Betreff: ACM-Informationen vom 27. Dezember 1997 Datum: Mon, 29 Dec 1997 22:34:04 +0100 Von: ACMed@t-online.de (AG Cannabis als Medizin) An: hanfnet@hannover.sgh-net.de --------------------------------------------------- ACM-Informationen vom 27. Dezember 1997 --------------------------------------------------- Die Informationen der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin (ACM) erscheinen in 14-tägigem Rhythmus. 1. Beobachtungsstudie in Holland Unter der Leitung von PD. Dr. Gorter voM Institut für onkologische und immunologische Forschung in Berlin (Studienleiter) und Marcel de Wit vom Stichting Maripharm (Projektmanager) in Rotterdam findet seit November 1997 eine Beobachtungsstudie über die medizinische Verwendung von Marihuana bei unterschiedlichen Indikationen statt. Maripharm beliefert holländische Apotheken mit Marihuana, daß auf seinen Gehalt an THC, CBD und CBN standardisiert ist. Patienten erhalten die Droge auf ärztliches Rezept in Mengen von 25 Gramm. Die Befragung findet über einen jeder Verordnung beiliegenden Fragebogen statt. Der Bogen, der vom behandelnden Arzt ausgefüllt werden soll, enthält Fragen zum Patienten (Alter, Geschlecht, Diagnose, Indikation etc.), zur Wirkung und zur Toleranzentwicklung. Die Studiendauer beträgt zwei Jahre. Alle sechs Monate erfolgt eine Zwischenauswertung, über deren Ergebnisse alle teilnehmenden Ärzte informiert werden. (Quelle: Studienprotokoll, Version vom 19.12.1997) 2. Verschreibung von Marihuana für einzelne Patienten in Kanada bald möglich Nach kanadischen Zeitungsberichten erscheint die Verschreibung von Marihuana "in dringenden Fällen" bald ohne Gesetzesänderung nach Schaffung einiger formaler Voraussetzungen möglich. Anstoß für diese Entwicklung ist eine Entscheidung des Gesundheitsminsteriums vom 18. Dezember. Es hatte den Antrag eines Arztes, einen Aids-Patienten mit Marihuana zu versorgen, aus zwei technischen Gründen abgelehnt. Es bestünden jedoch Möglichkeiten die Ablehnungsgründe zu beseitigen. Dann Michols, zuständig für alle Medikamentenfragen in Kanada, erklärte, daß man prinzipiell bereit sei, die Verwendung von Marihuana in konkreten Fällen zuzulassen: "Marihuana ist nicht anders zu behandeln als Morphin, nicht anders als Codein, nicht anders als Aspirin. Es muß nur einen Vorgang geben, nach dem wir sagen können, daß sie die richtigen Untersuchungen angestellt haben und Ergebnisse erhalten haben, nach denen der Nutzen für die individuellen Patienten größer ist als das Risiko." Dr. Don Kilby, ein Arzt von der Universität von Ottawa, hatte das Ministerium um die Erlaubnis gebeten, Marihuana an Charles Pariseau, einen Aids- Kranken zu verschreiben, da sich Cannabis als einziges der erprobten Medikamente als wirksam gegen seinen lebensbedrohlichen Gewichtsverlust erwiesen hatte. Herr Pariseau war im Oktober 1997 wegen Marihuana-Besitz verhaftet worden. Nach mehrwöchiger Suche hatten seine Anwälte einen legalen Weg gefunden. Das "Emergency Drug Release Program" (Programm zu dringlichen Abgabe von Medikamenten) erlaubt die Abgabe von nichtzugelassenen Medikamenten im allgemeinen innerhalb von 72 Stunden. Alles, was Dr. Kilby beweisen mußte, war, daß ein nichtzugelassenes Medikament - Marihuana - seinem Patienten helfen würde. Er füllte am 17. Dezember einen Antrag nach dem Emergency Drug Release Program aus. Am Tag darauf wurde der Antrag aus zwei Gründen abgelehnt. Erstens habe er keine Forschungserlaubnis nach dem "Controlled Drug and Substance Act" (Betäubungsmittelgesetz). Diese Erlaubnis werde er jedoch schnell erhalten. Zweitens muß er einen lizensierten Hersteller für das Medikament nennen, der bestimmte Kriterien erfüllen muß. Dr. Diane Riley, Professorin an der Universität von Toronto, will nun eine "Marihuana Bank" aufbauen, von der Ärzte Cannabis für Schwerkranke beziehen können. Sie benötigt dazu die Erlaubnis der Universität und ist in dieser Hinsicht optimistisch: "Es sollte kein Problem sein." Damit wäre auch die zweite fehlende Voraussetzung erfüllt. (Quelle: Ottawa Citizen vom 19. und 21. Dezember 1997) 3. Erste öffentliche Anhörung des Medizin-Instituts der US-amerikanischen Akademie der Wissenschaften Am 14. Dezember fand in den USA die erste öffentliche Anhörung des Institute of Medicine (IOM, Medizininstitut der nationalen Akademie der Wissenschaften) in Vorbereitung des Gutachtens "Medical Use of Marijuana: Assessment of the Science Base" statt. Etwa ein dutzend schwerkranke Menschen, die Marihuana zu medizinischen Zwecken nahmen, sowie ihre Unterstützer