Joint Venture
Medizin gegen Links-Dogmatismus und inhaltsschwangere, spätsiebziger Humorlosigkeit


Joint Venture sind Liedermacher! "Oh Schreck", könnte man jetzt gar nicht so zu unrecht denken und gerade die Republik hätte da reichlich Tradition, um nicht zu sagen schlechte Beispiele, jede Menge Langeweile, konstruktives Mittelmaß und betulich gebremste Leidenschaft zu bieten. Aber zum Glück gibt es immer wieder die Ausnahme von der Regel und das Köln-Bonner Duo beweist, daß es auch jenseits musikalisch untermalter Betroffenheits-Lyrik und Trostlosigkeit einen Weg gibt, akustische Musik, Melodie und deutsche Texte humorvoll zu verbinden.

Joint Venture, das sind Götz Widmann und Martin Simon, zwei Texter und Gitarristen, die mit ihren Stücken die klaffende Lücke füllen, die Links-Dogmatismus, Bürgerrechtsbewegung und inhaltsschwangere, spätsiebziger Ernsthaftigkeit in den vertonten Humor gerissen haben.

Mit inzwischen vier CDs und hunderten von Auftritten haben sich die beiden unauffällig in die oberen Ränge deutschen Liedgutes gespielt und mit ihren Auftritten bei der Hanfparade, nomen est omen, und den Bonner Studenten-Demos fanden sie sich unversehens vor 50.000 Zuschauern wieder.

"Ich brauch Personal" (Capriola/EFA), ihr aktuelles Album, zeigt sie in Höchstform und sie reimen wieder um die Dinge, die den Zivilisationsmenschen des ausgehenden Jahrtausends nun wirklich bewegen. Da reißen einen, "Bim Bam", Kirchenglocken Ordnungsamt-genehmigt aus dem Schlaf, hausmännliche Hygiene schreit geradezu nach Personal und das Pinkeln im Sitzen kann auch schonmal ins Beziehungs-Desaster führen. Zwischen dem Berufswunsch Papst, der Ode an das "Kaschmirweib", den Annehmlichkeiten der Wohlhabenheit und konsequent pragmatischer Faulheit umreißen sie ironisch humoristisch den inneren Schweinehund und decken schonungslos und überraschend die simplen Strickmuster auch der zwischengeschlechtlichen Spätneunziger auf.

Götz Widmann und Martin Simon lassen zwar die Finger von den wirklich heißen Eisen, verbrennen sich aber beim Spiel mit Klischees und Ansprüchen mehr als einmal die Finger, sind ironisch, locker und vergnüglich und auch schonmal melancholisch.

Daß sie dann auch noch Ohrwürmer schreiben, ist ein Bonus, und den haben wir doch nun endlich mal verdient!

Dirk Jessewitsch