Der Todesschuß des Beamten der Politischen Polizei war keine zufällige Entgleisung eines schießwütigen Psychopathen, sondern Resultat eines kalkulierten Risikos gewesen, das der Senat und die Polizeiführung eingegangen sind. Die ganze Strategie der Verdrehung, der Verbreitung von Halbwahrheiten, Vertuschungen und Lügen, die Regierung, Polizei, Justiz und Presse zusammen verfolgten, offenbarte sich. Doch die schrittweise und mühsame Wahrheitsfindung änderte nicht viel daran, daß sich dank der Agitation durch die Presse die breite Öffentlichkeit der BRD nach wie vor gegen die StudentInnenbewegung wandte. Die Hetze gipfelte in dem Anschlag des von der Presse aufgestachelten 24jährigen Anstreichers Josef Bachmann auf Rudi Dutschke am 11. April 1968.
Die schwierigen Bedingungen, unter denen die StudentInnen damals selbständig und unabhängig Politik machten und dabei die bundesdeutsche Gesellschaft auf Jahrzehnte verändern sollten, können wir heute rückblickend aus einiger Distanz beurteilen, aber kaum richtig nachvollziehen. Um so notwendiger erscheint uns heute, 30 Jahre danach, die Veröffentlichung dieser Dokumentation. Denn heute scheint es leicht, die Ereignisse des 2. Juni und der folgenden Tage herauszuheben und zu glorifizieren. Schwerer fällt hingegen die politische Analyse. Wir wollen durch diese Veröffentlichung, die zum größten Teil auf der in Genauigkeit unübertroffenen Darstellung des studentischen Ermittlungsausschusses basiert, einen Beitrag dazu leisten.
Es ist so viel über den Tod Benno Ohnesorgs und die Unruhen, die ihm folgten, geschrieben worden, daß leicht der Eindruck ensteht, dieser Moment habe entscheidend die Revolte geprägt. Der Augenblick hatte aber eine gewisse Beliebigkeit. Das Zufallsgespräch am Tresen einen Abend zuvor belegt das. Alles hätte schon Monate vorher oder nachher - oder auch gar nicht - passieren können. Schon seit Ende 1966 konnte die Brutalität der Polizeieinsätze und das Ausmaß der öffentlichen Hetze gegen die kleine kritische Minderheit der Studierenden tödlich sein. Diese Folge der heute kaum noch vorstellbaren ideologischen Schärfe des Kalten Kriegs in der "Frontstadt" Berlin und das Empfinden der Akteure auf Seiten der Polizei, der Regierung, der Presse und der Studierenden wollen wir versuchen nachzuzeichnen. Das Mißtrauen gegenüber einer Presse, die, anstatt aufzuklären, Pogromstimmung schürte, und das Mißtrauen gegenüber einer Regierung und einer Polizei, die sich gegenseitig in ihrem Fehlverhalten ermutigten und rechtfertigten, führte dazu, daß Berliner Studierende am 3. Juni 1967 in der Freien Universität einen Untersuchungsausschuß gründeten. Er sollte die staatlichen Organe zur Aufklärung des Polizeieinsatzes am 2. Juni zwingen und zugleich die Mittel öffentlicher Kontrolle an die Hand geben. Die Studierenden sammelten unermüdlich Augenzeugenberichte, Fotografien, gingen auf die Straßen, befragten Passanten und protokollierten Diskussionen, gingen in die Gerichtssäle, um die Reaktionen der Justiz zu beobachten und verfolgten die Verhandlungen des parlamentarischen Untersuchungsausschusses. 650 schriftliche Berichte, 100 Tonbandaussagen, ca. 600 Fotografien und dazugehörige Identifizierungslisten, Tonband- und Filmmaterial, Ausbildungs- und Dienstvorschriften sowie Polizeiveröffentlichungen, Einsatzbefehle, Verlaufsberichte, Verhandlungsmitschriften, Urteile und Urteilsbegründungen, Presseartikelsammlungen und Protokolle des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses sind auf diese Weise zusammengetragen worden. Der Polizeieinsatz vor der Oper konnte durch Modelle des Opernvorplatzes, durch Fotos und Filmaufnahmen und Zeugenbebachtungen genau rekonstruiert werden.
Zu oft wird der 68er-Glanz, gerade von unserer Elterngeneration, medienträchtig verherrlicht und bejubelt. Und man gedenkt gern einem Happening, das unheimlich frech, witzig, bunt, originell, sexy etc., aber offenbar kaum politisch gewesen sein soll. In den 68ern befanden sich in Wirklichkeit vor allem politische, aber unterschiedliche Gestalten wie Rudi Dutschke, Ulrike Meinhof, oder Daniel Cohn-Bendit. Mit Rudi Dutschke, mit seinen tiefgreifenden Analysen und Ideen will die heutige StudentInnengeneration nichts mehr zu tun haben. Viele wollen verdrängen, worum es der StudentInnenbewegung damals ging. Heute wissen die StudentInnen: Wer heute mit dem 68er-Mythos spazierengeht, will davon meist auf simple Art profitieren und die damaligen Ereignisse für seine eigenen Interessen gnadenlos verwerten. In diesem Sinne wollen wir den heute zumeist hochdotierten und etablierten Alt-68erInnen nicht erlauben, sich die Vergangenheit so platt zusammenzubiegen, wie es ihrer heutigen Sichtweise entsprechen mag, indem wir ihnen unsere Dokumentation entgegensetzen. Die 68er-StudentInnenbewegung ist Geschichte, sie ist Geschichte der außerparlamentarischen Opposition in der BRD, und sie ist unsere Geschichte.
Was können wir den Ereignissen aus dieser Zeit, in der "alles möglich schien", für die Gegenwart der Berliner Republik abgewinnen? Schnell können sich die Zeiten wieder ändern. Gerade vor dem Hintergrund des aktuellen offensiven rechts-konservativen Klimas, neoliberaler Globalisierung, der Massenarbeitslosigkeit, des Sozialabbaus, des verdeckten und institutionalisierten Rassismus, der Atomtransporte und neuer deutscher Träume von Bundeswehr-Kriegseinsätzen wollen wir nicht vergessen, daß die herrschenden politischen Kräfte immer die reale Möglichkeit haben, unvermittelt und mit brutaler Gewalt gegen unliebsame gesellschaftliche Gruppen vorzugehen. Das müssen nicht immer die Studierenden sein, und es müssen nicht immer Knüppel sein. "Es gibt keine Sicherheit für die Zukunft, daß wir nicht scheitern. Aber wenn die freie Gesellschaft sehr unwahrscheinlich ist, bedarf es um so größerer Anstrengungen, die historische Möglichkeit zu verwirklichen, ohne die Sicherheit zu haben, daß es wirklich gelingen wird. Es hängt vom Willen der Menschen ab, daß sie es schaffen und wenn wir es nicht schaffen, dann haben wir eine historische Periode verloren", sagte Rudi Dutschke damals. Heute gilt es, genau so zu denken, gerade weil die Verhältnisse in Deutschland nach fast 15 Jahren Kohl-Ära, der längsten Kanzlerschaft der BRD, versteinerter denn je erscheinen und der reaktionäre Wind den politisch und emanzipatorisch denkenden Menschen so scharf ins Gesicht bläst.
