Immer wieder ist von angeblichen Parallelen zwischen Tibetern
und nordamerikanischen Indianern die Rede. Muß man dies entrüstet
ablehnen, oder gibt es tatsächlich eine Verwandtschaft zwischen
diesen beiden Kulturen? Claudia Müller-Ebeling ging dieser Frage nach und sprach darüber mit dem deutschen Meditationsmeister
Karl Scherer und der Indianerin Dhyani Ywahoo.
Seit die Nachkommen der Hippiebewegung auf spirituellen Pfaden
wandeln, welche sie in das Himalayagebiet und auch in die Indianerreservate
Nordamerikas führten, mehren sich Stimmen, die eine grundsätzliche
Ähnlichkeit zwischen tibetischem und indianischem Denken feststellen.
Wie aber kann das sein? Sind doch die religiösen Grundlagen -
Buddhismus und Animismus - so unterschiedlich und liegt ihre jeweilige Heimat doch in Asien
und Amerika, zwei reichlich weit voneinander entfernten Kontinenten. Literaturtips Karl Scherer, Atem als Tor. Grundlegende Texte zum intuitiven
Atmen, Arbor Verlag, Freiamt 1992.
Bei näherem Hinsehen zeigt sich aber, daß "Rote und Gelbe" beide
der asiatischen, wenn nicht sogar mongolischen Rasse angehören.
Die an die spezifischen Lebensbedingungen Nordamerikas angepaßten
Indianerstämme entwickelten sich aus asiatischen Siedlungsgruppen,
die aus Ostasien über die vor 36.000 Jahren gefrorenen Landbrüche
zwischen Sibirien und Alaska als nomadisierende Jäger und Sammler
einwanderten. Auch wenn die Indianer selbst sagen, sie kämen "aus
der Erde, dem Weltraum oder seien schon immer dagewesen", so ist
sowohl ihnen als auch den Tibetern eine gemeinsame Wurzel durchaus
gewärtig. Im Gegensatz etwa zu uns Europäern, die die Ureinwohner
Nordamerikas als "Rote" und die Bewohner des tibetischen Hochlandes
fälschlich als "Gelbe" bezeichnen, fühlen sich beide Völker eigenen
Aussagen zufolge der "roten Rasse" zugehörig.
Gemeinsame mythische Wurzeln
Insgesamt reichen die kollektiven Erinnerungen der nordamerikanischen
Indianer sehr viel weiter in mythische Vergangenheiten zurück
als anthropologische und vor- und frühgeschichtliche Theorien.
Indianischem Selbstverständnis zufolge sind durch menschliche
Gier und Ignoranz bereits drei vorherige Welten zerstört worden,
was die Indianer in himmlischen Gefilden oder unterirdisch überlebten.
(1)
Mit den Hindus Indiens und den Buddhisten Tibets sind sich die
Indianer darüber einig, heute im vierten Weltzeitalter zu leben.
Dieser Gedanke hat eher mit einer zyklisch verlaufenden Neubildung
der aktuellen kosmischen Ordnung zu tun, als mit der bei uns verbreiteten
linearen Vorstellung einer Erschaffung der Welt aus dem Nichts,
die im krassen Gegensatz dazu steht.
Verblüffende ästhetische und symbolische Ähnlichkeiten, wenn nicht
sogar Übereinstimmungen, gibt es im gesamten ornamentalen und
künstlerisch-rituellen Bereich. So sind unter den Gold- und Silberschmieden
der Navajos, Hopis und Zunis des amerikanischen Südwestens beispielsweise
Türkise und Korallen ebenso beliebt wie bei tibetischen Schmuckkünstlern
und zwar vorwiegend aufgrund der magischen Bedeutung. Nur Türkise
werden sowohl in Arizona als auch auf der tibetischen Hochebene
gefunden. Korallen aber werden aus dem indischen Ozean oder dem
Mittelmeer importiert; von den Tibetern schon seit frühen Zeiten,
von nordamerikanischen Silberschmieden, deren Handwerk relativ
jung ist, seit den 30er Jahren unseres Jahrhunderts.
Korallen stehen in beiden Kulturen mit dem Blut des Lebens in
Verbindung und gelten als Glücksbringer. Noch größere Wertschätzung
genießen Türkise, die hier und dort zu den heiligen Steinen gezählt
werden: In seiner grünlich-bläulichen Farbe spiegeln sich die
kosmischen Kräfte von Himmel und Meer, und da getragener Türkis
die Farbe wechselt, gilt er als Stein des Lebens und lebensstärkende
Medizin.
