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terence mckenna

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plan - pflanze - planet

der gruene zweig 135

aus dem amerikanischen uebertragen und leicht bearbeitet von micky reman

abgetippt und fuers web aufbereitet:
d.i.r.e.k.t.e. k.o.m.m.u.n.i.a.k.t.i.o.n., berlin 2000

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verlegt von werner pieper's medienexperimente
d-6941 loehrbach

moderne reeducation isbn 3-925817-35-2


die gegenwaertige globale krise geht tiefer als alle vorangegangenen krisen in der geschichte. nicht minder drastisch werden die loesungen ausfallen. wir schlagen vor, die pflanze zum organisationsmodell fuer das leben des 21. jahrhunderts zu waehlen, entsprechend dem computer, der zum dominierenden geistig-sozialen modell des spaeten 20. jahrhunderts geworden zu sein scheint oder der dampfmaschine, dem leitbild des 19. jahrhunderts.

der vorschlag erfordert einen zeitlichen rueckgriff auf modelle, die vor etwa 15.000 bis 20.000 jahren erfolgreich waren und die es uns ermoeglichen, pflanzen wieder als nahrung, schutz und kleidung, sowie als quelle von erziehung und religion zu betrachten.

der erste schritt in dieser richtung waere, etwas zu bereinigen, wogegen wir uns so lange gestraeubt haben: lasst uns die natur fuer rechtens erklaeren. alle pflanzen sollen legal sein, und alle tiere ebenso. die vorstellung illegaler pflanzen und tiere ist ebenso widerlich wie albern.

die wiederherstellung direkter kommunikation mit dem planetaren anderen, dem geist in und hinter der natur, ist auf die verwendung halluzinogener pflanzen angewiesen. diese kommunikation mag unsere letzte und beste hoffnung sein, um die steilen waende jener kulturellen starre auszuloesen, mit der wir geradewegs auf den ruin zusteuern. wir brauchen eine neue optik, um unseren weg in der welt zu erkennen.

als das nach der saekularitaet srebende europa seine mittelalterliche weltsicht aenderte, suchte es rettung in klassischen roemischen ansaetzen zur wiederbelebung des rechtssystems, von philosophie, aestetik, stadtplanung und landwirtschaft. auf der suche nach auswegen aus dem heutigen dilemma sind wir gezwungen, modelle aus noch weiter zurueckliegenden zeiten in betracht zu ziehen.

der einfluss halluzinogener pflanzen auf die entwicklung des menschen wurde bisher nur oberflaechlich untersucht. eine gruendliche erforschung dieses einflusses verspraeche jedoch nicht nur ein besseres verstaendnis der evolution des primaten, sondern auch der fuer homo sapiens typischen kulturformen. dass der verzehr von immunstaerkenden oder appetithemmenden pflanzen adaptive vorteile mit sich bringt, ist leicht zu begreifen. schwieriger zu verstehen ist die art und weise, in der pflanzliche halluzinogene unseren vorfahren vergleichbare, wenn auch ganz andersartige adaptive vorteile haben zukommen lassen. zwar katalysieren die chemischen verbindungen der halluzinogene keine staerkung des immunsystems - gleichwohl dies eine nebenwirkung sein koennte -, doch sie katalysieren eine staerkung des bewusstseins, jenes sonderbaren talents des selbstreflektiven denkens, das seinen sichtbarsten ausdruck im menschen gefunden hat. zweifellos verschafft die faehigkeit, bewusst zu sein, genauso wie die faehigkeit, krankheiten abzuwehren, einer gattung, die in ihren genuss kommt, immense adaptive vorteile.

in der menschlichen evolution scheint ein verschwiegener faktor zu wirken, der weder mit dem "fehlenden glied in der kette" noch mit einem von hoch oben gewaehrten telos beschrieben ist. wir schlagen vor, dass jene versteckte kraft, die aus zweibeinigen affen das menschliche bewusstsein hervorgelockt hat, in von pflanzlichen halluzinogenen angeregten rueckkopplungsschlaufen zu finden ist. diesem zusammenhang ist man noch nicht gruendlich nachgegangen, obwohl eine eher konservative form dieser vorstellung in r. gordon wassons soma: divine mushroom of immortality (1971) vertreten wird. wasson geht noch nicht auf die erwachende menschlichkeit bei den primaten ein, benennt aber halluzinogene pilze als kausalfaktoren fuer die entstehung von religion und spirituellem bewusstsein. wasson glaubt, dass die umherschweifenden allesfresser, die die menschen waren, frueher oder spaeter in ihrer umgebung auf halluzinogene pilze oder andere psychoaktive pflanzen stossen mussten.

