 veröffentlicht werden. Dr. Roger Pertwee, Professor an der Universität von Aberdeen/Schottland und Vorsitzender der Internationalen Gesellschaft für Cannabinoid-Forschung (ICRS), hat in einem Beitrag für den Scotsman ausgeführt, daß es "starke Argumente gibt, Ärzten die Verschreibung von Cannabis, Nabilon oder Dronabinol für Krankheitszustände wie MS und Querschnittslähmung zu erlauben." Dies sei dem gegenwärtigen Status, bei dem sonst rechtschaffene Bürger sich dem Risiko der Strafverfolgung aussetzen, vorzuziehen. (Quelle: PA News vom 11. Februar 1998, The Scotsman vom 19. Februar 1998) 4. Eröffnung von Marihuana Clubs in Kanada geplant In mehreren Städten des südlichen Ontario/Kanada sollen "Medizinische Marihuana Clubs" nach amerikanischem Vorbild eröffnet werden, in denen Kranke Marihuana zum Selbstkostenpreis erhalten sollen. Zu den genannten Städten zählen Toronto mit 2 Clubs, Vancouver, London, Kitchener, Peterborough und Guelph. Weitere Clubs in Mississauga, Oakville und Etobicoke sind geplant. Bereits früher hatten in Toronto und Vancouver solche Clubs bestanden. Auf einer Pressekonferenz am 13. Februar gaben die Initiatoren bekannt, daß das Hauptkriterium für eine Mitgliedschaft in den Clubs eine ärztliche Bescheinigung über das Vorliegen von Erkrankungen wie Multiple Sklerose, Querschnittslähmung, Epilepsie, Glaukom und Schmerzzustände sei. In jeder Niederlassung nicht mehr als 30 Gramm Marihuana verfügbar haben. Betreiber und Unterstützer beklagten die mangelnde Bereitschaft staatlicher Behörden, mit ihnen in Verhandlungen über eine Duldung der Marihuana-Abgabe an Schwerkranke zu treten. Von Seiten der Polizei wurde vermutet, daß es den Betreibern nicht um die medizinische Nutzbarmachung sondern um die generelle Legalisierung gehe. (Quelle: London Free Press vom 14. Februar 1998, Ottawa Citizen vom 14. Februar 1998, Kitchener-Waterloo Record vom 17. Februar 1998, Ottawa Sun vom 19. Februar 1998, NORML vom 19. Februar 1998) 5. Der Fall Rebagliati heizt Diskussion um die medizinische Verwendung von Cannabis in Kanada an Die Diskussion um die vorübergehende Disqualifikation des kanadischen Snowboarders Ross Rebagliati bei den olympischen Winterspielen in Nagano heizt in Kanada die Diskussion um die Legalisierung von Marihuana an. Der 26-jährige Goldmedalliengewinner war von seinen Landsleuten bei seiner Ankunft auf dem Flughafen von Vancouver und in seiner Heimatstadt Whistler begeistert empfangen worden. Wegen des Nachweises von Spuren (17,8 ng/ml) von THC-Abbauprodukten im Urin war ihm vom Exekutivkomitee des IOC (Internationales Olympisches Komitee) die Goldmedaille aberkannt worden. Der internationale Sportgerichtshof hob jedoch 24 Stunden später die Disqualifikation wegen fehlender rechtlicher Grundlagen wieder auf. Die kanadische Justizministerin Anne McLellan versprach, zusammen mit dem Gesundheitsminister Allan Rock zu beraten, ob es nicht möglich sei, zumindest die medizinische Verwendung von Marihuana zu erlauben. McLellan hatte bereits im November 1997 eine nationale Debatte zu diesem Thema angekündigt. Ein Richter aus Ontario/Kanada hatte am 10. Dezember 1997 einem 42-jährigen Mann aus Toronto das Recht zugesprochen, Marihuana anzubauen und zu verwenden, um seine schwere Epilepsie zu kontrollieren. Er bezeichnete das Gesetz, das eine medizinische Verwendung von Marihuana verbietet, als verfassungswidrig. Zwischenzeitlich erwartet ein 53-jähriger AIDS-Patient seinen am 4. Mai beginnenden Prozeß. Er wird von dem gleichen Anwalt, Alan Young, vertreten. (Quelle: Toronto Star vom 6. Februar 1998, dpa vom 18. Februar 1998, Ottawa Citizen vom 21. November 1997) Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin e. V. (ACM) Maybachstr. 14 D-50670 Köln Germany Fon: +49 (0)221-912 30 33 Fax: +49 (0)221-130 05 91 Email: ACMed@t-online.de Internet: http://www.hanfnet.de/acm Wenn Sie von der Email-Liste genommen werden möchten, so schicken Sie bitte eine Email an: ACMed@t-online.de