Der symmetrische Aufbau der oft auftauchenden Donnervögel mit Edelsteinintarsien ähnelt tibetischen Garudas. In beiden Fällen handelt es sich um Krafttiere, die ihrem Träger
Schutz gewähren, indem sie wohlwollende Mittler zwischen den Göttern
und den Menschen darstellen.
Schamanistische Wahlverwandtschaft
Vergleichbar ist auch die in Kunst und Ritualen intensiv zum Ausdruck
kommende Bedeutsamkeit der Orientierung im Raum, die den Menschen
der kosmischen Ordnung eingliedert, was ihn schamanistischer Grundüberlegungen
zufolge heilt. So stellen beispielsweise viele Sandmalereien von
Navajo-Medizinmännern Kreise dar, die in vier Segmente aufgeteilt
sind, welchen kosmische Kräfte wie Regen, Donner und dergleichen,
die Himmelsrichtungen und z. B. die wichtigsten Kulturpflanzen
zugeordnet werden. Auch die Medizinräder, die zur Heilung von
Individuen, Gruppen und der Natur rituell verwendet werden, basieren
auf dieser geometrischen Urform. Kreisförmig, viergeteilt und
um einen Mittelpunkt konzentriert ist auch die Kompositionsstruktur
der Mandalas, die sich auf Thangkas finden.
Innerhalb dieses Kreises der vier Richtungen befindet sich entweder
der reine Raum der buddhistischen Lehre, der himmlische Raum der
Bodhisattvas, Götter, Dhakinis und Dämonen oder das Rad allen
irdischen Lebens, das von den drei Lastern Gier, Ignoranz und
Haß in Bewegung gesetzt wird. Vier Tore öffnen aus den vier Himmelsrichtungen
der materiell-sinnlichen Erscheinungen den Zugang zu dieser Welt
der Ideen und Grundprinzipien. Der Umstand, daß der Kreuzungspunkt
der zwei Linien im indianischen Kontext zum Nullpunkt wird, aus
dessen Leere alles Existierende erscheint (und nicht wie im tibetischen
zum fünften Punkt), deckt sich mit dem buddhistischen Konzept
der Leerheit - Shunyatta - die der Urgrund jeder Existenz ist.
Natürlich finden Indianer und Tibeter verschiedene Worte, doch
meinen sie letztlich dasselbe. Erklären sich Indianer das Sein
als Kreis in Ketten von Kreisen, die sich ineinander ergießen
und auseinander entstehen, so sprechen tibetische Buddhisten vom
wechselseitig bedingten Entstehen. In dieses Geschehen - und das
ist eine der wichtigsten Gemeinsamkeiten zwischen dem tibetischen
und nordamerikanischen Weltbild - ist der Mensch verantwortlich
einbezogen. In beiden Kulturen macht er sich die Erde nicht untertan
(wie wir es aus der Bibel kennen), sondern ist als "Verwandter
aller lebenden Wesen" innerhalb dieser "circles of life" verantwortlich
für die Sicherung einer lebenserhaltenden Harmonie, wozu Rituale,
Gedanken und religiös-ethisches Verhalten verhelfen. In diesem
Dienst steht auch die erwähnte Thangkakunst und Sandmalerei.
Dazu meint Hehakà Sapa (Black Elk = Schwarzer Hirsch), Oglala-Sioux
und Hüter der heiligen Pfeife:
"Der Erste Friede, der Wichtigste ist der,
welcher in die Seele der Menschen einzieht,
wenn sie ihre Verwandtschaft,
ihre Harmonie mit dem Universum einsehen
und wissen, daß im Mittelpunkt der Welt
das große Geheimnis wohnt,
und daß diese Mitte tatsächlich überall ist.
Sie ist in jedem von uns.
Dies ist der wirkliche Friede,
alle anderen sind lediglich Spiegelungen davon."
Lama Gyal-say-thok-may drückt sich in den 37 Übungen der Bodhisattvas
diesbezüglich ganz ähnlich aus, wenn er von Spiegelungen spricht,
um zu sagen, daß der Mensch die Wirklichkeit und den inneren Frieden
selbst erzeugt:
"Was immer uns erscheint, ist unser eigener Geist,
es ist der Geist, der ursprünglich
Vom Extrem der Vorspiegelung frei ist.
Begreift dies und laßt unbeachtet die Erscheinung
von Gegenständen und vom Selbst.
So üben Bodhisattvas sich."
Dieser Friede mit sich selbst ist die Grundlage eines heilsamen
Zusammenwirkens zwischen Menschen und Völkern, wie Black Elk fortfährt:
"Der zweite Friede ist der,
welcher zwischen Einzelnen geschlossen wird.
Und der dritte ist der zwischen Völkern.
