Betreff: ACM-Informationen vom 24. Januar 1998 Datum: Sat, 24 Jan 1998 22:26:52 +0100 Von: ACMed@t-online.de (AG Cannabis als Medizin) ---------------------------------------------------- ACM-Informationen vom 24. Januar 1998 ---------------------------------------------------- Die Informationen der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin (ACM) erscheinen in 14-tägigem Rhythmus 1. Dronabinol und Nabilon in Deutschland ohne Beschränkung der Indikation Im Gegensatz zu anderen Ländern existieren in Deutschland keine Beschränkungen für den Einsatz von Dronabinol (Delta-9-THC), das ab dem 1. Februar in Deutschland rezeptierfähig ist, und dem THC-Abkömmling Nabilon hinsichtlich der Indikation. Das einzige bisher zugelassene Dronabinol-Präparat Marinol, welches in den USA und Kanada auf dem Markt ist, ist für zwei Indikationen zu gelassen, Übelkeit und Erbrechen im Rahmen eine Krebschemotherapie sowie Appetitlosigkeit und Abmagerung bei AIDS. In den USA darf Marinol auch nur für diese Indikationen verwendet werden. Das deutsche Gesetz sieht eine derartige Beschränkung nicht vor. Nach Aussage von Herrn Butke aus der Abteilung BtMG des Bundesgesundheitsministerium könne Dronabinol bei jeder Erkrankung verwendet werden, bei der sich der behandelnde Arzt einen Erfolg verspreche. Die Behandlung falle unter die Therapiefreiheit und gelte als individueller Heilversuch. 2. Vorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zur arzneilichen Verwendung von Cannabis In einem Fernsehbeitrag des Westdeutschen Rundfunks (WDR) sprach sich der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Dr. med. Winfried Schorre, für die arzneiliche Verwendung von Cannabis aus. Die Aktuelle Stunde vom 15. Januar befaßte sich in einem kurzen Beitrag mit den Erfahrungen eines an Multipler Sklerose erkrankten Mannes, der sich mit Wissen und Unterstützung seines behandelnden Arztes mit einer Cannabistinktur behandelt. Sowohl der Name des Patienten als auch der des behandelnden Neurologen, Dr. Schorre, wurden genannt. Dr. Schorre ist Vorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, in der alle niedergelassenen Ärzte, die eine Kassenzulassung haben, organisiert sind. Dr. Schorre: "Ich habe mich bei dem Patienten selbst davon überzeugen können, daß dieser Stoff bei ihm wirkt - er konnte dann fast alleine wieder gehen, was er vorher nicht konnte, und aus diesem Grund bin ich der Ansicht, daß wir uns unbedingt darum kümmern müssen, ob wir diesen Stoff dann später in die Behandlung übernehmen können." In einem Radiobeitrag vom 19. Dezember - Mittagsmagazin im WDR 2 - hatte Dr. Schorre zusätzlich darauf hingewiesen, daß "der Stoff natürlich bezahlbar sein" müsse. Der Fernsehbeitrag wurde in der vergangenen Woche auch im Hessischen Rundfunk ausgestrahlt. (Quelle: Manuskript des Mittagsmagazins des WDR 2 vom 19. Dezember 1997, Manuskript der Aktuellen Stunde im WDR vom 15. Januar 1998) 3. Marihuana beim Tourette-Syndrom In der Zeitschrift 'Nervenarzt' vom Dezember 1997 wurden die Ergebnisse einer Befragung unter Personen, die am Tourette- Syndrom leiden, über ihre Verwendung von Alkohol, Nikotin und Marihuana und deren Auswirkungen auf die Krankheitssymptome veröffentlicht. Insgesamt wurden 47 Patienten befragt, die zwischen 1994 und 1996 ambulant oder stationär in der Neurologischen Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover betreut wurden. Dabei zeigte sich eine gute Beeinflussung der Symptomatik durch Marihuana bei den 13 Patienten, die diese Droge konsumierten. Das Gilles de la Tourette-Syndrom, kurz: Tourette-Syndrom, ist eine häufige und komplexe neuropsychiatrische Erkrankung, die charakterisiert ist durch plötzliche Zuckungen vor allem des Gesichts-, Hals- und Schulterbereiches (Mundverzerren, ruckartige Kopfdrehungen), sogenannte Tics. Die Erkrankung beginnt meistens in der Kindheit oder Jugend. In der Zusammenfassung heißt es: "Von 47 befragten erwachsenen Patienten berichteten lediglich 2 von 28 rauchenden Patienten (7%) über eine Tic-Reduktion während des Rauchens, hingegen verspürten 24 von 35 Patienten (69%), die gelegentlich oder regelmäßig Alkohol trinken, eine deutliche Symptomreduktion. Von 13 Patienten mit gelegentlichem oder regelmäßigem Marihuanagebrauch schilderten 11 (85%) eine deutliche Symptomreduktion während des Konsums. Unsere Ergebnisse belegen, daß Alkohol und (mehr noch) Marihuana zu einer sehr viel ausgeprägteren Symptomverbesserung führen als Nikotin." In der Schlußfolgerung wird darauf hingewiesen, daß Alkohol "aus einer Reihe von Gründen nicht sinnvoll als Therapeutikum eingesetzt werden" könne. Weiter heißt es im Schlußsatz: "Cannabinoide hingegen sind Substanzen, die in Hinblick auf die nicht unerheblichen Nebenwirkungen der derzeit gebräuchlichen Therapie mit Neuroleptika und bei begrenzten Alternativen