Die Konflikte um Studienreform und Zwangsexmatrikulation verlagerten sich 1966 von der Universität in die Stadt, vom Diskutieren ins Demonstrieren. Der Rektor antwortete auf die Anliegen der Studierenden mit Disziplinarverfahren und drohte mit Relegationen. Neue Methoden der Regelüberschreitung wurden daraufhin von den Studierenden erprobt, aber auch verworfen: "Zu schweren Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten kam es am Wochenende bei einer Demonstration von 2000 Studenten und Jugendlichen gegen den Vietnam-Krieg in West-Berlin. Als die Demonstranten von dem ihnen vorgeschriebenen Marschweg abwichen, schlugen Polizisten wahllos mit Gumminknüppeln auf sie ein, beschlagnahmten Plakate und zerrissen einige an Ort und Stelle. 74 Jugendliche wurden von der Polizei festgenommen und 55 Plakate beschlagnahmt." (Frankfurter Rundschau, 12.12.66) "Später veranstalteten jugendliche Demonstranten auf dem Kurfürstendamm eine Art 'weihnachtspolitisches Happening'. Sie errichteten einen Weihnachtsbaum, der die amerikanische Fahne und das Transparent 'Spießer aller Länder, vereinigt euch' trug. Pappmache-Köpfe von Ulbricht und Johnson wurden mit benzingetränkten Strohhüten verziert und angezündet. Dazu erklangen Weihnachtslieder... Zu den Vorfällen bei der Demonstration erklärte ein Sprecher des Senats: 'Berlin verurteilt das Treiben der politischen Rowdies, die sich Studenten nennen. Die Berliner sind sicher, daß sich auch die Mehrzahl der Studenten von den Rowdies distanziert. Im übrigen handelt es sich dabei um eine verschwindende Minderheit.'" (Der Tagesspiegel, 11.12.66)
Die Taktik, Demonstrationen als Spaziergänge durchzuführen, erfanden die Studierenden als Antwort auf die Prügelei der Polizei am 10. Dezember. Aktionen mußten unangreifbar für die Polizei werden. DIe Studierenden entwarfen für ihre Aktionen ein Flugblatt: "... Aus Protest gegen die brutalen Schläger dieser Demokratie gehen wir auf die Straße. Um uns nicht zusammenschlagen zu lassen, um nicht die hilflosen Opfer der Aggressivität junger Leute in Polizeiuniform zu sein, demonstrieren wir nicht in der alten Form, sondern in Gruppen als Spaziergänger; wir treffen uns vorher an bestimmten Punkten, um uns beim Nahen der Freunde von der Polizei zu zerstreuen... Diese Spa-Pro-Taktik will die versteinerte Legalität lächerlich machen, will das Irrationale der rationellen Ordnung bloßlegen, will durch Spaß zeigen, daß die Vor- und Leitbilder dieser Gesellschaft Narren sind. Wir spazieren für die Polizei! Wir fordern für sie die 35-Stunden-Woche, damit sie mehr Zeit zum Lesen haben, mehr Muße für die Bräute und Ehefrauen, um im Liebesspiel die Aggressionen zu verlieren, mehr Zeit zum Diskutieren, um den alten Passanten die Demokratie zu erklären. Wir fordern eine moderne Ausrüstung für die Polizei: Statt des Gummiknüppels eine weiße Büchse, in der sich Bonbons für weinende Kinder befinden und Verhütungsmittel für Teenager, die sich lieben wollen, und Pornographie für geile Opas. Wir fordern eine Gehaltserhöhung: Das Gehalt muß größer sein als der Sold der Springer-Schreiber, denn die Polizei ist die letzte Stütze der Demokratie, denn eines Tages wird sie als bewußte Opposition der 'Großen Koalition' in den Bundestag einziehen müssen. Ausschuß 'Rettet die Polizei e.V.'" Die Berliner Bevölkerung wurde durch die Bild-Zeitung auf leibhaftige Bürgerschrecks vorbereitet: "STUDENTEN WOLLEN WIEDER KRAWALL!" 14 Einsatzleiter und 205 Beamte versuchen stundenlang, auf dem Ku'damm mitten in der Vorweihnachtszeit Demonstranten zu fangen, die blitzschnell auftauchen, Flugblätter verteilen und wieder verschwinden. Das Spiel macht mürbe und aggressiv, die Polizei dreht durch, bildet Ketten und nimmt 74 Menschen fest, die meisten sind Weihnachtseinkäufer, Ku'dammbummler, Touristen und zwei Journalisten.
Am nächsten Tag rückt die Bild-Zeitung wieder alles gerade: "FREIFAHRT IN GRÜNER MINNA FÜR 86 KRAWALLSTUDENTEN! VON DER STIRNE HEISS/FLOSS DER POLIZISTEN SCHWEISS." Die Berliner Polizei und mit ihr die Frontstadtpresse konnten es nicht ertragen, von den studentischen Aktionen an der Nase herumgeführt zu werden. Beim Versuch, sich mit taktischen Methoden dem Gegner anzupassen, der sich den Polizeiknüppeln nicht offen stellen wollte, mußte die Polizei auf Greiftrupps ziviler Häscher zurückgreifen. Am Jahresende 1966 kündigte der neue Regierende Bürgermeister Albertz an, er wolle aktiv zur Schlichtung der Unruhe an der Freien Universität eingreifen. In seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Kuratoriums der FU setzte er kurz darauf die Sperrung der im Haushaltsplan vorgesehen Mittel für die Studentenschaft durch. Am 26. Januar 1967 ließ die Staatsanwaltschaft das Büro des Landesverbandes Berlin des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS) durchsuchen und beschlagnahmte die Mitgliederkartei. Grund: Vier ehemalige Rektoren empfanden sich als Adressaten des Flugblatt-Schlagworts von den "professoralen Fachidioten". 113 Professoren, Dozenten und Assistenten forderten die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Überprüfung der Vorgänge bei der Durchsuchung der SDS-Räume und des Vorgehens der Polizei gegen Demonstranten. Der SDS beschäftigte den Bundestag. Auf eine Anfrage des CDU-Abgeordneten Pohle, der nach dem "kommunistischen Einschlag" im SDS fragte, antwortete der Innenstaatssekretär Professor Werner Ernst: "Der Bundesregierung ist bekannt, daß im Sozialistischen Deutschen Studentenbund prokommunistische Kräfte in letzter Zeit stark an Einfluß gewonnen haben." (Das Parlament, 8.2.67) Das Verhältnis zwischen Polizei und Studierenden wurde längst zum Maßstab für den inneren Zustand West-Berlins. Senatsrat Prill betonte auf einer Podiumsdiskussion seine auf "wilde Demonstranten" gemünzte Äußerung: "Die sollen nur kommen, dann kriegen sie eins mit dem Knüppel auf den Kopf, das ist dann ein gutes Übungsfeld für unsere Polizeibeamten." (Die Welt, 2.2.67)
Am 5. Februar protestierten über 2000 Studenten gegen den Vietnam-Krieg und gegen die Verhaftung von fünf Plakatklebern des SDS, die in der Stadt etwa 50 Plakate mit der Überschrift "Erhard und die Bonner Parteien unterstützen Mord" geklebt hatten. Vom Kurfürstendamm zogen sie zum Amerikahaus beim Bahnhof Zoo, wo es erstmals in der deutschen Geschichte zu einem Sitzstreik, einem "Sit-In" kam. Das war neu: Wer einfach so dasitzt, bedroht niemanden. Gewaltfreier Widerstand. Auf den Protestschildern stand zu lesen: Raus aus dem Gefängnis mit den Berliner Studenten - Verhandlungen mit der FNL!- Frieden statt Diplomatenlügen - Wo bleiben freie Wahlen für Vietnam? - Statt US-Weltgendarm - Freiheit und Selbstbestimmung für Vietnam - Solidarität mit Kriegsgegnern in den USA! Die Antwort der Polizei lautete rabiater Knüppeleinsatz. Im Getümmel und Geprügel gelang es einigen Studierenden noch, die Fahne der Vereinigten Staaten herunterzuholen und einige Eier gegen die Fassade zu werfen.