wurden gehört. Eine prominente Gegnerin einer medizinischen Verwendung von Marihuana, Sandra Bennett, wurde ebenfalls gehört. Ihr Sohn war an Kokain gestorben. Zwei weitere Anhörungen sollen im nächsten Jahr folgen, bevor das Institut seinen Bericht über den wissenschaftlichen Kenntnisstand zur medizinischen Verwendung von Marihuana imWinter 1998 veröffentlichen will. Zu den Mitgliedern des Ausschusses zählen Dr. Stanley Watson von der Universität von Michigan und Dr. John Benson von der Universität für Gesundheitswissenschaften in Oregon. Dale Gieringer, der vor dem Ausschuß gehört wurde, erklärte: "Wir waren beeindruckt von ihrer Ernsthaftigkeit, Offenheit, wissenschaftlichen Ehrlichkeit und der sympathischen Art, die Fragen zu stellen." Das IOM-Team habe "keinen Zweifel gezeigt, ob Cannabis eine Medizin sei, sondern zeigte Interesse daran, wie es wirkt, welche verschiedenen Effekte durch verschiedene Varietäten entstehen könnten, wie die Forschung fortgeführt werden sollte." Der Ausschuß des IOM war gebildet worden, nachdem die Behörde für die nationale Drogenkontrolle (Office of National Drug Control Policy, ONDCP) vor zwei Jahren 995.639 Dollar bereitgestellt hat, damit das Medizininstitut der nationalen Akademie der Wissenschaften eine verständliche Übersicht über "den Nutzen und die Risiken von Marihuana und den Cannabinoiden für die menschliche Gesundheit" erstellt. Das IOM hatte bereits vor 15 Jahren eine Übersicht veröffentlicht (Marijuana and Health, National Academy of Sciences, 1982), in der es hieß: "Cannabis und seine Abkömmlinge haben sich als vielversprechend in der Behandlung verschiedener Störungen erwiesen." Weitere Informationen: Janet E. Joy, Ph.D., Study Director Deborah Yarnell, M.S., Research Associate Institute of Medicine, National Academy of Sciences 2101 Constitution Avenue, NW Washington, D.C. 20418 (Quelle: NORML vom 9. Januar 1997 und 17. Dezember 1997, Drug Reform Coordination Network vom 20. Dezember 1997, ICRS-Internet-Seite: http://129.49.19.42/ICRS/ICRS_main.html) 4. Cannabis Buyers' Clubs in Kalifornien von Schließung bedroht Cannabis Buyers' Clubs in Kalifornien sind nach einem Urteil des ersten Berufungsgerichts von Kalifornien vom 12. Dezember nicht als "wichtigste Betreuer" von Patienten qualifiziert. Damit wurde die Entscheidung einer niedrigeren Gerichtsinstanz aufgehoben. Cannabis Buyers' Clubs und ihre Betreiber sind danach nicht geschützt durch das staatliche Marihuanagesetz, welches seit einem erfolgreichen Volksbegehren im November 1996 Schwerkranken mit einem entsprechenden Rezept und deren Betreuern den Anbau und den Konsum von Marihuana erlaubt. Der San Francisco Culitvators' Club - der größte Cannabis Buyers' Club in Kalifornien mit 5000 Mitgliedern - werde demnächst geschlossen, den Betreibern drohten Strafen wegen Rauschgifthandel. Diese wollen beim Obersten Gericht von Kalifornien in die Berufung gehen. Kritiker der Cannabis Buyers' Clubs weisen darauf hin, daß in den Klubs Marihuana auch ohne Rezept abgegeben werde, welches dann auf den Straßen lande. Der kalifornische Generalstaatsanwalt Dan Lundgren begrüßte die Gerichtsentscheidung und kündigte ein Vorgehen gegen weitere der etwa 20 kalifornischen Buyers' Clubs an, falls diese nicht innerhalb von 30 Tagen schließen. Befürworter der Klubs weisen daraufhin, daß für den Fall ihrer Schließung viele Menschen mit einem ärztlichen Rezept keine Möglichkeit hätten, an Marihuana heranzukommen. Distrikt-Rechtsanwalt Terence Halliman: "Ich sehe nicht, wie von todkranken Menschen mit voll ausgebrochenem Aids erwartet werden kann, ihr eigenes Marihuana anzubauen." Ein öffentlicher Vertreter der Stadt San Jose, Joan Gallo, gab zu Bedenken, daß nicht alle Cannabis Buyers' Clubs gleich zu betrachten seien. So unterscheide sich das Santa Clara County Cannabis Center vom San Francisco Culitvators' Club, da er einem medizinischen Modell, ähnlich einer Apotheke, entspreche. "Wir haben ein Kontroll- und Regulationsprogramm - sie sind sehr verschieden." (Quellen: Reuters vom 13. Dezember 1997, United Press International vom 15. und 17. Dezember 1997, TAZ vom 15. Dezember 1997, NORML vom 17. Dezember 1997) Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an: Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin e. V. (ACM) Maybachstr. 14 D-50670 Köln Telefon: +49 (0)221-912 30 33 Telefax: +49 (0)221-130 05 91 Email: ACMed@t-online.de Internet: www.hanfnet.de/acm Wenn Sie von der Email-Liste genommen werden möchten, so schicken Sie eine Email an: ACMed@t-online.de.