Produktschau in der Bürgerhalle:
Naturfasern für Automobilbau/Kreislaufwirtschaft

Hanf - Stoff, aus dem nur Träume sind?

Wolfsburg ist Automobilstadt. Abhängig von VW. Und sich aus dieser Abhängigkeit zu lösen, ist schwer. Die Gesellschaft für Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung (GWB) versucht dies dennoch in kleinen Schritten über das Wolfsburger Expo-Projekt "nachwachsende Rohstoffe Kreislaufwirtschaft". Doch mit welchen Erfolgsaussichten? Die WN sprachen am Mittwoch mit Experten.
 
hanfDaß diese Experten überhaupt in Wolfsburg sind, die GWB darf bereits das als Erfolg werten. Denn ohne das Expo-Projekt hätte die zweitägige Tagung, die sich mit der industriellen Verwendung von Hanf beschäftigt, niemals in Wolfsburg stattgefunden.

Doch so ist das Rathaus zu einer Informationsbörse von Wissenschaftlern, Endverbrauchern und Produzenten geworden. Selbstverständlich waren auch die Experten von VW dabei, um sich zu informieren, welche Fortschritte zu erwarten sind und wie die nutzbringend von Volkswagen umgesetzt werden könnten.

Denn die Nachfrage nach Hanf verläuft stürmisch. 1996 wurden 4500 Tonnen verbraucht, in diesem Jahr rechnet man mit 10 000 Tonnen. In einigen Jahren soll allein die Automobilindustrie diese Menge einsetzen. Das große Problem. "Hanf wird zur Zeit überwiegend mit Kunststoff als Binder verwendet", so Michael Karus, nova-Institut. "Doch diese Verbundstoffe, sie finden sich zum Beispiel in der Kofferraumbedeckung vom Passat, lassen sich später schwer trennen. Außerdem ist reine Hanffaser noch nicht in Qualitäten und Quantitäten vorhanden, daß sie von der Automobilindustrie akzeptiert würde." Dennoch wird die Automobilindustrie von den Faserproduzenten heftig umworben. Polyvlies, die Fasermatten herstellen, würden gerne für den neuen Golf verstärkt zuliefern. Thomas Güthe: "Im nächsten Jahr werden vielleicht schon die Entscheidungen fallen, in welchem Umfang und an welchen Stellen Naturfasern beim A5 verwendet werden." Doch ein Umzug nach Wolfsburg? "Wir sind nur Zulieferer für Zulieferer und sehen uns darum eigentlich nicht als Umzugskandidaten."

Ein Problem, das auch von der GWB erkannt wurde. Eckel: "Wolfsburg hat noch keinen Standortvorteil in der Region. In den neuen Bundesländern wird deutlich stärker gefördert, und eine Tradition als Produktions- und Verarbeitungsstandort haben wir auch noch nicht." Und so ist es wieder das VW-Werk, das zunächst als Zugpferd dienen müßte.

Jedoch, so Michael Flake, Institut für Geoökologie in Braunschweig, haben VW/Audi ihre Studie noch nicht fertig, in der geprüft wird, ob sich Naturfasern im Fahrzeugbau positiv vermarkten lassen. "Es besteht eine gewisse Eigendynamik, denn wenn ein Hersteller erfolgreich vorprescht, müssen alle anderen nachziehen." Die GWB will alle Rahmenbedingungen schaffen, um den Standort Wolfsburg zu fördern. Bei Warmenau soll dazu ein Kompetenzzentrum nachwachsende Rohstoffe entstehen.

js

27.05.1999 Braunschweiger Zeitungsverlag 1999