Wenn es ein Problem mit Drogen gibt, ist es die Drogenpolitik

Daß Drogen gefährlich sind, man "Kinder stark machen" (so das Motto der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung) muß und daß Drogen nur ein falscher Weg aus Problemen sind, ist offensichtlich Konsens besorgter Eltern, SozialpädagogInnen und Drogenbeauftragten nahezu aller Parteien. Dabei wird gerne unterschlagen, daß es in erster Linie die gesellschaftlichen Verhältnisse sind, welche die "Gefährlichkeit" von Drogen ausmachen und welche Funktionen eine auf Verboten basierende und kriminalisierende Drogenpolitik hat. Auf die Idee, daß Drogenkonsum schlicht und einfach Spaß machen kann, kommt erst recht niemand. Welche Konsequenzen dies für die Betroffenen hat, wollen wir mal etwas genauer beleuchten:

Das erklärte Ziel offizieller Drogenpolitik ist die drogenfreie Gesellschaft. Diese hat es jedoch nie gegeben, da Menschen stets Rauschzustände gesucht oder Drogen sowohl als Bestandteil religiöser Rituale sowie als Genußmittel konsumiert haben. Allein der gesellschaftliche Umgang mit verschiedenen Drogen ist zeitlichen Veränderungen und regionalen Unterschieden unterworfen. So ist beispielsweise die soziale Droge Westeuropas schlechthin, der Alkohol, in das christliche Abendmahl eingebunden, während er Muslimen verboten ist. Ebenso war bis 1903 Kokain wesentlicher Bestandteil von Coca-Cola. Drogenverbote resultieren folglich nicht aus der Gefährlichkeit einzelner Substanzen, sondern aus bestimmten sozialen Normen. Ebenso beruht die "Gefährlichkeit" einer Droge nicht ausschließlich auf ihren Eigenschaften, sondern in erster Linie auf individuellen Voraussetzungen wie physische und psychische Konstitution (set), gesellschaftlich bedingten Konsumptionsbedingungen (setting) und darauf, was überhaupt als Gefahr verstanden wird.

Die wahre Funktion der Verbote

Das Verbot bestimmter Drogen oder mit ihnen Handel zu betreibem hat noch nie dazu geführt, daß diese nicht verfügbar waren. Solange eine Nachfrage besteht, wird es auch ein Angebot geben, was sich z.B. am Handel mit Drogen in Gefängnissen zeigt. Ein Drogenverbot verändert in erster Linie die Bedingungen, unter denen diese konsumiert werden. Könnte das Cannabisverbot noch als - wenn auch für die Betroffenen ärgerliches - Kuriosum durchgehen, so sind die Auswirkungen des Heroinverbots weitaus drastischer. Die Kriminalisierung bewirkt eine Preissteigerung mit der Konsequenz, daß ein Großteil der KonsumentInnen den Gebrauch der Droge nicht mehr durch legale Arbeit finanzieren können. Auf diese Weise werden sie in die Beschaffungskriminalität und Prostitution getrieben, da die Beschaffung der Droge zum bestimmenden Moment der Lebens- und Tagesplanung wird, während KonsumentInnen deren Konsum aufgrund ihrer ökonomischen (Wohlhabende) oder sozialen (z.B. ApothekerInnen) Situatuion gesichert ist, diesen Verelendungsprozessen nicht notwendigerweise unterliegen. Das Leben "auf der Szene" hat ferner vielfältige gesundheitliche Konsequenzen wie Mangelerkrankungen, Hepatitis oder sogar HIV-Infektionen. Weiter gesundheitliche Schäden werden durch Streckung oder Überdosierung augrund fehlender Kontrollmöglichkeit über Qualität und Konzentration und die durch die Kriminalisierung bedingte Isolierung verursacht.

Therapie als Strafe

Eine Freigabe von Herion (und selbstverständlich allen weiteren Drogen) würde nicht nur die Verelendung der Junkies aufhalten, sonder auch Abhängigen Perspektiven ermöglichen, selbstbestimmt auszusteigen oder die jeweilige Droge kontrolliert zu gebrauchen. Eine Freigabe von Drogen müßte im Zusammenhang stehen mit einer geregelten Abgabe derselben, beispielsweise in lizensierten Drogenläden, in denen nicht die KonsumentInnen, wohl aber Qualität und Preise kontrolliert werden.

Ferner müßten vermehrt akzeptierende Therapieangebote gemacht werden, die nicht auf Zwang sondern auf Freiwilligkeit basieren, die nicht das "clean"-Sein, sondern die Verbesserung der persönlichen Lebenssituation der Abhängigen zum Ziel haben. Die vorherrschende Therapieform basiert auf der Vorstellung, daß es sich bei den Abhängigen um Kranke handelt, deren Krankheit selbstverschultet ist und die deshalb zwangsweise therapiert werden müssen. Aufgrund dieser Annahme enstanden vermehrt Drogenstationen in Justisvollzuganstalten, die für Abhängige in den seltesten Fällen eine Verbesserung bedeuteten, dafür jedoch andere Therapieformen wie Selbsthilfegruppen oder eben akzeptierende Drogenarbeit ausgrenzen. Aber auch neuere Formen der Therapie wie die Methadonsubstitution unterliegen restriktiven Prinzipien. Zum einen findet auch hier eine allgegenwärtige Kontrolle über den/die AbhängigeN statt, zum anderen sind die Aufnahmebedingungen so hoch, daß sich Junkies "freiwillig" mit HIV infizieren um in das Programm aufgenommen zu werden. Nicht zuletzt wird der Heroin-typische Kick durch Methadon vermieden, die Möglichkeit sich zu berauschen - da nicht erwünscht - ausgeklammert, mit der Folge daß viele Abhängige zusätzlich weiterhin Heroin konsumieren.

Funktion von Drogenpolitik

Die Interessen, die hinter der offiziellen Drogenpolitik stehen, sind noch vielfältiger. Zwangstherapie und ständige Kontrolle haben auch das Ziel, die Abhängigen weitestgehend zu diziplinieren, sie (fremd)bestimmten geregelten Tagesabläufen zu unterwerfen und sie wieder als produktive Kräfte herzustellen. Einen ähnlichen Zweck verfolgt auch die Dämonisierung von Drogen von offizieller Seite. Die dort eingeforderte Abstinenz propagiert eine Gesundheitsvorstellung, welche sich an einer nur scheinbar natürlichen Norm orientiert und die Menschen dazu nötigt, ihre eigene Verwertbarkeit so weit wie möglich zu steigern. Ferner wird das "Problem" der Drogenabhängigkeit instrumentalisiert um mit dem Verweis auf "Drogenbanden" und "organisierte Kriminalität" den Abbau von Grundrechten und polizeistaatliche Maßnahmen durchzusetzen. Auch rassistische Konzeptionen finden sich immer wieder in der Diskussion. So werden die "kultureigenen" Drogen akzeptiert und verteidigt, während "kulturfremde" Drogen als Bedrohung diffamiert und kriminalisiert werden.

Unser Anliegen ist nicht, daß möglichst viele (oder auch möglichst wenige) Drogen nehmen. Uns geht es darum, daß denen, die sich berauschen wollen, dies unter Bedingungen möglich ist, die frei sind sind von Verfolgung, Vereinzelung und erzwungener Selbstschädigung.

Deshalb treten wir ein für:

Freigabe aller bisher kriminalisierter Rauschmittel!

Abgabe in lizensierten Drogenläden.

Ausbau von akzeptierenden Therapieangeboten.

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