Das öffentliche Echo am nächsten Tag: "DIE NARREN VON WEST-BERLIN!" (Berliner Morgenpost, 6.2.67) und am übernächsten Tag: "BESCHÄMEND! UNDENKBAR! KURZSICHTIG!" (Bild-Zeitung, 7.2.67), "INSPEKTOR SAGT: EINE SCHANDE FÜR UNSER BERLIN!" (BZ, 7.2.67) Am 6. April besuchte der Vizepräsident der USA, Humphrey, West-Berlin. Dazu berichtete die Berliner Morgenpost: "In einer Blitzaktion nahm die Politische Polizei gestern abend in Berlin elf Rädelsführer fest, die für heute einen Anschlag gegen US-Vizepräsident Humphrey geplant hatten. Den Verschwörern wird Verabredung zum Mord oder zu schwerer Körperverletzung vorgeworfen. Die Polizei überraschte mehrere kommunistisch orientierte Westberliner Studenten beim Abwiegen von Sprengstoff in behelfsmäßige kleine Granathülsen und beim Einfüllen einer ätzenden Säure in Plastikbeutel... Die kleine Gruppe der Westberliner Anhänger des rotchinesischen Parteichefs Mao Tse-Tung verkehrt regelmäßig in der Pekinger Botschaft im Sowjetsektor." Am Morgen nach Humphreys Besuch wurden die angeblichen Verschwörer wieder freigelassen. Bei ihrem "Anschlag" hatten sie Rauchkerzen, Farbe und Pudding werfen wollen. Die Berliner Polizei und die Presse war in der Weltöffentlichkeit blamiert.
Als die Studierenden sich am 19. April gegen die repressiven Maßnahmen von Senat und Rektor mit einer Sitzdemonstration in der FU zur Wehr setzten, hielt sich die Polizei zurück. Rektor Lieber sprach von "faschistischen Methoden", mit denen die Studierenden protestieren würden. Die Bild-Zeitung schrieb am 27. April über die "RANDALIERER" an der "RADAU-UNIVERSITÄT": "DAS FASS IST JETZT VOLL!" und zitierte den Pressereferenten des Rektors: "JETZT WIRD AUFGERÄUMT!"
Zu einer ersten Demonstration kam es am Abend des 1. Juni, als im Anschluß an eine Informationsveranstaltung zur Situation in Persien Studierende vor die Westberliner Militärmission der CSSR zogen, um gegen die freundliche Aufnahme des Schahs in Prag zu demonstrieren. Schon in der Nacht vom 30. zum 31. Mai hatten SDS-Mitglieder und der "Conföderation Iranischer Studenten" (CIS) überall in Berlin Plakate geklebt, die einen Steckbrief des Schahs mit der Überschrift "Mord" enthielt. Der "Neue" Am Abend des 1. Juni 1967 tauchte im Jugendclub "Ca Ira" in der Münsterschen Straße in Berlin ein neuer Besucher auf, den niemand der Jugendlichen dort kannte. Der Besucher war ein Student, der erst vor kurzem von Westdeutschland nach West-Berlin umgesiedelt war. Die Jugendlichen, die mit ihm an der Theke ein Bier tranken, spürten seine Unerfahrenheit in den Berliner Verhältnissen und kamen mit ihm darüber in eine erregte Unterhaltung. Sie lachten ab und zu etwas höhnisch, wenn der Neue ihre Erzählung über die Zustände in Berlin und besonders das brutale Vorgehen der Polizei auf den Demonstrationen der vergangenen Monate rundheraus in einem Brustton der Überzeugung als überspitzt, ja hysterisch abtat. Nein, so ist es ja wohl wirklich nicht, sagte er. Doch, widersprachen sie ihm, genauso ist es, daß die Knüppel schon seit letztem Jahr immer locker sitzen, das haben wir schon fast alle auf unseren Rücken und Köpfen zu spüren gekriegt. Und wenn er ihnen nicht glaube, bitte schön, morgen habe er Gelegenheit, sich selbst davon zu überzeugen. Wieso morgen? - Weil morgen seine Majestät, der Folterkaiser Schah Reza Pahlevi, mit seiner Illustriertenpuppe und Ersatzsoraya persönlich nach Berlin kommt. Über 5000 Polizisten stehen zu seinem Schutz bereit. Mit drohendem Unterton schreiben die Zeitungen, die Situation ist polizeilich völlig im Griff. Da wird es wieder rund gehen vor dem Schöneberger Rathaus, oder abends, an der Strecke vor der Stadt. "Gut", sagte der Neue, "das werde ich mir morgen mit eigenen Augen ansehen. Schließlich ist so eine Demonstration ja rechtmäßig. Was soll da schon passieren?"
Ein Berliner Journalist berichtet über die Stimmung der Verantwortlichen: "Am Mittag des 2. Juni, kurz vor Eintreffen des Schahs am Rathaus Schöneberg, unterhielt sich der Leiter des Presse- und Informationsamtes des Senats, Peter Herz, mit Journalisten, die dort auf der Freitreppe die Ankunft der Autokolonne erwarteten. Herz befand sich angesichts der Demonstranten in einer offenkundig gereizten Stimmung. Auf Frotzeleien von Journalisten, wie er sich wohl am heutigen 'Tag der deutschen Illustrierten' in Berlin fühle, reagierte er mit der wütenden Bemerkung: 'Na heute können diese Burschen sich ja auf etwas gefaßt machen, heute gibt es Dresche!'"
Gegen 14.30 Uhr fanden sich die Majestäten im Schöneberger Rathaus ein, um von dort aus der Berliner Bevölkerung zuzulächeln. Auf dem Platz vor dem Rathaus hatten sich etwa 3000 Studenten zu einer Demonstration versammelt, zurückgehalten von rot-weiß-gestreiften Eisengittern. Walter Siepmann, CDU-Mitglied und Mitglied des Rates der Stadt Schwelm, berichtet: "Ich stand unmittelbar hinter der Absperrung und war zunächst erstaunt, daß kurz vor der Ankunft des Gastes zwei Autobusse vor dem Rathaus vorfuhren, denen Demonstranten mit schahfreundlichen Plakaten und Fähnchen entstiegen. Auf die Sprechchöre junger Berliner antworteten diese Leute vor der Absperrung mit Hochrufen auf den Schah. Plötzlich sah ich zu meinem Schrecken, daß einer der Schahanhänger mit einem Totschläger, einer Stahlspirale mit Bleikugel, auf einen jungen Mann eindrang, der neben mir stand und lediglich gerufen hat. Ich stellte mich vor den Bedrohten, vermutlich ein oppositioneller Perser, und rief dem Angreifer zu: 'Tun Sie das Ding weg, hier wird nicht geschlagen!' Daraufhin kamen noch weitere Schläger, die mit Holzlatten auf uns losschlagen wollten. Ich wäre verletzt worden, wenn nicht andere Zuschauer mich zu meinem Schutze zu Boden gerissen hätten... Die Angreifer schlugen so heftig zu, daß ihre Latten teilweise auf der Barriere zersplitterten. Sie versuchten sogar, einen jungen Mann über die Absperrung zu zerren, vermutlich ein Student, roter Pullover, was ihnen nicht gelang, da wir ihn zu mehreren festhielten. Zu meinem Erstaunen schaute die Polizei, die hinter uns Aufstellung genommen hatte, diesen Angriffen gegen Unbewaffnete minutenlang tatenlos zu." Die Schah-Anhänger, überwiegend Agenten des iranischen Geheimdienstes Savak, waren mit langen Holzlatten ausgerüstet. Kaum regten sich aus der Menge der Demonstranten Protestchöre, "Schah, Mörder", "Mo-Mo-Mossadegh", die an vom Schah gestürzten Regierungschef erinnern sollten, kaum flogen ein paar Farbbeutel, zu kurz geworfen, um den Schah zu treffen, da schlugen die "Jubelperser" zu. Mit ihren Holzknüppeln prügelten sie wahllos und hemmungslos auf die Demonstranten ein. Blut floß, Studenten gingen zu Boden. Und die deutsche Polizei sah teilnahmslos zu, machte keine Anstalten, die Knüppelei zu beenden. Erst nach mehreren Minuten griff die Polizei ein - auf der Seite der Perser. Berittene Polizei wollte die "Schlägerei schlichten". Sie tat dies, indem sie mit ihren Peitschen auf die Demonstranten einschlug, auch auf die, die hinter der Absperrung standen. Einige der Demonstranten, die durch das Handgemenge mit den Schahfreunden vor die Barrieren geraten waren, wurden verhaftet. Die persischen Schläger wurden weder festgenommen, noch wurden ihre Personalien festgestellt. Als der Schah in Sicht kam, jubelten sie erneut. Das Rote Kreuz schenkte Tee an sie aus.
