Whites only: Apartheid auf dem Breitscheidplatz

Als Begründung dient der Polizei und den verantwortlichen Politikern die Bekämpfung der Drogen- und sonstigen Beschaffungskriminalität in als „gefährlich“ eingestuften Zonen wie dem Breitscheidplatz. Aufgrund des „Allgemeinem Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG)“ ist es der Polizei möglich, sämtliche Persönlichkeitsrechte außer Kraft zu setzen.

Dem AusländerInnen-Referat des AStA der FU sind inzwischen ein ausländischer Student und eine ausländische Studentin der FU bekannt, die innerhalb derselben Woche kurz vor Eröffnung der „Woche des ausländischen Mitbürgers“ Opfer dieser Razzien wurden. In beiden Fällen wurden die Studierenden von Personen in Zivil angegriffen, die sich erst viel später als Polizeibeamte herausstellten, sich aber zu keinem Zeitpunkt als solche auswiesen. Obwohl sich beide Studierende nichts zu schulden kommen ließen, wurden sie erst am frühen Morgen aus dem Polizeigewahrsam entlassen. Inzwischen wird Ihnen „Widerstand gegen die Staatsgewalt“ vorgeworfen. Wie auch in den anderen uns bekannten Fällen besteht der begründete Verdacht eines massiven Fehlverhaltens der Polizei (siehe unten). Deswegen beauftragten wir einen Rechtsanwalt und eine Rechtsanwältin, sich um die Klärung der Fälle zu bemühen. Studentische Opfer von rassistischen Polizeiübergriffen sollten sich auf jeden Fall bei uns melden, damit wir gemeinsam etwas dagegen unternehmen können.

Der Ablauf der Razzien

Die Razzien vollziehen sich - nach unseren Kenntnissen - alle nach einem ähnlichen Muster: Nahezu täglich zwischen 16.00 Uhr und 19.00 Uhr fahren mehrere Polizeifahrzeuge auf den Breitscheidplatz zwischen „Wasserklops“ und Gedächtniskirche. Uniformierte und Zivilbeamte, vermutlich von der „Operativen Gruppe City West“ und der Polizeiwache Direktion 2, Abschnitt 27, Bismarckstraße, steuern zielstrebig auf dort befindliche schwarze und arabische Menschen zu. Respektlos und teilweise offen rassistisch werden an diesen Menschen Personen- und Paßkontrollen durchgeführt.

Sie werden unter Anwendung von Gewalt und in Handschellen zur Überprüfung der Personalien in die Polizeifahrzeuge geschafft, erkennungsdienstlich behandelt, beschimpft und bedroht. Weder wird ihnen die Aktion gegen sie erklärt, noch werden sie über ihre Rechte informiert. Aus allen uns bekannten Fällen - über die Gedächtnisprotokolle der Betroffenen vorliegen - wird klar, daß nicht irgendwelche vermuteten Straftaten, sondern die Hautfarbe das Kriterium ist, nach dem die Polizei sich ihre Opfer sucht. Aber selbst irgendein Straftatbestand kann derartige Verletzungen der Privatsphäre und Menschenrechte nicht rechtfertigen.

Es verwundert uns daher auch nicht, daß die Polizei sich bei den Opfern für ihr ungerechtfertigtes Vorgehen nicht entschuldigt, sondern darüber hinaus auch noch Platzverweise unter Androhung von „Unterbringungsgewahrsam“ verhängt.

Die Razzien stellen ein gezieltes und gewolltes rassistisches Vorgehen der Polizei gegen hier lebende ImmigrantInnengruppen und auch gegen obdachlose Menschen und andere Minderheiten dar. Die ausführenden Polizeiorgane verfahren hierbei gemäß des rassistischen Stereotyps „Ausländer = Drogendealer“ und prägen durch derartige Razzien in der Öffentlichkeit die Wahrnehmung und Verfestigung dieses Stereotyps, das von verantwortlichen Innenpolitikern des Landes und Bundes produziert und von weiten Teilen der Medien reproduziert wird.