da die ernaehrungsstrategie der fruehen menschen darin bestand, alles zu essen und ungeniessbares wieder zu erbrechen, konnten mit dieser methode die essbaren pflanzen identifiziert und in die diaet einbezogen werden. schon wegen ihrer ungewoehnlichen form und farbe mussten pilze diesen sammlern besonders ins auge stechen. zumal der bewusstseinszustand, den die pilze oder andere halluzinogene induzierten, ein guter grund gewesen sein mochte, zu diesen gewaechsen zurueckzukehren. man wollte ihre verblueffende andersartigkeit stets aufs neue erfahren, und auf dauer entwickelt sich das, was c.h. waddington eine creode nannte, eine aufgrund wiederholter aktivitaeten tiefer werdende furche des verhaltens, anders gesagt: es entstand eine gewohnheit.

gewoehnung an diese erfahrung war durch ihren ekstatischen charakter gewaehrleistet, wobei "ekstatisch" ein begriff ist, den wir ausser in einem operationellen sinn nicht zu definieren brauchen: ekstatische erlebnisse sind diejenigen, die man immer wieder haben moechte.

wenn halluzinogene nun als exopherome wirken, das heisst, als chemische botenstoffe zwischen den arten, dann waere die synamisch-symbiotische beziehung zwischen primaten und halluzinogenen pflanzen gleichbedeutend mit einem informationstransfer von einer spezies zur anderen. was die primaten bei diesem transfer gewannen, war erhoehte sehschaerfe sowie zugang zum transzendenten anderen. der vorteil fuer die pilze lag in der erweiterung ihrer oekologischen nische: sie konnten im dung jener ehemals wilden huftiere gedeihen, die von den sesshaft gewordenen primaten domestiziert wurden.

solche prozesse verlaufen langsamer in abwesenheit pflanzlicher halluzinogene. ihre gegenwart jedoch konfrontiert eine kultur mit stets neuartigen informationen, sinneseindruecken und verhaltensformen, die den anstoss geben, sich am eigenen schopf zu immer hoeheren stadien der selbstreflektion emporzuziehen. im sinne eines kulturellen katalysators moegen halluzinogene fuer all das verantwortlich gewesen sein, was uns von anderen primaten unterscheidet, mit ausnahme vielleicht des verlusts der koerperbehaarung, mentalfunktionen jedoch, die wir mit dem spezifisch menschlichen verbinden - erinnerung, projektive vorstellungskraft, sprache, namensgebung, magische rede, tanz, sowie ein gefuehl von religio -, lassen sich alle aus der interaktion mit halluzinogenen ableiten. weil unsere moderne gesellschaft pharmakologisch erzeugte ekstasen zum tabu erklaert hat, wird sie diese theorie fuer schwer akzeptabel halten. sexualitaet ist aus demselben grund tabuisiert. denn beide bereiche, psychedelik und sexualitaet, verbinden uns bewusst oder unbewusst mit dem mysterium unserer herkunft, sie lassen uns ahnen, wie es geschah, dass wir so wurden, wie wir sind.

viele moderne malaisen, darunter auch chemische suchtabhaengigkeit oder unterdrueckte psychosen und neurosen, liessen sich in einer begegnung mit der authentischen dimension des risikos aufloesen, wie sie der gebrauch psychedelischer pflanzen vermittelt. die hier geaeusserte befuerwortung des gebrauchs psychedelischer pflanzen ist dabei zugleich eine anti-drogen-position. drogenabhaengigkeit ist das ergebnis von gewohnheitsmaessigem, unueberprueftem und obsessivem verhalten, somit eine folge jener tendenzen unseres psychischen make-ups, die im lichte der psychedelika zum aufweichen gebracht werden.

pflanzliche halluzinogene loesen gewohnheiten auf und ermoeglichen, die eigene motivation von einer weniger egozentrischen und besser geerdeten warte aus zu betrachten. toericht, wer behauptet, der psychedelische weg sei frei von risiko. kurzsichtig, wer glaubt, das risiko lohne sich nicht. was wir brauchen, ist die erfahrbare bestaetigung eines uebergreifenden leitbildes, einer metapher, die der gesellschaft und dem individuum als grundlage eines neuen selbstmodells dienen kann.