Plötzlich fuhren Krankenwagen des Roten Kreuzes auf, vierzehn insgesamt, mit einer "Sondergenehmigung für den 2. und 3. Juni". Die Polizeibeamten, die sich in einer Reihe vor den Demonstranten aufgebaut hatten, zogen die Knüppel. Einige Schaulustige versuchten, über die Absperrgitter zu entkommen, wurden aber zurückgehalten. Der Student Reinhard H. berichtet: "Nachdem der Schah das Opernhaus betreten hatte, wandte sich der mir bekannte und neben mir stehende Student Peter H. an einen vor uns in der Kette stehenden Polizeibeamten und fragte ihn, ob wir die Absperrung verlassen dürften. Der Polizeibeamte antwortete mit nein. Auf eine weitere Frage, warum wir bleiben müßten, antwortete der Polizeibeamte sinngemäß: 'Das wirst du gleich noch sehen.'" Der Zeuge Bernd Wittchen: "Ich sah, wie ein Polizeibeamter eine Rauchbombe in die dichtgedrängte Menge hinter die Absperrung warf. Da sie dicht vor mir niederfiel und die Rauchentwicklung so stark war, daß mehrere Personen zu husten anfingen, versuchte ich, sie zunächst auszutreten. Als mir das nicht gelang, warf ich sie ungezielt auf die Straße zurück. Ein Polizist löste sich aus der Gruppe und rannte über die Fahrbahn auf mich zu. Er sprang über die Absperrung und zog mich, unterstützt durch seine Kollegen, über das Gitter auf die Straße. Ich leistete dabei keinen Widerstand und versuchte nicht zu entkommen. Etwa sechs Meter hinter der Absperrung wurde ich zu Boden gerissen und bis auf die andere Straßenseite geschleift, wobei man mit Gummiknüppeln und Fäusten auf mich einschlug." Im Gegensatz zu den Demonstranten hatten die Polizisten recht klare Vorstellungen von dem, was jetzt kommen sollte. Die Journalistin Monika Nellissen berichtet: "Neben mir auf dem Mittelstreifen formierte sich in der Zeit eine Kette von Polizisten... Ein Mann stand neben mir und fragte die Polizisten: 'Warum schlagt ihr denn nicht einfach rein, ihr seht doch, was hier passiert.' Und da sagte ein Polizist: 'Wir warten ja nur auf das Kommando.'"
Erst um 20.05 Uhr forderte der Lautsprecherwagen B 53 die Demonstranten auf, den südlichen Gehweg der Bismarckstraße zu räumen, da sie sonst in den "Bereich polizeilicher Maßnahmen" kämen. Die Zeitangabe im Merkbuch des Lautsprecherwagens wurde, so stellte sich später heraus, nachträglich in Schönschrift in die Zeitliste eingefügt. Oberkommissar Burck, der den ersten Keil führte, bezeichnete die Sitzdemonstranten als den "harten Kern". Die Polizisten kamen mit gezogenem Knüppel über die Straße und drangen auf der ganzen Front des "harten Kerns" über die Gitter. Es wurde 20.07 Uhr. 52 Meter von der Krummen Straße entfernt stieß ein Keil bis zum Bauzaun vor. Der "harte Kern" war eingekesselt. Es setzte die brutalste Knüppelei ein, die man bisher im Nachkriegs-Berlin erlebt hatte. Der "harte Kern" wurde von 80 Polizisten gegen den Bauzaun gedrückt und zusammengeschlagen. Oberkommissar Burck nannte das später so: "Es war also unsere Aufgabe, von Anfang an, diesen langen Schlauch, der dort ja vorhanden war, abzukämmen." Blutüberströmt brachen viele Demonstranten zusammen. Eine junge Hausfrau schlug unter den Hieben lang auf die Straße, wurde von Polizisten aus dem Getümmel getragen und fand ihr Foto am nächsten Tag in der Zeitung wieder, versehen mit der Unterzeile, tapfere Polizisten hätten sie aus dem Steinhagel "entmenschter" Demonstranten gerettet. Die Krankenwagen füllten sich in wenigen Minuten. Demonstranten rannten in panischer Angst davon - soweit sie von der Polizei nicht daran gehindert wurden.
Im Dunkel der Nacht konnten die Studenten kaum noch ausmachen, wer Polizist, wer Zivilbeamter und wer Schah-Agent war. Einer der Nichtuniformierten war der 39 Jahre alte Kriminalobermeister Karl-Heinz Kurras aus der Abteilung 1, Politische Polizei. Zusammen mit seinen Kollegen bildete er einen Greiftrupp. Gegen 20.30 Uhr hielten sich die Beamten in der Nähe des Grundstücks Krumme Straße 66/67 auf. Auf der einen Seite stand eine Kette von Polizisten, ihnen gegenüber ein letzter Pulk von Demonstranten. Sie riefen "Mörder" und "Notstandsübung". Steine flogen in Richtung der Polizisten. Jörg R. berichtet: "Die Sperrkette der Polizei stand am Abschluß des Hauses, ich selbst zwischen dieser und der vorderen Reihe Demonstranten, und zwar auf der Straße. Es lösten sich aus einer Gruppe von Kriminalbeamten, die auf der Straße stand, mindestens zwei Mann und gingen schnellen Schrittes auf den östlichen Bürgersteig. Die dort stehenden Demonstranten wichen zu Seite, der, auf den man es abgesehen hatte (Hartmut R.) wohl nach hinten zurück in die Menge. So stießen die Kriminalbeamten mitten in die Menge in Richtung auf das Freigeschoß, vielleicht weil dort noch ein freier Raum war, in den die Demonstranten zurückweichen konnten." Einige Demonstranten drängten hinter den beiden Beamten der Politischen Polizei in den Garagenhof, zum Teil wohl, um Hartmut R. zu Hilfe zu kommen, zum Teil aus Neugier, zum Teil, um vor den vorrückenden Wasserwerfern Schutz zu finden. Für die Beamten auf der Straße ist klar: Ihre Kollegen sind in einen Hinterhalt geraten.