Das Ziel der Razzien

Das Ziel der Razzien ist es, neben der öffentlichen Diffamierung von Schwarzen und ImmigrantInnen öffentliche und repräsentative Plätze wie den Breitscheidplatz von bestimmten unliebsamen Personengruppen, zu denen auch Obdachlose und andere an den sozialen Rand gedrängte Gruppen zählen, zu säubern. Diese passen nicht in das Erscheinungsbild der neuen Hauptstadt und stören schlicht bei der Imagebildung des Breitscheidplatzes als Einkaufs- und Tourismusmeile. Eine ähnliche Vertreibungspolitik läuft auch schon am Hermannplatz, am Alexanderplatz und an anderen Orten.

Die Razzien stellen eine neue Stufe der Eskalation dar. Schon seit Jahren führen neu aufgestellte Polizeikräfte regelmäßig Razzien durch. Schwerpunkte waren bisher eher Restaurants, Baustellen und Putzbetriebe. Die systematischen und tagtäglichen Razzien am Arbeitsplatz und an öffentlichen Plätzen, aber auch in Discos und Sprachschulen sollen MigrantInnen verunsichern und isolieren. Sie erschweren gemeinsame Kämpfe für menschlichere Lebens- und Arbeitsbedingungen fast bis zur Unmöglichkeit.

Daß es hierbei rechtlich und auch gesellschaftlich schlecht gestellte und ausgegrenzte Gruppen - nämlich ImmigrantInnen und Flüchtlinge, obdachlose Menschen und ‘Illegalisierte’ - trifft, erleichtert der Polizei die Durchführung dieser Razzien ebenso wie die erniedrigende und verletzende Art und Weise, wie die Razzien ablaufen. Denn sie fürchten keinen Protest und Widerspruch seitens der Betroffenen.

Rassismus ist Polizei-Tradition

Rassistische Übergriffe der Berliner Polizei stellen schon lange ein Problem dar.

Mehrere Betroffene der Polizeirazzien haben sich inzwischen bei der Antirassistischen Initiative (ARI) gemeldet. Gemeinsam mit ihnen und anderen Organisationen hat die ARI eine Gruppe gegründet, und zusammen werden wir uns gegen diese Polizei- und Politikpraktiken am Breitscheidplatz zur Wehr setzen. Wir wollen es der Polizei nicht ganz so einfach machen, ihre rassistischen Razzien hier durchzuführen, wir informieren öffentlichkeitswirksam über die Razzien und klären (potentiell) Betroffene über ihre Rechte und Möglichkeiten des Protestes auf.

Wir wollen keine privatisierten, elitären und entlang des nackten Verwertungs- und Kaufkraftinteresses aufgezogenen Plätze oder kontrollierte Sicherheitszonen!

Wir nehmen die Isolations- und Diffamierungspolitik von Regierung und Polizei nicht einfach hin und werden uns dagegen zur Wehr setzen!

Schluß mit Razzien am Breitscheidplatz und anderswo!

Weitere Aktionen sind für die kommenden Wochen jeweils am Freitag von 16.00 bis 18.00 Uhr am Breitscheidplatz und Umgebung geplant.

Wehrt Euch!

Wir rufen alle, die von rassistischen oder anderen entwürdigenden Polizeipraktiken in den „gefährlichen Zonen“ betroffen sind oder Zeuge solcher Übergriffe werden, dazu auf, Gedächtnisprotokolle anzufertigen und sich bei der Antirassistischen Initiative zu melden. Studierende sollten sich auf jeden Fall auch beim AusländerInnen-Referat (A-Ref) des AStA der FU, Kiebitzweg 23, 14195 Berlin, ( 839 091-0 Fax 831 45 36 melden.

Wenn ihr Interesse an einer Mitarbeit im AusländerInnen-Referat habt, meldet Euch bei uns. Wir informieren Euch dann über die nächsten Treffen. Außerdem trifft sich jeden Freitag um 19.00 Uhr die Vorbereitungsgruppe für die Fortsetzung des Protestes in den Räumen der Antirassistischen Initiative, Yorckstr. 59, 10965 Berlin, ( 785 72 81.

a-ref


Literatur:

http://userpage.fu-berlin.de/~asta2/hopo/nd/nd27/apartheid.html