schon immer bildeten die beziehungen zwischen pflanzen und menschen die basis unserer individuellen und kollektiven existenz in der welt. was wir als archaisches revival bezeichnen moechten, meint den prozess des wiedererwachens traditioneller haltungen zur natur, insbesondere unserer beziehungen zu pflanzen. das archaische revival beschliesst den prozess der allmaehlichen aufloesung von verhaltensmustern, die auf maennlicher dominanz und hierarchischer tierorganisation beruhen. dieser prozess geht nicht ueber nacht oder mit einem ploetzlichen umschwung im kollektiven bewusstsein vonstatten. vielmehr wird er aus der einsicht heraus wachsen, dass das archaische revival von der idee und dem ideal einer uebergreifenden vegetationsgoettin geleitet ist, letztendlich von der erde selbst, die derzeit als gaia wieder furore macht. obwohl dieses konzept von anthropologen bis in die mitte des 19. jahrhunderts gut dokumentiert ist, hat gaja erst vor kurzem wieder an respektabilitaet gewonnen, vornehmlich durch riane eisler, marija gimbutanes, james loveclock und andere.

je naeher eine kultur der gnosis in gestalt des "geistes der vegetation" kommt, desto enger wird ihre verbindung zum archetyp der goettin; je bereitwilliger sich eine kultur ans gaja-kollektiv organischen lebens anlehnt, desto eher wird sich ihre soziale organisation vom partnerschaftlichen stil gepraegt sein. der mainstream des westlichen denkens konnte sich noch bis gegen ende der griechischen antike vom gnostischen geist der vegetationinspirieren lassen. danach jedoch wurden die damaligen mysterienkulte von enthusiastischen barbaren unterdrueckt.

unsere schlussfolgerung lautet, dass der inhalt der naechsten evolutionsstufe das archaische revival, die wiedergeburt der goettin und ein ende der profanen geschichte sein wird; komplexe also, die unsere revidierte beteiligung am geist der vegetation und seine weitere ausbildung zum thema haben. derselbe geist, der uns einst in die dich selbst reflektierende sprache lockte, laedt uns nun in die unbegrenzten landschaften der imagination ein. ohne den dialog mit psychedelischen exopheromen, die unsere symbiose mit dem pflanzenreich regulieren, stehen wir den planetaren zielen und vorhaben verstaendinlos gegenueber. verstaendnis fuer planetare ziele zu erlangen duerfte jedoch der entscheidende beitrag sein, den wir fuer den evolutionsprozess leisten koennen. zurueckzukehren an den busen der planetaren partnerschaft hiesse, die perspektive unseres geschichtlich erzeugten egos einzutauschen gegen eine eher muetterlich intuitiv orientierte sicht der dinge.

wir sind ueberzeugt, dass die spuerbare gegenwart des andersartigen, die wir bei unserer navigation durch die geschichte als weibliche begleitung verstehen, auf die kommunion mit dem geist der pflanzen zurueckgefuehrt werden kann. in diesem rituelen rahmen konnten menschliche instinkte ins licht von selbstbewusstsein, selbstreflektion und selbstartikulation treten, ins licht der grossen goettin.

was bedeutet es nun, pflanzliches leben als metapher fuer die neuorientierung der menschlichen angelegenheiten heranzuziehen? zwei entscheidende veraenderungen wuerden aus der uebernahme dieser praemisse folgen:

    erstens, eine feminisierung der kultur in einem bislang nicht bekannten masse. die bedeutung des "gruenen" bewusstseins liegt in der erkenntnis, dass die trennung zwischen dem maskulinen und dem femininen vorrangig keine trennung zwischen maennern und frauen ist, sondern eine trennung zwischen uns, den bewussten tieren, den allesfressenden, landrodenden kriegern als extremstem ausdruck des yang auf der einen seite, dem uralten, metastabilen botanischen element des yin, aus dem der groesste teil der biomasse der lebenden erde besteht.