Die Zeugin Erika S. berichtet: "Neben mir sagte ein Polizist in der Absperrkette: 'Jungs, da werden unsere Kollegen umgebracht.' Daraufhin sprangen ca. zehn bis zwölf Beamten teils über die Brüstung, teils liefen sie durch die Einfahrt." Im Hof entstand eine panikartige Situation. Die Beamten stürmten mit erhobenen Knüppeln den Hof, alle Demonstranten versuchten herauszukommen. Als sie aus dem Gewölbe hervorkamen, erwartete sie bereits der Wasserwerfer. Keiner der flüchtenden Demonstranten konnte sich vorstellen, daß die Polizei in dieser Situation von der Schußwaffe Gebrauch machen würde. Einigen Demonstranten gelang es nicht mehr, den Hof zu verlassen, da die Polizisten ihnen den Weg abschnitten. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wurde den Beamten klar, daß es keinen "Hinterhalt" gab. Diejenigen, die den Parkhof nicht mehr verlassen konnten, wurden zusammengeschlagen. Die Demonstranten saßen in der Falle. Götz F. erlitt eine stark blutende Platzwunde am Kopf und wurde von zwei Polizisten solange verprügelt, bis ein Polizeioffizier von der Straßenseite sagte: "Nun hört doch endlich auf." Er wurde ins Krankenhaus gefahren. Hans-Ulrich L. erlitt eine Gehirnerschütterung und wurde in das Krankenhaus Jungfernheide gebracht. Jutta B. wurde im Krankenhaus Moabit trotz schwerer Verletzungen zunächst abgewiesen, weil sie aus Angst vor der Polizei ihren Namen nicht nennen wollte. Sie lag 12 Tage lag im Albrecht-Achilles-Krankenhaus mit einer Gehirnerschütterung, einer Nierenprellung, einer Kopfplatzwunde sowie Prellungen und Blutergüssen am Körper.
In diesem Augenblick war auch Karl-Heinz Kurras von hinten zur Stelle, in der Hand eine entsicherte Pistole vom Kaliber 7,65 Millimeter. Die Mündung war kaum einen halben Meter vom Kopf des Demonstranten entfernt, so erschien es jedenfalls den Augenzeugen. Plötzlich schoß er. Die Kugel traf über dem rechten Ohr, drang in das Gehirn und zertrümmerte die Schädeldecke. Erika S. weiter: "Ich lief zu dem am Boden liegenden jungen Mann und bückte mich links von ihm zu ihm herunter. Als ich zu den Beamten hochblickte, sah ich, daß sie immer noch ihre Schlagstöcke in der Hand hatten und bat sie leise: 'Nicht schlagen, bitte holen sie die Ambulanz.' Der Polizist, der links neben dem Mann im roten Hemd gestanden hatte, bewegte sich langsam in Richtung Straße... Ich suchte nach einer Wunde und sah, daß eine Platzwunde bis zum rechten Ohr vorhanden war, aus dem Ohr kam Blut. Ich fühlte seinen Puls, er ging schwach, ich öffnete ein Auge und sah keine Pupille. Daraus schloß ich 'Schädelbruch'. Seine Lippen bewegten sich und ich nahm an, er wolle etwas sagen. Ich beugte mich herunter, konnte aber nur ein Röcheln vernehmen..." Benno Ohnesorg wurde in das städtische Krankenhaus Moabit gebracht, die Wunde zugenäht und als Todesursache zunächst Schädelbruch diagnostiziert. Der Versuch der Stadtregierung, den Schah-Protest polizeilich-militärisch zu lösen, hatte ein Menschenleben gefordert.
Die Polizei versuchte mit Mannschaftswagen in schneller Fahrt, von der Seite in die größere Menschenmenge, die offensichtlich in panischer Flucht war, ohne ersichtlichen Grund einzuschlagen. Die Demonstranten wurden vereinzelt und in die Nebenstraßen des Ku'damms geprügelt. Michael G. berichtet aus der Joachimsthaler Straße: "... plötzlich (stürzte) eine Truppe von 10-20 Polizisten auf die in den hinteren Reihen stehenden Demonstranten, trennte ca. 10-20 Personen ab und jagte sie die Joachimsthaler Straße entlang... Die Jugendlichen rannten wie um ihr Leben... Ich lief der marschierenden Truppe hinterher und bat einen... Polizeibeamten höflich um seine Karte. Er griff zum Gummiknüppel und antwortete: 'Komm her, du Studentenschwein, du kannst noch eins in die Fresse haben, wenn du noch nicht genug hast.'" Die Polizei leistete ganze Arbeit. Als der Schah um 23.30 Uhr das Hilton-Hotel erreicht, wird er von 50 bis 60 Demonstranten empfangen. Das ist der Rest von den rund 3000 Demonstranten zu Beginn des Abends. Mit ihnen haben die Beamten keine große Mühe mehr.
"Was vor der Deutschen Oper passiert ist, war offener Aufstand, Aufruhr, Rebellion gegen jede Ordnung und Sicherheit." (an AStA FU, 6.6.67) "Demonstrationen sollte es nur dann geben, wenn alle zusammen es wollen." (an AStA FU, 8.6.67) "Darum fordern wir: Schluß mit den vielen Demonstrationen, soweit die Demonstrationen nicht von der ganzen Bevölkerung getragen werden..." (an AStA FU, 20.6.67) "Wollt ihr schon protestieren, dann tuts doch stumm!" (RIAS-Rückblende Nr. 152) "Was jetzt jetzt not tut in Berlin, ist nicht, daß der Senat Demonstrationen verbietet, sondern daß sich studentische Demonstrationen für eine Weile von selbst verbieten... So lange, bis die jungen Leute begriffen haben, daß politische Demonstrationen das dümmste und vergeblichste Mittel politischer Betätigung sind." (FAZ, 5.6.67) "Es wäre an der Zeit, daß sich mal die Mehrzahl der arbeitenden Bevölkerung aufraffen würde, um gegen die randalierenden Studenten vorzugehen. Dann wollen wir mal sehen, wer den kürzeren zieht..." (an ESG FU) "Bei meinen Kollegen und Verwandten liegen ab sofort Hundepeitschen und Weichmacher bereit. Sollte sich ein Rowdy von Ihrer Sorte nochmals an unsere Tür wagen, dann machen wir Mus aus Euch Mistbande. Die Polizei war nämlich viel zu anständig zu Euch. Wir hätten gleich mit der MG dazwischen gehalten, damit Euch Halunken ein für allemal die Lust am Radau vergangen wär, denn Euer Platz ist die Schulbank. WIr gehen ohne Waffe nicht mehr aus." (an AStA FU, 13.6.67) "Mir graust, wenn ich daran denke, daß dieser Pöbel später mal die Führerschicht in unserem Vaterlande stellen soll. Die Polizei ist noch viel zu human vorgegangen... Unsere Regierung soll sich begraben lassen. Hier fehlt ein Innenminister wie Hermann Göring, der mit den Ganoven aus dem Scheunenviertel damals spielend fertig wurde." (an AStA FU, 14.6.67) "Zusammenschlagen und dann für ein Jahr in ein Arbeitslager. Hoffentlich werden sich unsere zu humanen Behörden recht bald einmal dazu entschließen. Dann wird es in Deutschland auch wieder besser." (an AStA FU, 8.6.67) "Ungeziefer muß man mit Benzin begießen und anzünden! Tod der roten Studentenpest! Die rote Studentenpest soll doch rübergehen! Da können sie randalieren, protestieren, demonstrieren mit ihren roten Gesinnungslumpen zusammen. Wir wollen sie nicht sehen, sondern rauswerfen! Am besten in die Spree reinwerfen. Ersäufen!" (an ESG