Doch vor allem sollt ihr sehen,
daß es nie Frieden zwischen den Völkern geben kann,
wenn nicht der erste Friede vorhanden ist,
welcher, wie ich schon oft sagte,
innerhalb der Menschenseele wohnt!" (2)
Und auch in der Arya-Tathagatagarbha-Sutra wird diese so wichtige
Verbindung aller Lebewesen und die Verantwortung des einzelnen
für Harmonie und Friede angesprochen - wenn auch mit anderen Worten:
"Nun da ich mir bewußt bin,
daß alle Wesen, meine gütigen Mütter,
gleich mir in den Ozean von Samsara gestürzt sind,
segnet mich, daß ich mich im reinen Bodhigeist übe,
der sich verpflichtet, alle Wesen zu erlösen."
Die Ähnlichkeit im Denken basiert darauf, daß eine prinzipielle
Verbindung zwischen der geistigen und materiellen Sphäre angenommen
wird. Alle Erscheinungsformen der Natur sind beseelt, und die
Menschen können auf der spirituellen Ebene mit diesen Geistern
oder Spirits in Kontakt treten. Deshalb können Krankheiten, ökologische Schäden
und Naturkatastrophen, die sich auf der materiellen Ebene offenbaren,
mental durch Rituale und Gebete beeinflußt werden, und zwar sowohl
im buddhistischen als auch schamanistischen Kontext.
Dazu muß man sich vergegenwärtigen, daß der Buddhismus zwar historisch
die Bön-Religion ablöste und seit dem 8. Jh. u. Z. zur Staatsreligion
in Tibet wurde, daß er aber trotz aller Konkurrenz und ablehnenden
Haltung gegenüber den Bönpo jedoch gerade im rituellen Leben vieles von dieser animistisch-schamanistischen
geprägten Denkweise übernahm. Da die buddhistische Überlagerungsschicht
oft nur sehr dünn ist, zeigen buddhistische Mönche häufig erhebliche
Berührungsängste gegenüber den als rückständig geltenden Schamanen
und grenzen sich deutlich gegenüber animistisch orientierten Naturreligionen
ab.
Gemeinsame Sorge um die Natur
Aufgrund weltanschaulicher Parallelen suchen indianische Medizinmänner
und tibetische Lamas aktiv untereinander Kontakt. Eine tibetische
Prophezeiung aus dem 9. Jahrhundert soll sogar lauten: "Wenn der
eiserne Vogel fliegt, wenn Ponys auf Rädern laufen und Wagen auf
Schienen fahren, dann wird der Dharma im Lande des Roten Mannes blühen." Es fällt nicht schwer, darin
Anspielungen auf technische Entwicklungen wie Flugzeuge, Autos
und Züge zu erkennen, die - als ganzer Stolz der westlichen Kultur
- spirituelle Werte verdrängen. Umgekehrt kennen auch die Cherokee
die Prophezeiung, daß eines Tages, an dem die Erde dringender
Reinigungsrituale bedarf, die Verwandten aus dem Osten mit bestimmten
Roben und Hüten zur Unterstützung kommen. Ebenso meint der Hopi-Häuptling
Earl Pela, auf ökologische Krisen anspielend: "Wir können nicht
nur unser überliefertes Wissen, sondern auch die Probleme vergleichen."
Gerade die Sorge um die Natur brachte beide zusammen. So traf
Seine Heiligkeit der 14. Dalai Lama 1979 anläßlich einer USA-Reise
mit den Ältesten der Hopi und des Völkerbundes der Irokesen zusammen.
Der 16. Karmapa besuchte Schwitzhüttenzeremonien der Lakota und
wurde seinerseits von den Hopi eingeladen, Zeremonien für sie
durchzuführen. Um die Wirkung uranhaltiger Abraumhalden im Siedlungsgebiet
der Navajo zu neutralisieren, wurde Lama Tharchin um entsprechende
Zeremonien gebeten. Baca Tulku, ein hoher, reinkarnierter Abt,
bemüht sich selbst seit Jahren, indianische Praktiken zu erlernen,
weshalb er unter abenteuerlichen Bedingungen eine indianische
Trommel in sein Stammkloster im Südosten Tibets brachte.
Karl Scherer - Mittler zwischen Ost und West
Einer, der mit beiden Kulturen intensiver in Berührung kam - so
wurde er z.B. von indianischen Medizinmännern in ihre Lehren eingeweiht
und 1996 vom inzwischen verstorbenen Urgyen Tulku Rimpoche autorisiert,
die Grundlagen seiner Lehre weiterzugeben - und der so auf grundsätzliche
Übereinstimmungen im Denken aufmerksam wurde, ist Karl Scherer.
