Jeder fünfte Linzer raucht Joints
DER STANDARD
Freitag, 9. Oktober 1998, Seite 8
Chronik


OBERÖSTERREICH

Jeder fünfte Linzer raucht Joints

Landesrat Ackerl will EU-weit über die Legalisierung von Cannabis sprechen

Linz - Mehr als 13 Prozent der Linzer rauchen gelegentlich einen Joint. 4,6 Prozent sogar regelmäßig. Oder wie es SP-Soziallandesrat Josef Ackerl ausdrückt: "Ein Fünftel der Linzer Bevölkerung ist kriminell, denn sie konsumiert verbotene Cannabisprodukte." Das ergab eine Studie des Institutes für Soziologie der Uni Linz in Zusammenarbeit mit dem Institut für Suchtprävention.

Deren Verfasser bezeichnen ihre Studie gar als eine Pilotstudie, denn bisher fehlten im Gegensatz zu anderen Ländern kontinuierliche Untersuchungen zum Themenkomplex Drogen. Ackerl will deshalb die jetzt vorgestellten Ergebnisse dem Gesundheitsministerium zur Verfügung stellen, "um EU-weit wieder über die Legalisierung von Cannabis zu sprechen".

Bisher, so ergänzt Christoph Lagemann vom Institut für Suchtprävention, gebe es nämlich in Österreich keine klare Haltung dazu: "Der Konsum von Marihuana oder Haschisch ist zwar verboten, die Anzeigen werden aber von der Staatsanwaltschaft zurückgelegt. Doch dann schlägt der Verwaltungshammer zu. Es gehen Durchschläge der Anzeige an die Bezirkshauptmannschaften, der Führerschein wird eingezogen."

Für Jugendliche, die beim Joint-Rauchen erwischt werden, könne dies "verheerende Konsequenzen" auf deren beruflichen Werdegang haben. Wenn Cannabis verboten ist, muß der Gebrauch konsequent bestraft werden. Sei diese Droge nachweislich nicht gesundheitsschädigender als Alkohol oder Nikotin, spreche nichts gegen eine Freigabe. Die aktuelle Gesetzesregelung eines "Jein", sei jedenfalls keine Lösung, meinen Lagemann und Ackerl.

Doch die 394 repräsentativ ausgewählten Linzer wurden in der Uni-Studie nicht nur nach ihrem eigenen Suchtverhalten befragt. Sie sollten auch angeben, wo sie Prioritäten in der Drogenpolitik setzen würden. Etwa drei Viertel von ihnen finden es "sehr wichtig", daß Drogenhändler bestraft werden, zwei Drittel hingegen halten es für "weniger bis unwichtig", daß Drogenkonsumenten verfolgt werden. Und so merkte Lagemann wieder in Richtung Bundesregierung an: "Justizminister Michalek argumentiert immer, daß die Bestrafung von Drogenkonsumenten dem Wunsch der Bevölkerung entspreche. Dem der Linzer jedenfalls nicht." (ker)


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