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Pressemitteilungen zur Drogenpolitik
PM Nr. 01/99 - 3. März 1999
Junge Grüne kritisieren Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung
Aus Angst vor der öffentlichen Auseinandersetzung wird das Thema Partydrogen
(Ecstasy, LSD, Cannabis) totgeschwiegen.
Das Fachforum Drogen der Jungen Grünen (GAJB) kritisiert die Konzeptlosigkeit
der Bundesregierung im Umgang mit den sog. Partydrogen: Anstelle sich an
die eigenen Parteitagsbeschlüsse zu halten und zumindest den Modellversuch
in Schleswig-Holstein zum Apothekenverkauf von Cannabis zu unterstützen,
wird dieses Thema verdrängt , erklärt Tilmann Holzer am Mittwoch
in Mannheim. Bündnis 90/Die Grünen forderten über einen
Fraktionsbeschluß im 13. Bundestag die Legalisierung von Ecstasy,
heute setzen sie, mit einigen sozialen Korrekturen, die Verbotspolitik
der alten Bundesregierung fort.
Das Fachforum Drogen fordert die Bundesregierung, besonders das grüne
Bundesgesundheitsministerium dazu auf, den generalpräventiven Wert
des Partydrogenverbots zu überprüfen. Dazu gehört auch die
Überlegung, einzelne Ecstasywirkstoffe und LSD in besonderen Drogenfachgeschäften,
an über 16-jährige abzugeben.
Das Fachforum Drogen beobachtet mit großer Sorge den erneuten
Anstieg der an illegalten Drogen gestorbenen Menschen, welche fast ausschließlich
Heroinabhängige waren. Wir begrüßen daher ausdrücklich
die umsichtige und kompetente Einführung der kontrollierten Heroinabgabe
und der Verrechtlichung von Gesundheitsräumen, erklärt der Pressesprecher
Tilmann Holzer. Wir warnen aber vor einer zu restriktiven Auslegung der
Kriterien und einer zu geringen Anzahl an Teilnehmerplätzen, so Holzer
weiter. Die angedachten ca. 2.000 Plätze entsprechen nicht der deutschen
Realität, schon die ungleich kleineren Niederlande vergeben ca. 1.500
Plätze für die Heroinabgabe. Den reinen Heroinkonsumenten gibt
es nicht, praktisch jeder Junkie konsumiert parallel Kokain und Tabletten,
so daß die alleinige Abgabe von Heroin nicht ausreicht. Die Abhängigen
müßten sich parallel die anderen Drogen auf dem Schwarzmarkt
erwerben. Dies ist auch ein Ergebnis des Schweizer Modellversuchs, dort
wird nun ernsthaft überlegt auch Kokain abzugeben.
Das Fachforum Drogen fordert die Drogenbeauftragte auf, die Zahlen
des Drogenberichts auf eine wissenschaftliche Basis zu stellen. Die bisherige
Erstellung der polizeilich registrierten Erstkonsumentinnen, gibt nur ein
stark verzerrtes Bild der Realität wieder. Konkret läßt
die Anzahl der erstmals straffällig gewordenen Drogenkonsumentinnen
kaum Rückschlüsse auf die tatsächliche Anzahl an Konsumierenden
zu. Der Rückgang bei Ecstasy um 25,5 % und LSD um 19,6 % erklärt
sich vorrangig mit dem Dealen und Konsumieren dieser Drogen in Privatwohnungen,
auf welche die Polizei nur sehr schwer Zugriff hat. Auf dem Weg in den
Techno-Club tritt dann die Wirkung ein, fern jeglicher Strafverfolgung.
Wer die Realität in der Techno-Szene kennt, weiß, daß
es dort keinen ca. 20 %-igen Rückgang bei diesen zwei beliebtesten
Partydrogen gibt, so auch Präventionsvereine, wie z.B. Eve and Rave,
Berlin. Auch aus diesem Grund fordert das Fachforum Drogen die Einrichtung
eines nationalen Drogenforschungsinstitutes, welches sich vorrangig mit
Drogenprävention, Drogenkriminalität und vergleichender Drogenpolitik
befassen sollte.
Ecstasy und Speed
Ecstasy und Speed/Pep sind sich chemisch ähnlich und sind zumindest
in der Technoszene kaum zu trennen. Deshalb fassen wir sie zusammen.