FU) "Euthanasie für studentische politische selbstmörderische Idioten gibt es ja nicht bei uns!" (an AStA FU, 5.6.67) "Nur ein Student erschossen, das ist viel zu wenig. Durch den Ofen jagen, das ganze Pack!" (Ermittlungsausschußbericht) "Wir hatten schon einmal in diesem Jahrhundert in Berlin derartige Krawalle, auch damals waren Studenten dabei, sie nannten sich seiner Zeit 'SA'. Auch sie hatten ihren Ohnesorg, nur hieß er damals 'Horst Wessel', und auch von ihm war nicht viel Gutes zu berichten." (an AStA FU, 6.6.67) "Am Fernseher haben wir uns dieser radikalen und möglicherweise von Kommunisten gelenkten Brüller geschämt. Sie wirkten genau wie die HJ-Jungens, die seinerzeit die jüdischen Geschäfte einschlugen und plünderten." (an AStA FU, 8.6.67) "Wer aber ist im Dritten Reich für die vielen Todesurteile verantwortlich und für die Versuche an Juden? Das waren alles ehemalige Studenten." (an ESG FU) "Als die Juden hier im eigenen Land vergast wurden, da waren die Studenten still. Jetzt, wo es weit weg ist, verletzt ihr die eigenen Bürger." (an AStA KiHo und ESG) "Ihr kämpft an falscher Front. Auf nach Israel! Da könnt Ihr für die Menschenwürde Deutschlands etwas tun." (an AStA FU, 8.6.67) "Zeigt was Ihr könnt an der Mauer! Wenn die Grepos Euch wie Hasen abschießen, habt Ihr, was Ihr braucht, und wir haben wieder Achtung vor Euch. Aber Ihr tut ja nicht einmal was für Israel." (an AStA FU, 8.6.67) "Wer aktiv für Gerechtigkeit und Freiheit eintreten will, in Israel bietet sich eine echte Bewährungschance. Es ist mir nicht bekannt, daß sich jemand von der FU freiwillig gemeldet hätte." (an AStA FU, 5.6.67) "Besonders 'lehrreich' war Ihre Bemerkung, daß Sie auf die Zeit nach 1933 hinweisen, die nach Ihrer Meinung entstanden ist, weil man sich nicht genügend durch Demonstrationen dagegen gewehrt hat. Wir Älteren haben leider erlebt, daß die Zustände erst dadurch so auf die Spitze getrieben wurden, weil die Linksradikalen ständig randaliert haben. Das ging schon nach dem Zusammenbruch 1918 damit los und nahm kein Ende, sodaß sich eine ruhige Entwicklung überhaupt nur schwer anbahnen konnte... Schuld an der Entwicklung hat aber auch der schwache Senat, der immer nur beschwichtigt und nicht durchgreift, weil wir an der Spitze eben keinen Mann sondern einen Pfeifenheini haben. Aber hier brauchen wir einen, der die Energie eines Adolf Hitler mitbringen muß, um sich durchsetzen zu können. Nun werden sie sagen - aha, der Schreiber ist ein Rechtsradikaler oder ein alter Nazi. Ganz das Gegenteil ist der Fall, denn der Schreiber ist einer der wenigen, die sich nicht von den Nazis einfangen ließen und dafür auch zweimal gratis zur Prinz-Albrecht-Str. gefahren wurde." (an AStA FU, 8.6.67) "Kommunisten und Studenten, ist ja doch alles eines." "Wenn ich das schon höre - AStA der FU - wird doch alles von den Kommunisten gelenkt." (Ermittlungsausschußbericht) "Bevor die Universität nicht von den Kommunisten gesäubert ist, gibt es keine Ruhe und Sicherheit in dieser Stadt." (an AStA FU) "Sie leben in einer Demokratie und denken kommunistisch... Und wenn Professoren sie dazu angehalten haben, dann seien sie nicht feige und geben diese mit Namen und Anschrift allen Berliner Bürgern bekannt." (an AStA FU) "Mit dem Maschinengewehr sollte man sie alle umlegen. Einen nach dem anderen. Anders wird man mit Kommunisten und Sozis nicht fertig. Ich habe Weimar erlebt. Die Freikorps haben es richtig gemacht." (Ermittlungsausschußbericht, 25.7.67) "Wenn wir Ulbricht vielleicht auch nicht kriegen, euch kriegen wir aber!" (Ermittlungsausschußbericht) "Kommunistenhure! ich komme gerade von der Schicht und Du Schwein hast nichts anderes vor, als Eure Flugblätter zu verteilen. Wenn ich schon 'Studenten' höre, sehe ich rot und alle ehrlichen Arbeiter auch. Hau bloß ab!" (Ermittlungsausschußbericht) "Jeder Student kostet den Steuerzahler 2000-3000 DM. Für unser Geld wollen wir aber auch etwas sehen! Nicht z.B. wollen wir es haben, daß, während andere für sie arbeiten, Sie Umzüge veranstalten oder 'diskutieren'. Wann arbeiten Sie und Ihre Lehrer eigentlich? Gehören Flugblätter drucken und Versammlungen in der Fordhalle auch zum Studium? Mein Sohn, der auch ein Gymnasium besucht, fragt uns immer, wo Sie nur die viele Freizeit hernehmen?... Nur unser Geld und die Freiheit, das gefällt ihnen." (an AStA FU, 14.6.67) "Ich bin Arbeiter. Auf Grund dessen trage ich dazu bei, daß sie studieren können! Bitte tun Sie das! Aber weiter auch nichts... Wie soll die Demokratie aussehen, wenn Sie dank Ihres Studiums in leitenden Stellungen der Regierung sitzen? Dann müssen wir als Arbeiter immer noch bezahlen! Uns bleibt dann nichts weiter als zu sagen - immer dieselben!" (an AStA FU, 7.6.67) "Wir können auch nicht demonstrieren, weil wir arbeiten müssen. Wir schämen uns für diese Studenten, die scheinbar nichts im Sinn haben als Saufen, Weiber und Demonstrationen." (an AStA FU, 8.6.67) "Wir wollen Ruhe und Ordnung in Berlin, das immer noch von den Kommunisten belagert wird. Ulbricht wartet ja nur, daß hier was passiert. Die Studenten gehen dann nach Westdeutschland zurück, und wir müssen ausbaden, was diese Provokateure angerichtet haben." (an AStA FU, 12.6.67) "Ich bin Arbeiter, aber niemals Kommunist. Deutschland war immer ein anständiges und ruhiges Land. Bis 1945 gab es auch Studenten, aber man hat niemals von einem Studentenaufruhr gehört." (an AStA FU, 6.6.67) "Wir Bürger wollen Ruhe und Ordnung haben, die uns nur die Polizei und der Senat garantieren können." (an AStA FU, 13.6.67) "Die öffentlichen Steuergelder in Form von Stipendien und Zuschüssen sowie Vergünstigungen aller Art werden heute den Studenten großzügig zur Verfügung gestellt, damit sie sich nicht nur ein Wissen für ihre zukünftige Existenz erwerben, sondern auch zu verantwortungsbewußten Mitbürgern mit Pflicht-, Ehr-, und Anstandsgefühl herausgebildet werden sollen, kurz, daß aus geltungsbedürftigen Triebmenschen 'der Mensch' werde, der die Ordnung als alleinige Schöpferin und Bewahrerin aller Werte erkennt und anerkennt... Ein altes Sprichwort sagt: Wessen Brot ich esse, dessen Lied ich singe. Es zeugt also auch nicht von einem noblen Charakter, wenn man mit einer Hand einkassiert und mit der anderen gleichzeitig auf den Spender einprügelt oder die kostbare Lernzeit mit Dingen vergeudet, die dem Studium keineswegs förderlich sind..." (an AStA FU, 5.6.67) "Sie sollten sich lieber auf den Hosenboden setzen und