eventuell in Zukunft nach weiterer klinischer Prüfung mittels kontrollierter Studien therapeutisch zur Anwendung kommen könnten." (Quelle: Mueller-Vahl, K. R., Kolbe, H., Dengler, R.: Gilles de la Tourette-Syndrom. Einfluß von Nikotin, Alkohol und Marihuana auf die klinische Symptomatik. Nervenarzt 68, 985-989, 1997) 4. Britische Regierung gegen arzneiliche Verwendung von Cannabis Die Britische Regierung sprach sich am 14. Januar dagegen aus, Cannabis auf ärztliches Rezept für Kranke legal zugänglich zu machen. Gesundheitsminister Paul Boateng sagte dem Parlament, daß die therapeutische Wirksamkeit und Unbedenklichkeit bisher nicht nachgewiesen sei. Es sei daher "unverantwortlich", es auf Rezept zugänglich zu machen. Der Labour-Abgeordnete Austin Mitchell, der sich für eine arzneiliche Verwendung von Cannabis einsetzt, erklärte: "Das beschmutzt den Krieg gegen die Drogen, denn es macht daraus einen Krieg gegen die Schwachen." Tausende Multiple-Sklerose- Kranke würden wegen der gegenwärtigen Gesetzeslage in die Illegalität getrieben. Noch am 27. Oktober hatte Minister George Howarth ("junior Home Officeminister") vor dem Unterhaus des britischen Parlaments in einer Antwort auf eine Anfrage des Labour- Abgeordneten Paul Flynn erklärt, daß die Regierung es in Erwägung ziehe, Cannabis für medizinische Behandlungen zu legalisieren, wenn Studien nachwiesen, daß es echte medizinische Qualitäten habe. Bis 1971 konnte Cannabis in Großbritannien vom Arzt verschrieben werden, bevor es von der Liste der rezeptierfähigen Medikamente genommen wurde. (Quellen: PA News vom 25 Oktober 1997 und 27. Oktober 1997, COMTEX newswire vom 14. Januar 1998, Reuters vom 14. Januar 1998, PA News vom 14. Januar 1998) 5. DEA leitet Überprüfung des rechtlichen Status von Marihuana ein Die Drug Enforcement Administration, die US-amerikanische Behörde zur Verfolgung von Drogenvergehen, hat jüngst entschieden, daß ausreichend Gründe zur Einleitung eines Verfahrens bestünden, um die gegenwärtige Einstufung von Marihuana im Controlled Substances Act (amerikanisches Betäubungsmittelgesetz) zu überprüfen. Dazu hat die DEA am 19. Dezember 1997 formal das Department of Health and Human Services (HHS) gebeten, "eine wissenschaftliche und medizinische Beurteilung der verfügbaren Daten" auszuführen und eine "Empfehlung zur Einstufung" von Marihuana und anderen Cannabinoid-Drogen vorzunehmen. Die Anfrage der DEA wurde in Reaktion auf eine Petition vom 10. Juli 1995 durchgeführt. Die Petition von Jon Gettman und Trans High Corporation, dem Herausgeber von High Times, präsentierte Hinweise und Argumente, nach denen Marihuana und Cannabinoide nicht das "hohe Mißbrauchspotential" aufweisen, die eine Einstufung in Stufe I oder II im Controlled Substances Act rechtfertigen. (Quelle: Legalize Ganja Campaign vom 13. Januar 1998, NORML vom 15. Januar 1998) 6. Zivilklagen gegen Cannabis Buyers Clubs in Kalifornien Das US-Justizministerium hat sechs Zivilklagen gegen Cannabis Buyers Clubs eingereicht. Der Vertreter des Bundes, Michael Yamaguchi, sagte auf einer Pressekonferenz am 9. Januar, daß sich die Klage gegen 6 Klubs und 10 Personen richte. Diese würden des Handels mit Marihuana beschuldigt, einem Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz des Bundes von 1970 (Controlled Substances Act). Dennis Peron und andere Vertreter der Cannabis Buyers Clubs müssen sich am 29. Januar vor dem Bundesgericht wegen illegaler Drogenabgabe verantworten. Befürworter der Clubs werfen der Bundesregierung vor, das Votum der kalifornischen Wähler, die im November 1996 in einem Volksbegehren (Proposition 215) mit großer Mehrheit für die Möglichkeit einer medizinischen Verwendung von Marihuana gestimmt hatten, zu ignorieren. Chuck Thomas, Pressesprecher des Marihuana Policy Projects, wies darauf hin, daß die Clubs nicht notwendig wären, wenn die US-Bundesregierung eine kontrollierte Abgabe von Marihuana in entsprechend zugelassenen Apotheken gestatten würde. Der kalifornische Staatssenator John Vasconcellos kündigte am 12. Januar ein Sechs-Punkte-Programm zur Verteidigung des Geistes der Proposition 215 an. So sei eine Tagung zur Entwicklung eines Plans zur legalen Verteilung von Marihuana für medizinische Zwecke vorgesehen. (Quellen: Reuters vom 10. Januar 1998, Associated Press vom 10. Januar 1998, UPI vom 12. Januar 1998, Marihuana Policy Project vom Januar 1998, DRCNet vom 15. Januar 1998, NORML News vom 15. Januar 1998) Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an: Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin e. V. (ACM) Maybachstr. 14 D-50670 Köln Telefon: +49 (0)221-912 30 33 Telefax: +49 (0)221-130 05 91 Email: ACMed@t-online.de Internet: http://www.hanfnet.de/acm Wenn Sie von der Email-Liste genommen werden möchten, so schicken Sie bitte eine Email an: ACMed@t-online.de.