(Ente gut - alles gut!) |
Bereits im Vorfeld
gab es einiges Gerangel um das
Stattfinden der Hanfparade, wird
sie nun genehmigt oder nicht? Sie
wurde, und sie wurde ein
Riesenerfolg, auch wenn dieser
Erfolg ebenso leider wie
wahrscheinlich folgenlos bleiben
wird. Doch wie steht es schon in
keinem Buch, das ich kenne:
Steter Tropfen höhlt den
Gesetzgeber. Zigaretten sind
legal, aber dafür im Fernsehen
zu werben ist verboten. Haschisch
ist illegal, aber eine
Werbeveranstaltung dafür zu
machen ist erlaubt. Nun, in einer
Gesellschaft, in der das Ermorden
von Menschen verboten ist, das
Zeigen von Mord aber erlaubt ist,
während Sex erlaubt ist, das
Zeigen von Sex jedoch im
Allgemeinen verboten ist... gut,
kommen wir zur Sache. Das Wetter
könnte kaum schöner sein.
Sonnig und warm, aber nicht
bullenheiss. Schon die
Aufbauarbeiten der Paradewagen
haben etwas leicht Skurriles an
sich. Da werden metergroße
Joints, oder noch metergrößere Wasserpfeifen
als Deko an die Autos gebastelt, dazu
schallt aus vielerlei Boxen eine sehr
hanfverbundene Musik. Mittendrin, um
Freundlichkeit und eine gewisse
organisatorische Ordnung bemühte
Ordnungskräfte. Somit das einzige Grün,
das man an diesem Tag besser nicht in der
Pfeife raucht. |
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Als sich die Paradewagen
dann gegen Mittag zum Paradieren auf dem
Alexanderplatz versammeln, ist der mit
demonstrantischem Fußvolk schon gut gefüllt.
Damit das eigentliche Anliegen - aller
ausgelassener Partystimmung zum Trotz -
nicht in den Hintergrund gerät, sorgen
die vielen unermüdlichen Mitarbeiter auf
den Strassen und Plätzen, die in
selbstloser Aufopferungsbereitschaft
einen nach dem anderen kurbeln. Der Zug
der Paradewagen vom Alexanderplatz zum
Brandenburger Tor zeigt das Anliegen denn
auch mehr von der heiteren Seite.
Freundlich/lustige Menschen halten
freundlich/lustige Transparente mit
Aufschriften wie z.B. "Jeder Kiffer
muß sein Kreuz selbst tragen" hoch.
Von den Wagen schallt es von Reggae über
Rock und Punk bis hin zu Techno angenehm
bunt herunter. Das auf einem Seitengebäude
des Brandenburger Tors diverse
Bundesgrenzschützer mit Kameras,
Fotoapparaten (alles mit
bierhumpengrossen Teleobjektiven) damit
beschäftigt sind, ihr Bildarchiv
aufzufrischen, sorgt bei den
Demonstranten nur für gelassenes
Desinteresse. Es ist also erlaubt, an so
einer Demonstration teilzunehmen, es kann
aber sein, dass die Hüter der Ordnung,
diese durch eine verdachtunabhängige
Kontrolle an durch Teilnahme an solchen
Veranstaltungen auffällig gewordenen
Personen meinen, schützen zu müssen. |
Meinungsfreiheit
bedeutet eben auch, dass der
Staat, wann immer ihm danach ist,
das Recht hat, sich über seine Bürger
eine Meinung zu bilden. Wer
braucht beim heutigen Stand der
Technik schon noch lebende
Spitzel? Hinter dem Brandenburger
Tor, und noch ein Stück weit die
Strasse des 17. Juni entlang
schmiegen sich die Paradewagen
dann zwischen die einzelnen Stände,
und in kürzester Zeit ist die
Stimmung auf dem Festgelände
irgendwo zwischen Woodstock und
Love Parade. Manch Sympathisant
hat sich von zu viel
demonstrativer Unterstützung auf
dem warmen Boden drapiert, andere
tanzen zu Musik oder auch nur zu
farbigen Gedanken. Vereinzelt
werden jetzt auch politische
Statements von den Wagen herunter
zum besten gegeben. |
(der
Gesundheitsminister warnt: Hanf
verformt die Augen schlitzartig,
und kann zu freundlichem Lächeln
führen) |
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Oben
steht dann jemand, der sagt, dass
Haschisch viele Vorteile und wenig
Nachteile hat, von wegen nicht nur
rauchen, sondern auch sonst, von Dämmwolle
bis Brotaufstrich, von Medizin bis Hose -
vor dem Wagen stehen dann ganz viele, die
der gleichen Meinung sind, und auch
lautstark applaudieren. Doch als die
Sonne versinkt, sind all die ernsthaften
Gedanken, die zu diesem Thema verbreitet
sein wollen, bei den Adressaten
angelangt. Ein Extra-Info-Stand der
Veranstalter konnte hier noch manche
Informationslücke schliessen. Und so
endet diese komplett friedliche
Veranstaltung unter den freundlichen
Blicken so mancher verbeamteten
Hundertschaft tanzend, tanzend,
tanzend... Tatsache ist, die Hanfpflanze
bietet wirklich mannigfaltige Anwendungsmöglichkeiten,
beinahe aus jeder Branche, in der dieser
Rohstoff verarbeitet werden kann, wird
der Ruf nach Änderung der diesbezüglichen
Gesetze laut. Auch bei der Polizei ist
das Interesse daran, künftige
Aussenminister wegen zwei Gramm Schwarzem
hopszunehmen, sehr gering. Allein, weil
alle Verantwortlichen, die diesem Problem
rationell zu Leibe rücken wollen, Angst
vor dem Wähler haben, und weil der Wähler
als amorphe Masse Angst vor allem
(Zukunft, Vergangenheit, Gegenwart,
Rheinländer, Rausländer,
Umweltverschmutzung, Umweltschützer)
hat, wird sich an dieser Situation so
schnell nichts ändern. Dass aber eine
Veranstaltung, an der laut Polizei über
100.000 Menschen teilgenommen haben, von
den meisten Medien totgeschwiegen wird,
das stimmt nachdenklich. In den
Fernsehnachrichten des Tages wurde bis
hin zum Berliner Stadtteilfest über
jeden Mist berichtet, über die
Hanfparade - kein Wort. In der gesamten
Springerpresse - kein Wort, oder waren
die nur alle so bekifft, dass sie
vergessen haben, darüber zu äh äh, na
dieses Wort, ach.... |
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