lernen, statt gegen einen Gast zu demonstrieren, schließlich sind alle Staatsmänner Mörder, ob sie einen westlichen oder östlichen Staatsmann nehmen, auch Kaiser und Könige. Ihnen fehlt nur der Gummiknüppel und der Wasserwerfer, damit Sie zur Besinnung kommen." (an AStA FU, 9.6.67) "Lassen sie uns in Ruhe mit ihren Demonstrationen und Protesten. Was sie sagen wollen, wissen wir selber, gerade hier in Deutschland. Wer die Macht hat, hat auch recht. Das war bei den Nazis so, bei den Kommunisten und auch jetzt bei den Amerikanern. Deswegen werden sie nie recht haben und wenn sie noch so viel auf die Straße rennen... Am besten wäre vielleicht doch eine Diktatur, dann wäre so ein Studentenaufstand, der nichts wert ist, gar nicht erst möglich... Die Politiker sind korrupte Verbrecher und die Studenten dumme Jungs. Da hilft nur eins: Selbst für Ordnung sorgen!" (an AStA FU, 9.6.67) "Meine Herren Demonstranten, weshalb fühlen Sie sich gerade verpflichtet, sozusagen als 'Weltverbesserer' aufzutreten? Wissen Sie, was Ihnen fehlt? Das Erleben, was uns ungewollt lange Jahre hindurch präsentiert wurde: Den Kampf ums Dasein!" (Leserbrief an die Schleswiger Nachrichten, 24.6.67) "Man muß sich schämen, ein Deutscher zu sein. Die primitivsten Anstandsregeln gelten nicht mehr. Die Studenten haben mit ihrem unwürdigen Benehmen gegen einen Gast ihres Staates dem Ansehen Deutschlands schweren Schaden zugefügt." (an AStA FU, 14.6.67) "Wenn die führenden AStA-Vertreter mit dem Schahehepaar gemeinsam die Mozartoper 'Die Zauberflöte' besucht und psychisch-geistig durchlebt hätten, stände es um die Universitäten Deutschlands besser." (an AStA FU, 4.6.67) "Früher hatte man Achtung vor Studenten. Die Gebildeten nannten Straßendemonstranten Pöbel. Diesen Namen haben nun die Studenten übernommen." (an AStA FU, 5.6.67) "Wir einfachen Menschen haben früher immer unter einem Menschen, der die Möglichkeit zum Studieren hat, etwas Auserwähltes gesehen und als Elite der Nation betrachtet. Diese Auffassung hat aber in letzter Zeit derartig gelitten, daß ich Studenten heute von einer ganz entgegengesetzten Seite betrachte. Abgesehen von den wenigen anständigen Elementen, die sich an diesen Ausschreitungen nicht beteiligten, kann man heute die Berliner Studentenschaft gleichwertig mit dem Abschaum der Menschheit betrachten. In der Rangordnung marschieren neuerdings unsere Herren Studenten gleich hinter den dreckigen langhaarigen Gammlern und den weniger appetitlichen Strichjungen vom Bahnhof Zoo." (an AStA FU, 5.6.67) "Den Tod von Benno Ohnesorg habt Ihr allein verschuldet. Er zahlte den Tribut für Eure schlechte Kinderstube, in der wohl mancher Hieb vorbeiging. Schade." (an AStA FU, 4.6.67) "Was wollt Ihr eigentlich? Ihr demonstriert andauernd gegen Sachen, gegen die man sowieso nichts machen kann. Wieviel Revolutionen hat es schon gegeben und was haben sie genützt! Die Menschen bleiben wie sie sind und die Politik auch. Ihr als Studenten müßt das doch wissen; ihr seid doch intelligent. Ich will von all dem nichts wissen, wenn man erst anfängt nachzudenken, wird man ja verrückt." (Ermittlungsausschußbericht) An die schwangere Witwe des erschossenen Benno Ohnesorg wurde folgender Brief gerichtet: "Liebe Frau Ohnesorg! Der Tod ihres Mannes kann nur noch einen Sinn haben, wenn es Ihnen gelingt, dem Kind, das sie erwarten, klarzumachen, daß sein Vater ein Fehlentwickler war."
Abb. 1 (Jürgen Henschel, Berlin) 20.35 Uhr im Parkhof der Krummen Straße 66/67. Benno Ohnesorg liegt tödlich getroffen am Boden, darüber Erika S. "Als ich zu den Beamten hochblickte, sah ich, daß sie immer noch ihre Schlagstöcke in der Hand hatten und bat sie leise: 'Nicht schlagen, bitte holen sie die Ambulanz.' " |
Abb. 2 BILD-Titelseite-Kommentar vom 3. Juni 1967: "Dieser Polizist stand vor dem Wagen des Schahs. Ihn traf der Stein, der den Gast aus Persien treffen sollte. In Berlin gab es bisher nur Terror östlich der Mauer. Gestern haben bösartige und dumme Wirrköpfe zu erstenmal versucht, den Terror in den freien Teil der Stadt zu tragen." |
Abb. 3 (Foto Klebbe, Berlin) Die Ankunft des Schahs auf dem Flugplatz Tempelhof, 2. Juni 1967. "Wenn es dieser Stadt unmöglich werden sollte, Gäste aus Westdeutschland und aus dem Ausland zu empfangen, wie es unter zivilisierten Menschen selbstverständlich ist, dann können wir uns in Berlin selbst aufgeben." (Heinrich Albertz am 8. Juni 1967 im Abgeordnetenhaus) |
Abb. 4 (Ludwig Binder, Berlin) Mittags vor dem Rathaus Schöneberg (Blick aus einem Fenster des Rathauses), kurz vor der Ankunft Farah Dibas. Die Polizei ist Herr der Lage, die "Jubelperser" (im Bild vorne an der ersten Barriere) können sich frei bewegen. |
Abb. 5 (Ludwig Binder, Berlin) Nach der Ankunft des Schahs gehen die Jubelperser zum Angriff auf die Zuschauer und Demonstranten über. Am Boden liegt der Zeuge W. Siepmann, Mitglied des Schwelmer Stadtrats. "Beide Gruppen gerieten dann bald in tätliche Auseinandersetzungen, in deren Verlauf beide Parteien mit Stöcken und Latten aufeinander einschlugen" (aus dem Polizeibericht zu dieser Szene). |
Abb. 6 (Ludwig Binder, Berlin) Die Schah-Anhänger schlagen und ergreifen einen Demonstranten, die Polizisten nehmen die von der "persischen Hilfspolizei" Überwältigten in Empfang. "Vordergündig strafbare Handlungen waren hier nicht zu erkennen." (Kaiser, Einsatzleiter der Politischen Polizei) |
Abb. 7 (Landesbildstelle Berlin) Der Schauplatz der Demonstration vor der Deutschen Oper am Abend des 2. Juni. |
Abb.8 (Paul G. Herrmann, Berlin) Der "harte Kern" um 19.00 Uhr. Auf ihn konzentrierte die Polizei ihren Angriff, weil sie hier das "Störerzentrum" vermutete. "Und zwar wußten wir, es ist ein bestimmter Kern in dieser Menge, und dieser bestimmte Kern, der - wie soll ich es ausdrücken - der würde uns die meisten Schwierigkeiten bereiten." (Polizeibeamter, nach dem Protokoll des Untersuchungsausschusses) |
Abb. 9 (Jürgen Henschel, Berlin) Aufstellung der Polizeikräfte des ersten Keils um 20.00 Uhr. Um 20.04 Uhr stößt dieser Keil ohne Vorwarnung in die Menschenmenge vor, 36 Meter von der Krummen Straße entfernt. "Ich konnte mir diesen Aufwand nicht erklären. Wir standen uns gegenüber, Polizisten und Demonstranten, beide Seiten warteten; die Demonstranten nur deshalb, behaupte ich, weil die Polizisten dastanden und warteten. Man wollte wissen, worauf. Ich wartete - je länger, desto seltsamer berührt, daß sich nichts tat - auf die Aufforderung der Polizei, nach Hause zu gehen. (Aber es kam) nichts dergleichen." (Karin R., etwa in der Mitte des Schlauchs) |
