Hanfsamenverbot

 
 
Hanf auf allen Wegen

Immer frecher umgeht der Bürger das Gesetz

Der Deutsche neigt ja leider in ganz erschreckendem Maße zur Kriminalität. Als Haschischraucher zieht er gerne mal "einen durch", wie das hierzulande in den Kreisen der sieben Millionen Cannabiskonsumenten genannt wird. Die Folgen trägt nicht der Täter, sondern die Gesellschaft: Die Rechtsordnung wird untergraben, und nebenbei versickert jedes Jahr mindestens eine Milliarde Mark unversteuert in den Kassen der organisierten Kriminalität.

Ständig entdeckt das Volk neue Gesetzeslücken; die Regierung kommt mit dem Verbieten kaum hinterher. Hanf zu pflanzen zum Beispiel, auf der Fensterbank oder im Keller unter künstlichen Licht, ist strengstens untersagt. Der Handel mit den Samen hingegen war bislang erlaubt, denn sie eigenen sich auch als Vogelfutter, zur Ölgewinnung, als Rohstoff für Medizin und zum Anbau von Fasern für Papier, Seile und Kleidung.

Was aber taten die Drogenkonsumenten ? Statt, wie es sich nicht gehört, dubiosen Gestalten im Bahnhofsmilieu Haschisch zweifelhafter Qualität abzukaufen, bestellten sie ganz legal im Versandhandel Hanfsamen, Dünger und Beleuchtungsapparaturen. So weit kommt es noch: illegale Drogen genießen - aber kriminellen Umgang und unerwünschte Zusatzstoffe vermeiden wollen!

Und die Dealer ? Verlegten sich auf den Samenhandel, wurden Arbeitgeber, stellten Hilfskräfte ein, ja, zahlten Steuern.

Aber nun ist Schluß damit! Am 1. Februar tritt die Gesetztsänderung in Kraft, die den Handel mit Cannabissamen verbietet, wenn sie "nach dem Umständen zum erlaubten Anbau bestimmt" sind. Jetzt jammert die Branche: dreißig, fünfzig, achtzig Prozent  vom Umsatz weg! Mitarbeiter müsse man entlassen, die Lagerbestände: wertlos!

Bedenkenträger melden sich zu Wort und beklagen den Mangel an Rechtssicherheit. Ein gewisser Harald Körner, Oberstaatsanwalt in Frankfurt, weist darauf hin, daß man einem Hanfkorn nicht ansehen könne, "zu welchen Zwecken der Erweber es kauft und in die Erde versenkt". Überhaupt präsentiere sich das Drogenstrafrecht mittlerweile als "endlose Liste mit von Strafbestimmungen und Ausnahmeregelungen", die kein Mensch "mehr überblicken und verstehen" könne, was in Körners Fall insofern bedenklich ist, als er den Standardkommentar zum Betäubungsmittelgesetz verfaßt hat.

Schon haben kriminelle Elemente die nächste Gesetzteslücke entdeckt: Hanf zu pflücken ist noch erlaubt. Eine sogenannte "Drogenpolitische Guerilla" will die letztens Januartage dazu nutzen, um eine Tonne Cannabissamen unters Volk zu streuen.

Nicht auszudenken, was geschieht, wenn diese Saat aufgeht: Parks und Feldwege, Wiesen und Waldlichtungen bringen dann Pflanzen hervor, die vom Korn bis zur Blüte streng verboten sind.

Frank Drieschner

"Die Zeit", Ausgabe Nr. 6, 29. Januar 1998

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