    zweitens, eine nach innen gerichtete wertsuche. "innerlichkeit ist ein charakterzug der pflanzlichen, im gegensatz zur animalischen version von existenz". die fauna ist mobil, ihre mitglieder migrieren und schwaermen aus, die flora dagegen haelt im grossen und ganzen ihren jeweiligen platz. die pflanzliche dimension ist gekennzeichnet vom stabilen, unbewegten und ausharrenden zustand, und wenn es eine mobilitaet des bewusstseins und der aufmerksamkeit bei pflanzen gibt, dann sind es bewegungen in der domaene der vegetalen imagination. das archaische revival, die rueckverbindung zur vegetationsgoettin mithilfe psychedelischer pfanzen, behauptet, dass ein leben des geistes ein leben des zugangs zu den visionaeren reichen ist, in denen unsere magischen lehrerinnen, die pflanzen, residieren. schamanen haben schon immer um diese wahrheit gewusst und sie praktiziert. hildegart von bingen, die seherin des 12. jahrhunderts, nannte das bewusstsein der gruenen seite des geistes veriditas, gruenheit.

wir leben auf kulturellem treibsand.

wenn ein neues paradigma auswege und hoffnung offerieren will, muss es vor den sich auftuermenden planetaren problemen zu einer realitaetstuechtigen tagesordnung finden. hier seien einige bereiche genannt, in denen ein wachsendes bewusstsein von verditas uns helfen kann, armageddon abzuwehren:

die entgiftung der natuerlichen umwelt.

sie wird ueber das zusammenspiel von athmosphaere, biologischer matrix und den ozeanen auf natuerliche weise bewirkt. solange die moderne industrietechnologie noch kein wahrhaft globales phaenomen war, konnte dieser planetweite prozess sogar noch mit dem staedtischen industriemuell fertig werden. es gibt naturvorgaenge, die uns bei der entgiftung der umwelt helfen koennen. ein beispiel waere das anpflanzen des stechapfelstrauches datura, der schon in religioesen riten der suedkalifornischen indianer und bei den europaeischen hexen eine rolle spielte -, sowie anderer pflanzen, die schwermetalle aus der erde ziehen und im zellgewebe anlegen. indem wir die unterschiedlichen wege beruecksichtigen, mit denen die biologische matrix vergiftungen der erde vermeidet, und indem wir anerkennen, dass die funktionen der natur stets darauf gerichtet sind, leben zu bewahren, koennen wir uns sogar auf den schweren weg der aktiven politischen konsensbildung zur erhaltung eben dieses lebens begeben.

gegenseitige verbundenheit und symbiose.

wie die pflanzen, so sollten auch wir diese qualitaeten vervollkommnen. bei der regelung kommunaler angelegenheiten zum beispiel kaeme uns eine orientierung an den fraktalen und feingliedrig verzweigten modellen der pflanzlichen natur sehr zu gute. auch boete sich an, unser aus dem 19. jahrhundert ererbtes evolutionsmodell durch ein baumartiges netzwerk symbiotischer beziehungen zu ersetzen. gemaess dem ueberkommenden modell musste mit klauen und zaehnen um die nackte existenz gekaempft werden, bis der sieger die ganze beute an sich riss. dieses modell, das auf naiven beobachtungen von tierverhalten beruht, wurde mit fliegenden fahnen gleich auf die pflanzenwelt und andere bereiche uebertragen. obendrein wurde es zur erklaerung jener evolutionaeren interaktion herangezogen, denen vielfalt und vermehrung der botanischen arten zu verdanken sind.

genauer beobachtende forscher wie c.h. waddington und erich jantsch trafen nicht den von den darwinisten lauthals verkuendeten "krieg in der natur" an. sie erkannten einen anderen sachverhalt: was einen organismus innerhalb eines bioms erfolgreich funktionieren laesst, ist nicht das aggressive konkurrenzverhalten, sondern die maximierung der kooperation mit anderen lebewesen. grundverschiedene pflanzen agieren miteinander im verdorbenen geflecht ihrer wurzeln, wo sie sowohl mit ihren gemeinsamen nahrungsquellen, als auch untereinander verbunden sind.

