Hanfsamenverbot
Abs. eine Hanfpflanze
c/o Drogenpolitische Guerilla
z.Zt. ohne Lobby
und ohne Adresse

im Januar 1998
Parlamentarischen Staatssekretär
beim Bundesminister des Innern
Herrn
Eduard Lintner
Bundeshaus
53113 Bonn
 

 
  

Sehr geehrter Herr Eduard Lintner,

während die Mitglieder der Parlamente in anderen europäischen Ländern Joints oder Haschisch bekommen, kann ich Sie heute in der Anlage nur mit einigen von mir produzierten Samen beglücken. Ja, Sie haben richtig verstanden: Die beigefügten Samen sind von mir - der Cannabispflanze. Es handelt sich um qualitativ hochwertiges Saatgut zum Anbau von Marihuana. Der handelsübliche Preis des beigefügten Tütchens beträgt ca. 15,- bis 20,- DM.

Doch mein Leben verläuft nicht so unbeschwert, wie das Leben anderer rechtschaffener Pflanzen: Sie wissen, ich bin ein Grundstock für die Papier- oder Textilproduktion und ich gehöre zu den nachwachsenden Rohstoffen, die angesichts schrumpfender Ressourcen immer wichtiger werden. Doch das soll hier gar kein Thema sein.

Als eine dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) unterliegende Pflanze werden der Handel mit mir und der Besitz von mir mit Strafverfolgung bedroht. Durch eine Verschärfung der Vorschriften zum 1. Februar 1998 sollen nun auch meine Samen verboten werden. Damit sie auch wissen, worum es sich handelt: In der 10. Betäubungsmittelrechts- Änderungsverordnung wird mein Samen, sofern er dem "unerlaubten Anbau" dient, dem BtmG unterstellt.

Cannabis-Samen enthalten keine Wirkstoffe -und die Bundesregierung hat diese Änderung ohne Diskussion des Parlamentes "verordnet" -eigentlich eine Freiheit!

Zwar soll es weiterhin einen genehmigten Anbau meiner Kinder geben, allerdings soll damit nur ein Teil meiner Eigenschaften weitergegeben werden. Es ist eine Tatsache, daß ich von sehr vielen Cannabis-Liebhabern illegal angebaut werde. Nach einer Untersuchung des Bundesministeriums für Gesundheit hat bereits jeder vierte Jugendliche Erfahrungen mit dem Konsum von mir. Sollte tatsächlich ein Viertel der zukünftigen Generation kriminalisiert werden?

Diese Leute wollen Cannabis rauchen. Was sie nicht ernten können, kaufen sie auf dem Schwarzmarkt, mit all den negativen Konsequenzen: Verunreinigungen durch Streckmittel, hohe Preise und dem Angebot anderer illegaler Drogen.

Aber ich kann sie beruhigen - oder beunruhigen: Ich wachse weiterhin auch ohne behördliche Genehmigung. Nebenbei bemerkt, können weder ich noch Sie etwas gegen meine Ausbreitung in der Natur unternehmen. Mit mir bezweifeln auch viele tausend Menschen, daß es möglich sein wird, mein Wachstum und meine Nutzung zu verhindern. Wahrscheinlich müssen Sie als Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger in Deutschland sich mit der einfachen Tatsache finden, daß ich weiter wachsen und geraucht werde - egal, ob Sie oder die Bundesregierung Gesetze ändern oder nicht.

Meine Ausbreitung und mein Genuß sind damit unabhängig von der Gesetzgebung in Deutschland. Daher sollten Sie die derzeitige Politik des Betäubungsmittelgesetzes überdenken: Es hat sich als erfolglos erwiesen, Millionen von Konsumentinnen und Konsumenten zu kriminalisieren oder zu pathologisieren. Nur ein Ende der Strafverfolgung kann notwendige Veränderungen auf den Weg bringen. Damit tun Sie etwas für mich als Nutz- und Genußpflanze und für die Menschen als meine Nutzer und Liebhaber - damit auch für ihre Wählerinnen und Wähler.

Lassen sie mich auch vor dem Gesetz als frei erscheinen! Wenn Sie Leben retten wollen, schützen Sie meine Frucht! Cannabis darf nicht verboten bleiben.

Da mein Anliegen wahrscheinlich nicht bei allen von Ihnen von vornherein auf vollstes Verständnis stößt, setze ich zusätzlich zu diesem Aufruf an Sie auf die Kraft der Natur. Viele Freunde meiner Pflanze bringen in den nächsten Wochen über eine Tonne meiner Cannabis-Samen ins Grüne. Dort sollen in freier Wildbahn viele neue Pflanzen meiner Art entstehen. Ich bin sicher, daß meine Art auf diese Weise auch dieses Verbot in Deutschland überleben wird.

Sorgen auch Sie dafür, daß sowohl im Spreebogen als auch im Tulpenfeld sich die freie Natur ihren Weg bahnen kann. Setzen Sie mich aus! Sie haben dann noch im Herbst 1998 die Chance, meinen Ertrag zu testen. Denken Sie immer daran: Hanf rauchen macht harmlos.

Mit freundlichen Grüßen

Ihre Hanfpflanze
 
 

 

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