Geschichte:
Amphetamine (Speed/Pep) wurden zum ersten Mal in Deutschland 1887 synthetisiert.
In der Medizin wurde es gegen Asthma, Übergewicht, Schlafstörungen
und Depressionen eingesetzt. Noch heute wird es zur Behandlung von hyperkinetischen
Kindern benutzt. In verschiedenen Kriegen wurde damit die Leistungsfähigkeit
der Soldaten gestärkt. Erst in den 60er Jahren entwickelte sich ein
illegaler Markt für die Droge. Besonders beliebt war sie bei ermüdenden
Berufen (Nachtportier, Fernfahrer etc.)
Das meist weiße Pulver wird oft durch die Nase gesnieft oder
in Tablettenform eingenommen. Manche spritzen es sogar. Heute wird die
Droge besonders häufig in der Techno-Kultur genutzt. Die verschiedenen
Ecstasy-Wirkstoffe gehören auch zur Familie der Amphetamine. Das Ur-Ecstasy
MDMA wurde 1913 ebenfalls in Deutschland als Appetitzügler patentiert.
Dann fand es Eingang in die Psychotherapie und schließlich in den
Schwarzmarkt. Inzwischen finden sich in den Schwarzmarktpillen nicht nur
MDMA und andere vergleichbare chemische Abwandlungen, sondern auch viel
Speed, Koffein, nur wirkungslose Füllstoffe oder sogar problematische
Stoffe wie Atropin; jeweils in unterschiedlicher Konzentration.
Wirkung/Nebenwirkungen:
Speed erhöht die Adrenalin- und Dopaminausschüttung des Körpers
und setzt Energiereserven frei. Das kann mit Zufriedenheit, Wohlgefühl
und gestärktem Selbstbewußtsein, aber auch mit unangenehmer
Anspannung und Selbstüberschätzung einhergehen. Stark erhöhte
Leistungsfähigkeit ist das Hauptmerkmal der Droge.
Ecstasy wirkt in erster Linie gefühlsverstärkend. Einfühlungsvermögen
und Offenheit zu sich selbst und anderen wird erhöht. Durch eine verstärkte
Ausschüttung des Glücksbotenstoffes Serotonin im Gehirn stellt
sich ein starkes Wohlbefinden ein. Je nach Umgebung und psychischer Grundstimmung kann
sich die Stimmung aber auch sehr verschlechtern.
Bei MDMA sind ansonsten eine leichte Leistungssteigerung und kaum halluzinogene
Wirkung zu spüren. Je nach Inhaltsstoff und Konsumatmosphäre
können aber auch diese Wirkungen verstärkt eintreten.
Diese Drogen werden von den Nutzern zum großen Teil als Bereicherung
für ihr Leben oder als interessante Abwechslung gesehen.
Hunger, Durst und Müdigkeit werden bei beiden Drogen unterdrückt.
Das kann bei ununterbrochenem Tanzen zu Überhitzung führen. Während
der Wirkungszeit kann es zu Herzhytmusstörungen kommen. Im Extremfall
kann es zu Kreislaufzusammenbruch und ernsthaften körperlichen Schäden
kommen. Nach Abklingen der Wirkung sind oft Erschöpfung und Depressionen
zu spüren.
Auch bei Dauergebrauch entsteht keine körperliche Abhängigkeit.
Eine psychische Abhängigkeit ist aber möglich, d.h. es entwickelt
sich für einen bestimmten Zeitraum ein hochdosierter Gebrauch. Bei
Dauergebrauch entsteht auch durch Schlafentzug - eine starke Belastung
für die Psyche bis hin zu einer möglichen paranoiden Psychose
und Verfolgungswahn (v.a. Speed). Der Serotoninhaushalt im Gehirn kann
so überlastet werden, daß natürliche Glücksgefühle
selten werden (v.a. Ecstasy). Der Körper wird nach und nach ausgezehrt.
Beim Sniefen wird die Nasenschleimhaut geschädigt und negative Auswirkungen
auf Organe sind möglich.
Die Mehrheit der User entwickelt jedoch keinen chronischen Gebrauch.
An Drogenhilfestellen sind Speed- und Ecstasyprobleme bisher eher selten.
safer use:
-
So weit wie möglich auf die Qualität von Pillen achten. (z.B.
nur MDMA)
-
Pillentestliste von eve + rave besorgen / möglichst zuverlässige
Quelle suchen. Speed/Pep vermeiden, wenn nicht extra gewünscht.