der vielfach durchgeflochtene boden eines tropischen regenwaldes stellt ein environment von groesster biochemischer verschiedenartigkeit dar, dessen topologie dem gewebe des gehirns aehnelt. innerhalb des netzwerks miteinander verbundener wurzeln werden staendig komplexe chemische signale gesendet und empfangen. wechselseitige angleichung und eine auf symbiotische beziehungen zielgerichtete evolution regulieren das ganze system. dass solche verhaeltnisse allgegenwaertig sind, spricht fuer ein evolutionaeres primat der kooperativen lebensstrategien. die winzigen mycorrhizal-pilze zum beispiel leben in symbose mit einer pflanze, auf deren wurzeln sie fuer filterung und ausgleich des mineralhaltigen wassers sorgen. erst nachdem die pilze das wasser aufbereitet und in seiner chemischen zusammensetzung optimiert haben, gelangt es in die wurzeln des gastgebenden pflanzenorganismus.

wir brauchen eine in ganzheitlichen systemen denkende feinabstimmung.

auch auf nicht-biologische bereiche wird sich ein verstaendnis der biologischen harmonien und resonanzen positiv auswirken. das verstaendnis solcher phaenomene kann beispielsweise zum angemessenenen management grosser systeme wie dem internationalen bankwesen beitragen, oder bei der globalen erzeugung und verteilung von lebensmitteln helfen. die gaia-biologen loveclock, margulis und andere haben ueberzeugend dargelegt, wie sich der gesamte planet mit hilfe von plankton und mikroben ein selbstorganisiertes, meta-stabiles regime geschaffen hat, das unser biologisches leben seit ueber 2 milliarden jahren beguenstigt. ueber zeit und raum hinweg wahrt eine auf pflanzenleben gegruendete gaia ihr gleichgewicht und trotze dabei sogar den wiederholten bombardements durch asteroidenmaterial, das ausreichen wuerde, um das planetare gleichgewicht epfindlich zu stoeren. einen solche tao-artigen sinn fuer die multi-dimensionale, homeostatische balance des planeten koennen wir nur bewundern - um ihn nachzuahmen. aber wie? wir schlagen vor, pflanzen zu betrachten, sie wirklich anzuschauen und mit offenerem geist, als wir es je getan haben.

recycling.

wie die pflanzen, so muessen auch wir recyclen, denn im kosmetischen masstab sind wir nicht mobiler als sie. die erfolgreichen wirtschaftsformen haben wir aber im lauf der geschichte stets den raubtieren abgeguckt. tiere koennen in andere reviere wechseln, wenn sie die ressourcen in ihrer unmittelbaren naehe erschoepft haben. da sie sich zu neuen nahrungsquellen begeben koennen, verfuegen sie ueber potentiell unbegrenzte ressourcen. pflanzen sind ortsgebunden. sie koennen nicht so leicht zu naehrstoffreicheren quellen uebersiedeln, oder ein gebiet, das sie ausgelaugt haben, verlassen. pflanzen sind gezwungn, sehr gut zu recyclen. eine unerlaessliche bedingung fuer unser planetares ueberleben ist eine pflanzeorientierte ethik, die die methoden der botanischen welt im gebrauch und bei der wiederverwendung ihrer ressourcen reflektiert. im gegensatz dazu rechnen alle kapitalistischen modelle mit der unbegrenzten vefuegbarkeit von ressourcen und arbeitskraeften. mittlerweile duerfen wir aber weder von der einen noch von der anderen vorraussetzung ausgehen. wir behaupten nicht, endgueltige methoden zur loesung dieses problems zu kennen, schlagen aber vor, sich der pflanzenwelt zuzuwenden, um auf die richtigen fragen zu stossen.

der einsatz photovoltaischer energie.

dieser einsatz liegt nahe, wenn wir die beneidenswerte eleganz betrachten, die pflanzen beim umgang mit energie an den tag legen. mit der photosynthese verfuegen pflanzen ueber ebenso luxerioese wie praktische loesungen ihrer energieprobleme. verglichen mit den durch wasser- oder tiereskraft bewegten raedern - urbild der energieproduktion in der menschlichen welt -, gleicht es einem quantenmechanischen wunder, wie ein photon des sonnenlichts auf eine molekulare vorrichtung trifft, ueber die ein elektron zur teilnahme am lebensprozess der pflanzenzelle freigesetzt wird. tatsaechlich ist dieses stueck extravaganter science fiction das prinzip, nach dem die photosynthese funktioniert;- nur ein beispiel fuer die von den pflanzen seit jahrmillionen kultivierte ingenieurskunst. hocheffektive photovoltaische technologien koennten heute den taeglichen elektizitaetsbedarf der meisten menschen befriedigen. schwerindustrien im bisherigen umfang liessen sich mit sonnenenergie allerdings kaum betreiben. vielleicht will uns die natur auf diese weise nahebringen, unsere energiepolitische gepflogenheiten zu vevidieren, so versessen wir auch auf den rauschenden strom an guetern sein moegen, der sich aus unseren manufakturen ergiesst.