Abb. 10 (Jürgen Henschel, Berlin) Die Beamten des ersten Keils in Aktion. 36 Meter Menschenmenge werden in die Krumme Straße getrieben. Die Polizei nennt das "Abkämmen". "Ich bin bereit... zu beweisen, daß... das Abkämmen in völliger Ruhe und kaum mit Schlagstockgebrauch durchgeführt wurde." (Oberkommissar Burck, Einsatzleiter des Keils) |
Abb. 11 (Paul G. Herrmann, Berlin) Der "harte Kern" zwischen 19.00 und 19.30 Uhr. "Spätestens zu diesem Zeitpunkt konnte die der Oper gegenüber stehende Volksmenge als eine einheitliche Störergruppe angesehen werden." (Verlaufsbericht der Politischen Polizei) |
Abb. 12 Der "harte Kern" zwischen 20.05 und 20.08 Uhr. Die Demonstranten haben sich hingesetzt, um ihre Friedfertigkeit zu beweisen. Im Hintergrund treibt der erste Polizeikeil die Menge zur Krummen Straße. Einen Augenblick später dringt der zweite Keil zusammen mit der abriegelnden Polizeikette von allen Seiten auf die sitzenden Demonstranten ein. "'Ihr sollt aufstehen!', sagte ein ranghöherer Polizist zu einem Kommilitonen. Als ich mich daraufhin erhob, schlugen mehrere Polizisten von jenseits der Barriere auf mich ein." (Bericht eines Augenzeugen, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 8.6.67) |
Abb. 13 Um 20.07 Uhr stürmt der zweite Keil zusammen mit der Polizeikette auf der Breite von 52 Metern auf den "harten Kern" los. "Das ist ein taktisches Prinzip der Polizei... Störer muß man trennen; und je kleiner sie sind, um so eher sind sie zu bedienen und zu behandeln." (Oberkommissar Burck) |
Abb. 14 (Paul G. Herrmann, Berlin) Der "harte Kern" wird "geräumt". "Daß wir... uns genötigt sahen, mit der Räumung zu beginnen, das war uns praktisch aufgezwungen durch die Haltung der Demonstranten." (Einsatzleiter Iwicki vor dem Untersuchungsausschuß) |
Abb. 15 (Peter Schommertz, Berlin) Letzte Phase der Räumung des "harten Kerns". Am linken Bildrand treiben Polizeibeamte des zweiten Keils die Demonstranten in Richtung Seesenheimer Straße ab. Es gibt abermals viele Verletzte. Auf dem Fahrdamm wird der bwußtlose Bernd S. zum Mittelstreifen geschleppt. - "Ich stand in der ersten Reihe, als die Polizisten über die Barriere drangen. Ich drehte mich um, um wegzugehen. In dem Moment muß ich einen Schlag mit dem Gummiknüppel bekommen haben. Ich wachte aus meiner Ohnmacht erst im Polizeiwagen wieder auf, als mir ein Bein umgedreht wurde." Bernd S. lag bis zum 20. Juni im Krankenhaus. |
Abb. 16 (Associated Press, Frankfurt a.M.) In der Krummen Straße gelingt es dem Zeugen Reinhard B., kurz bevor Kurras schießt, aus dem Parkhof zu entkommen. |
Abb. 17 20.30 Uhr in der Krummen Straße Nr. 66/67. Im Hintergrund liegt am Boden Hartmut R., den Obermeister Kurras und Oberkommissar Werner von der Politischen Polizei in den Parkhof verfolgt hatten. Kurras ist nicht im Bild, Werner steht fast verdeckt über Hartmut R. Von den Demonstranten, die Hartmut R. und den Polizisten Werner und Kurras gefolgt waren, versucht jetzt jeder, auf die Straße zurück zu entkommen. In der Mitte mit Sandalen Benno Ohnesorg, der einen Augenblick später zu fliehen versucht. Ein paar Schritte weiter trifft ihn Kurras in den Hinterkopf. |
Abb. 18 20.15 Uhr in der Krummen Straße. Festnahme des Zeugen V. durch Beamte der Politischen Polizei. |
Abb. 19 (Paul G. Herrmann, Berlin) Ca. 21.40 Uhr, Treibjagd auf dem Kurfürstendamm. Die Demonstranten sind Freiwild, ein Taxifahrer übt Selbstjustiz. "Ein Taxifahrer fuhr mit mittlerer Geschwindigkeit auf eine Demonstrantengruppe auf dem Kurfürstendamm... zu. Einer der Demonstranten konnte sich nur durch einen Sprung aus dem Gefahrenbereich retten. Als die Demonstranten aus Empörung gegen das Taxi klopften, stieg der Fahrer aus und lief mit einem 50 bis 60 cm langen Holzknüppel zweimal um das Taxi Amok. Als er dann in einem Handgemenge den Knüppel verlor, fuhr er in Eile wieder ab, ohne behelligt worden zu sein." (Bericht des Augenzeugen Hanno M.) |
Abb. 20 (Heinrich Burger, Berlin) 20.35 in der Krummen Straße 66/67. Einer der Demonstranten, die den Parkhof nicht mehr verlassen konnten, ehe die Polizei den Hof stürmt, war Götz F. Zur gleichen Zeit, als Benno Ohnesorg erschossen wurde, schlugen drei Polizeibeamte auf ihn ein. Das gegen die drei Beamten Thomas Haase, Ulrich Kremkus und Klaus Nickstat eingeleitete Verfahren wurde eingestellt. "Die... durchgeführte Identifizierungsaktion an Hand des vorhandenen Bildmaterials hat nicht zur Namhaftmachung derjenigen Polizeibeamten geführt, die nach den Ermittlungen als Beschuldigte in Betracht kommen." |
Abb. 21 (Michael Ruetz) Am 3. Juni wird an der Freien Universität einer der Schläger vom Vorabend wiedererkannt. Der Beamte verweigert die Dienstkarte und verbirgt sein Gesicht vor der Kamera. Damit er den Fotografen entkommen kann, wird für ihn die Hauptgebäudetür - für die Studierenden an diesem Tag versperrt - geöffnet. Das gegen ihn angestrengte Verfahren wegen Körperverletzung wurde von der Staatsanwaltschaft eingestellt, weil das Bildmaterial zu seiner Identifizierung nicht ausreichte (Aktenzeichen 2PJS 1009.67). |
Abb. 22 (Michael Ruetz) Am 3. Juni halten Studierende der Freien Universität um 10 Uhr eine spontane Versammlung ab und entscheiden sich, zum Schöneberger Rathaus zu ziehen. Am Mikrofon Rudi Dutschke. |
Abb. 23 (Michael Ruetz) Am 21. Juni hält der SDS eine Versammlung ab. Am Megaphon Rudi Dutschke. |
Abb. 24 (Bernard Larsson) In den Junitagen 1967 wurden überall in der Bundesrepublik Gedenkfeiern für Benno Ohnesorg abgehalten, an denen über 100.000 Menschen teilnahmen. |
Abb. 25 (Landesbildstelle Berlin) Auf dem Kurfürstendamm feiern am 12. August 1967 Studierende (rechts Rudi Dutschke) die Haftverschonung Fritz Teufels, der wegen schweren Landfriedensbruchs anläßlich des Schah-Besuchs angeklagt wurde. Er soll einen Stein geworfen haben. Fritz Teufel lehnt die angebotenen Entlassungsbedingungen kurze Zeit später jedoch ab und bleibt in Haft. |
Abb. 26 (Michael Ruetz) Am 27. November 1967 durchbrechen etwa 600 Demonstranten (in der Bildmitte Rudi Dutschke) vor dem Kriminalgericht Moabit die Polizeikette, um gegen den Beginn des Hauptverfahrens gegen Fritz Teufel zu protestieren. Benno Ohnesorgs Mörder Karl-Heinz Kurras ist zu dieser Zeit längst auf freien Fuß. |
Abb. 27 (Michael Ruetz) Fritz Teufel, Student an der FU Berlin, SDS-Mitglied und Mitbegründer der "Kommune 1". |