In seiner gegenwärtigen Arbeit versucht er, beide geistigen Traditionen
fruchtbar miteinander zu verbinden, obgleich er sich der damit
verbundenen Gefahren bewußt ist und von den konservativ-traditionell
eingestellten Vertretern beider Seiten auch kritisch betrachtet
wird. "Dennoch hoffe ich, daß die indianischen Medizinrad-Lehren
und die Weisheit des Diamantweges die Verbindung von Himmel und
Erde, Mensch und Natur, Materie und Geist bewirken können, die
wir als globale Vision für das 21. Jahrhundert so dringend brauchen."
Ausgebildet in Primär- und reichianischer Therapie, fühlte sich
Scherer bei seinen ersten Studienaufenthalten in Amerika zunächst
eher der rationalistischen Lebensauffassung verpflichtet; eine
Orientierung, die er zunehmend überdenken mußte, nachdem er ab
1977/78 in den Cascade Mountains bei Oregon das erste Mal mit
dem Medizinmann der Rosebud Bruel Sioux Brave Buffalo zusammentraf
und in der Bergeseinsamkeit auf Visionssuche ging. Weitere intensive
Kontakte mit spirituellen Führern verschiedener Indianerstämme,
wie z.B. den Oglala-Indianern Ojon Wakan, dem obengenannten Black
Elk oder mit Leonard Crow Dog, Tom Yellowtail und Ted Bear Cloud
vertieften seinen Einblick in indianisches Denken und konfrontierten
ihn mit der "Woniya Wakan" genannten Atmung, die Transformationsprozesse
und reale physische Nahtoderfahrungen auslöst. Diese Methode vermittelt
Karl Scherer unter dem Namen "Intuitives Atmen" in Vorträgen,
Workshops und Retreats.
Seit 1986 lernte Scherer bei Studienaufenthalten in Asien die
buddhistische Sichtweise der Wirklichkeit kennen und gewann tieferen
Einblick in die Nyingma-Tradition. Dabei zeigte ihm Khyabje Khyentse
Rinpoche die grundsätzliche Einheit tibetischer Belehrungen mit
solchen der indianischen Tradition. Sie offenbart sich gerade
am Beispiel der bewußten Atmung, die im bisherigen Werdegang des
Freiburger Atemtherapeuten und Meditationslehrers schon lange
im Zentrum der Betrachtung gestanden hatte.
Jeder Mensch kann erleben, wie sehr er mit dem Atem "am Leben
hängt". Der Atem ist nicht nur die zentrale, alles verbindende
Lebensfunktion, sondern auch eine Verbindung zwischen den inneren
Organen und dem uns umgebenden Raum, den wir mit jedem Atemzug
in uns aufnehmen. Er spielt nicht nur bei den asketisch-schamanistischen
Praktiken der Prärieindianer eine bedeutsame Rolle, sondern auch
bei vielen tibetischen und sonstigen Meditationstechniken. So
ist es nicht verwunderlich, daß der tibetische Lharampa Geshe
Tarab Tulku Rinpoche im Intuitiven Atmen etwas erkannte, das in
der Wirkung den Initiationen in die höchsten Formen tantrischer
Meditation vergleichbar sei.
Dhyani Ywahoo - Indianische Verwandte der Tibeter
In der Person der Etowah Cherokee-Indianerin Dhyani Ywahoo (gesprochen
Daijani Jawacho) verbinden sich beide spirituellen Weltanschauungen
auf sehr unmittelbare und persönliche Weise. Der Stamm der Cherokee
gehört zur Algonkin-Sprachgruppe und lebt traditionell im südöstlichen
Waldland, zwischen dem Appalachen-Mittelgebirge Vermonts und den
Everglades-Sümpfen Floridas. Glücklicherweise konnte auch die
systematische Unterdrückung aller indianischen Kulturen durch
die Weißen die kulturelle Identität der Cherokee nicht gänzlich
auslöschen.
Auf dem Lande bei Bristol, Vermont, wo Dhyani Ywahoo heute mit
ihrer Familie lebt, gründete die Häuptlingsfrau des Wild Potato
Clans (Clan der wilden Kartoffel) die "Sunray Meditation Society"
zur Förderung des Weltfriedens. Die Schülerinnen und Schüler,
die aus der ganzen Welt kommen, um an diesem sogenannten "Peacekeeper-Training"
teilzunehmen, werden erstaunlicherweise nicht nur in indianischen,
sondern auch in buddhistischen Lehren unterrichtet und erlernen
eine bestimmte Meditationstechnik, die visuelle und akustische
Momente enthält. Bei sogenannten "Peacetrainings", die seit 1981
stattfinden, geht es um "Family-of-Life-Teachings", d.h. um die
Wahrnehmung der Beziehung zu den leiblichen und kosmischen Eltern
(Himmel und Erde), zwischen Mensch und Mensch sowie Mensch und
Natur.