eine globale, an der athmosphaere orientierte energieoekonomie.

die photosynthese, jener dem pflanzlichen leben eigene prozess der energieerzeugung, koennte auch als modell fuer eine auf sonnenenergie und wasserstoff gestuetze weltwirtschaft dienen. mit sonnenenergie liesse sich wasserstoff aus meerwasser gewinnen. solare elektrizitaet kann den wesentlichen teil unseres bedarfs decken, und nur energieintensive industrieprozesse wie das schmelzen von aluminium und stahl stellen zu hohe ansprueche an die photovoltaische elektizitaet. es gibt jedoch eine loesung: pflanzen bauen kohlendioxyd aus der athmosphaere ab und produzieren nebenbei energie und sauerstoff. ueber einen aehnlichen, wenn auch unterschiedlichen vorgang koennte mit solarer elektrizitaet aus wasser wasserstoff gewonnen werden. der wasserstoff koennte gesammelt und bis zur spaeteren verteilung konzentriert werden. die pflanzen haben unter beweis gestellt, zu welch eleganten loesungen sie beim haushalten mit der zur verfuegung stehenden materie faehig sind. eine menschliche wasserstoff-oekonomie wuerde sich auf vergleichbare art und weise der unerschoepflichen und wiederverwertbaren ressourcen bedienen.

im grunde ist dies ein einfacher vorschlag.

wirtschaftsplaner haben seit langem erkannt, dass wasserstoff der ideale grund- und betriebsstoff fuer eine globale oekonomie ist. wasserstoff ist sauber - wenn er verbrannt wird, verbindet er sich wieder mit wasser, aus dem er chemisch bezogen wurde. wasserstoff ist reichlich vorhanden - das wasser besteht zu einem drittel aus wasserstoff. hinzu kommt, dass saemtliche existierende technologien - verbrennungsmotoren genauso wie kohle-, oel- oder atomgetriebene generatoren-, auf wasserstoffbetrieb umgestellt werden koennen. was wir vorschlagen, erfordert also kein ueber-den-haufen-werfen der herkoemmlichen systeme zur energieerzeugung und -verteilung. wasserstoff aus meerwasser koennte in der naehe abgelegener inseln produziert werden. er koennte dann mit derselben technologie, die heute zum transport von fluessigem erdgas verwendet wird, zum naechsten umschlagplatz befoerdert werden. man mag einwenden, dass wasserstoff hochexplosiv sei, und dass es fuer einen sicheren umgang an entsprechenden technischen erfahrungen mangelt. dem laesst dich der ausgezeichnete sicherheitsstandart der erdgasindustrie entgegenhalten. wasserstoffunfaelle waeren in der tat verheerend, aber es wuerde sich um gewoehnliche explosionen handeln, ortsgebunden, nicht-toxisch und ohne die freisetzung von radioaktivitaet. wie auch das pflanzenleben, wuerde sich die wasserstoffwirtschaft selbst tragen und keine verschmutzung verursachen. verbrannter wasserstoff verbindet sich mit sauerstoff und wird wieder zu wasser. um zu demonstrieren, dass das konzept der wasserstoffoekonomie tragbar ist, waere eine internationale anstrengung von aussergewoehnlichem umfang noetig. immerhin waere es ein anfang. eingestandenermassen wuerden viele potentielle probleme auftauchen, aber kein plan zur energieerzeugung fuer die beduerfnisse des 21. jahrhunderts wird frei von schwierigkeiten sein.

nanotechnologie.

