»Wettbewerb um den größten Sheriffstern«BündnisGrüne kritisieren SPD-Positionen zur inneren Sicherheit - Hang zur großen Koalition
Von unserem Korrespondenten BONN. Das SPD-Positionspapier zur inneren Sicherheit ist bei den Bündnisgrünen auf scharfe Kritik gestoßen. Ihr innenpolitischer Sprecher, Rezzo Schlauch, zeigte sich im Gespräch mit unserer Zeitung »ratlos über den unverbindlichen Besinnungsaufsatz«. Viele Passagen seien mit »SPD-Rhetorik über gesellschaftlicher Defizite ummantelt«, doch gehe es »eindeutig in Richtung große Koalition«. Von einem »Wettlauf um den größten Sheriffstern« sprach auch Fraktionschefin Kerstin Müller. Der Innenministerkandidat der SPD, Otto Schily, suchte sich derweil von den Vorstellungen anderer Parteien abzugrenzen. Das Papier zeige ein »ausgewogenes Verhältnis zwischen Prävention und Repression«. Nachfolgend die wichtigsten Eckpunkte: Die Polizei müsse sich als »kundenorientierter Dienstleister« verstehen. Organisierte Kriminalität soll durch Abschöpfung illegaler Gewinne bekämpft werden. Im »begrenzten Umfang« soll an schwerstabhängige Drogenkonsumenten ärztlich kontrolliert Heroin abgegeben werden. Eine generelle Freigabe weicher Drogen (z.B. Haschisch), wie sie die Grünen in ihren Wahlprogramm fordern, lehnt Schily ausdrücklich ab. Ausweisungs- und Abschiebemöglichkeiten für ausländische Straftäter müßten »konsequent genutzt« werden. Experten sehen darin eine »wohlfeile Forderung«, die sich pauschal nicht umsetzen lasse. Zwar müssen nach dem Ausländergesetz Täter mit Haftstrafen ab drei Jahren sofort des Landes verwiesen werden. Doch können dieser Maßnahme im Einzelfall andere Bestimmungen (z.B. wenn im Herkunftsstaat die Todesstrafe droht) entgegenstehen. Zugleich will die SPD nicht vollständig auf eine geschlossene Heimunterbringung von hochgradig kriminellen Kindern und Jugendlichen verzichten. Außerdem sollen Jugendliche stärker nach dem Erwachsenenstrafrecht abgeurteilt werden. Gerade in diesem Punkt sehen die Bündnisgrünen eine massive Angleichung der SPD an Positionen der Union. Für den Fall einer rot-grünen Koalition werde man »auf keinen Fall« die Heimunterbringung mittragen, betonte Rezzo Schlauch. Wohl nicht zufällig hat die Bundesregierung ebenfalls gestern eine 14-seitige Bestandsaufnahme »zur Stärkung der inneren Sicherheit« veröffentlicht. Darin verweist Regierungssprecher Otto Hauser auf »entscheidende Verbesserungen« und eine »konsequente Politik gegen Kriminalität«. Nach der jüngsten Kriminalitätsstatistik geht die Zahl der Straftaten seit 1995 zurück. Mit 50,6 Prozent hat die Aufklärungsquote inzwischen den höchsten Stand seit 1969 erreicht. Allerdings ist der Anstieg der Kinder- und Jugendkriminalität (plus 10,1 Prozent gegenüber 1996) besorgniserregend. | |