Kulturelle Identität bewahren
Es gehört geradezu zu den spirituellen Pflichten Dhyani Ywahoos,
im Wald und in den Bergen zu leben und diese heimische Umgebung
mit Gebeten und Ritualen zu schützen. Der Rückbezug auf die eigenen
spirituellen Wurzeln wurde ab 1969 durch die Ältesten forciert,
die besorgt waren über den zunehmenden Raubbau an der Natur und
die Verstädterung, und damit Entfernung, vieler Cherokee von ihren
eigenen traditionellen Wurzeln. So hüten die Cherokee z.B. bis
heute ein Feuer, das 25000 Jahre lang nicht erloschen sein soll,
und erzählen ihren Kindern am sakralen, heimischen Herd, dessen
Betrachtung als "Medizin" verstanden wird, weiterhin die Geschichten
der Ahnen.
Bereits die Großeltern der Cherokee-Indianerin erzählten, in ihren
eigenen Kreisen und Zeremonien einen spirituellen Kontakt mit
tibetischen spirituellen Führern wie Padmasambhava oder Milarepa
gehabt zu haben. Dieselbe verwandtschaftlich-visionäre Beziehung
spürte auch deren Enkelin, als sie sich 1976 aus Vermont auf eine
Pilgerschaft über Indien nach Tibet begab, um die Leylines aufzuspüren und mit der mentalen Konzentration auf bestimmte
Energiekreuzungspunkte die malträtierte Erde zu heilen. Auf einer
von mehreren daran anschließenden Indienreisen lernte sie Swami
Nadabramananda, einen indischen spirituellen Musiker kennen, der
ihr innere Bezüge zwischen der indisch-tibetischen und der indianischen
Kultur enthüllte. 1986 schließlich erkannte Chetsang Rinpoche,
Oberhaupt der 800 Jahre alten Drikung-Kagyu-Linie des tibetischen
Buddhismus, in einem der Söhne Dhyanis eine Reinkarnation seines
verstorbenen Lehrers und bestätigte so die verwandtschaftlichen
Vorahnungen der Ywahoo-Familie.
Dhyani Ywahoo selbst beschreibt die Parallelen zwischen der Kultur
der Tibeter und der Cherokee folgendermaßen: "Beide Kulturen kennen
eine Priesterkaste und erbauen Tempel. Die Annäherung beider Kulturen
an ein meditativ-spirituelles Leben rührt von einem intensiven
Austausch mit der Natur her. Außerdem verbarg Padmasambhava gewisse Lehren, damit sie in zukünftigen Zeiten, in denen die
Menschen diese Unterweisungen nötig brauchten, gefunden werden
sollten. Hier findet sich eine Parallele zu unserer mythischen
Gestalt, die wir 'Peacemaker' - Friedensstifter nennen. Dieser
inkarnierte sich mehrmals und bewirkte zur Zeit der Dominanz der
Indianer durch Weiße politisch einen friedlichen Zusammenschluß
zwischen den sogenannten 'Five nations'", (zu denen neben den
Cherokee auch die Creek, Choctaw, Chickasaw und Seminolen gehören).
Dhyani behauptet sogar, daß seine erst später gefundenen Schriften
Einfluß auf die Verfassung der USA und der United Nations hätten.
Angesprochen auf die Gemeinsamkeiten zwischen den nordamerikanischen
Stämmen und den Tibetern meint Dhyani: "Uns alle verbindet die
gemeinsame Sorge um die Erde. Der ganze Kern der Lehre der Eingeborenen
Amerikas ist das Wissen, daß alles mit uns verwandt ist und daß
wir für die Erde und füreinander sorgen müssen."
Die Autorin dankt Dhyani Ywahoo und Karl Scherer für ihre Informationen
und Gesprächsbereitschaft.
Fußnoten
1) Lediglich die Überlieferung einer verheerenden Sintflut deckt
sich mit der vorderasiatischen Vorstellung, die durch die enorme
Verbreitung der von dort stammenden monotheistischen Religionen
Judentum, Islam und Christentum auch in unseren Breitengraden
verbindlich wurde und frühere, heidnische Überlieferungen ausrottete.
2) Zitiert aus H.-B. Eichmüller, Elementar-Kreise 96/97
Dhyani Ywahoo, Stimmen der Weisheit, Ost West Verlag Illmensee
1996.
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