die beginnende aera der molekularmechanik ist ein spross der radikalsten unter den gruenen visionen. schliesslich verspricht sie, dass von menschen veraenderte quasi-biologische zellen und organellen zur herstelung von produkten eingesetzt werden koennen. nanotechnologie nimmt die vorstellung ernst, dass auf mikro-physischer ebene angesiedelte techniken auch materielle vorgaenge im massstab der menschlichen welt beeinflussen koennen. in der nanotech-welt koennen wohnstaetten und maschinen wie biologische einheiten "wachsen", und die auf diese weise hergestellten und manipulierten objekte waeren ihrer natur nach dem fleische naeher als dem stein. die kuenftigen korallenriffe der menschlich-materiellen symbiosen, wie sie die proheten der nanotechnologie preisen, wuerden eine unterscheidung zwischen belebt und unbelebt, organisch und kuenstlich hinfaellig machen.

bewahrung der biologischen vielfalt.

uns ist nur eine quelle fuer die evolution biologischer verbindungen und die damit einhergehende chemische vielfalt bekannt: das leben auf diesem planeten. diese aussage muss so lange gelten, bis wir einen anderen planeten entdeckt haben, der mit leben so ueberquilllt, wie der unsere. trotzdem zerstoeren wir die lebende vielfalt unserer welt mit empoerender schnelligkeit. dem muss einhalt geboten werden. zum einen durch den erhalt bedrohter oekosysteme, zum anderen durch die bewahrung von informationen ueber diese oekosysteme. solche informationen wurden ueber jahrtausende hinweg von den menschen gesammelt, die mit und in den naturlichen systemen lebten. die bedeutung des volksgewissens in bezug auf botanik und heilkunde kann gar nicht hoch genug geschaetzt werden, schliesslich stammen alle bedeutenden arzneimittel, die fuer die menschliche gesundheit wichtig waren und die die geschichte veraenderten, von lebenden pflanzen und pilzen. chinin ermoeglichte die erprobung der tropen, penicillina und pille haben auf aehnliche grundlegende weise die sozialstruktur des 20. jahrhunderts veraendert - alle drei pharmazeutika wurden aus pflanzen gewonnen. meine partnerin kat und ich arbeiten auf diesem gebiet in einem botanischen garten in hawaii, den wir leiten. er ist dem schutz von pflanzen gewidmet, die im amazonas-schamanismus verwendung finden, einem jener traditionellen wissenssysteme, die vom verfall bedroht sind.

was die hier ausgefuehrten vorschlaege und massnahmen befuerworten, koennte man als gaia-holismus bezeichnen. gemeint ist damit ein gespuer fuer die einheit und balance der natur, sowie die bereitschaft, unsere menschliche position an das sich dynamisch fortentwickelnde gleichgewicht anzupassen. es ist eine an pflanzen orientierte sicht. sie fordert die rueckkehr zu einer perspektive, die unser "selbst" und "ego" in den groesseren kontext von planetarem leben und planetarer evolution einbettet - die essenz des archaischen revival. mcluhan hatte recht, als er die planetare menschliche kultur, das globale dorf, in stammesbegriffen beschrieb. der naechste grosse schritt zum planetaren holismus waere die teilweise verschmelzung der technologisch transformierten menschlichen welt mit jener archaischen matrix der pflanzenintelligenz, die sich uns als ueberseele des planetaren offenbart.

ich zoegere, dieses erwachende bewusstsein religioes zu nennen, obwohl es auch das sicherlich ist. dazu gehoert die intensive auslotung der von pflanzlichen halluzinogenen eroeffneten dimensionen, sowie eine untersuchung der strukturellen verwandtschaft mit den neurotransmittern im menschlichen gehirn, die eine besondere beruecksichtigung verdient. durch sorgfaeltiges erforschen pflanzlicher halluzinogene werden wir die archaischsten und sensibelsten ebenen im drama des sich herausbildenden bewusstseins ergruenden koennen. charakteristisch fuer die fruehformen von gesellschaft und religion war die symbiose zwischen pflanzen und menschen. ihr verdanken wir die erste teilhabe am numinosen mysterium. das geheimnisvolle dieser erfahrung ist heute um nichts geringer geworden, ungeachtet der verbreiteten annahme, wir haetten die schlichte ehrfurcht unserer vorfahren inzwischen durch die kraft unserer scharfen philosophischen und analytischen werkzeuge ersetzen koennen.

als planetare kultur stehen wir vor einer einfachen wahl: werde es gruen oder sterbe, go green or die.

warum menschen drogen nehmen

sprechende pilze

gift und elexier fuer pflanzen

materie und energie im regenwald

vegetalismo in suedafrika

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