-
Spritzen sollte vermieden werden. Das Risiko von Überdosierung oder
Infektion ist groß.
-
Mischkonsum möglichst vermeiden / besonders vorsichtig sein. (auch
Alkohol!!!)
-
Beim Tanzen darauf achten, daß genug Pause gemacht und getrunken
wird, auch wenn mensch daran am Wenigsten denkt.
-
Abstände einhalten. Nicht jedes Wochenende chemische Drogen! Auch
bei größeren Abständen kann es zu Psycho- und Schlafstörungen
kommen. Konsum erstmal einstellen, sobald die negativen (Nach-)wirkungen
stärker werden als der Spaß.
-
Ausreichend schlafen und regelmäßig essen, um Körper und
Geist zu regenerieren.
-
Nie Drogen nehmen, um in schlechter Stimmung besser draufzukommen. Wer
auf Dauer ein Problem mit Drogen verdrängen will, hat ein neues Problem.
Den Rausch als etwas Besonderes genießen!
Folgen des Verbots:
Gerade bei Ecstasy ist das Verbot der Droge und der daraus entstehende
Schwarzmarkt besonders schädlich. Wie beschrieben werden die Pillen
dadurch völlig unberechenbar. Die Art der Wirkung und die Dosierung
ist nicht vorhersehbar. Ungewollte Rauschzustände und Überdosierungen
werden dadurch wahrscheinlicher. Wesentlich problematischere Substanzen
als MDMA tauchen in den Pillen auf. Vor Speed-Konsum kann mensch sich bei
den Pillen kaum schützen. Eine szenenahe Beratung zum risikovermindernden
Umgang mit den Drogen ist kaum möglich. Andererseits kann das Verbot
den Siegeszug der synthetischen Drogen nicht aufhalten. Es hat also keinen positiven,
aber erhebliche negative Effekte.
Forderungen des GAJB:
-
Umfassende und sachliche Information über Wirkungen und Gefahren des
Ecstasy- und Speedkonsums.
-
Staatliche Untersuchen der (Ecstasy)pillen und (Speed)pulver auf Wirkstoffe,
deren Konzentration und Verunreinigungen. Die Ergebnisse werden öffentlich
gemacht. Vorbild soll das niederländische drug-checking sein.
-
Ecstasy (MDMA etc.) und Speed sollen von Pharmaunternehmen hergestellt
werden und in Drogenfachgeschäften ab 16 Jahren verkauft werden.
-
Die kulturelle Einbettung des Konsums soll gefördert und nicht behindert
werden. Selbsthilfegruppen sind zu unterstützen.
-
Die Forschung im Bereich der Langzeitschäden soll intensiviert werden.
-
Für andere Designerdrogen soll ein Testverfahren entwickelt werden,
das mögliche Gefahren und feststellen soll. Aufgrund der Ergebnisse
soll der Grad der öffentlichen Zugänglichkeit bestimmt werden.
-
Mindesten einmal in der Schullaufbahn müssen Ecstasy und Speed behandelt
werden.
-
Es sollen in Volkshochschulen oder an anderen Einrichtungen freiwillige
Kurse zu Ecstasy angeboten werden.
-
Werbung soll weiterhin verboten bleiben.
-
Es sollen Grenzwerte für den Straßenverkehr bestimmt werden.
Wir werden damit nicht alle persönlichen Probleme mit Speed und auch
ecstasy aus dem
Weg räumen können. Die verheerenden Begleiterscheinungen
des Schwarzmarktes und das
Informationsdefizit werden allerdings verbannt.
Drogenpolitisches Netzwerk bei Bündnis 90 / Die Grünen
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Pressemitteilung
(Erklärung des Fachforums Drogen des Grün-AIlternativen Jugendbündnisses
sowie der LAG Drogen Berlin bei Bündnis 90/Die Grünen anläßlich
einer Drogen-Tagung am 19.-21.12.97 in Berlin).
Rechtsstaatlich bedenklicher Entwurf der Bundesregierung zur Illegalisierung
von Hanfsamen, psilocybinhaltigen Pilzen, meskalinhaltigen Kakteen etc.
am 19.12.97 in Bundesrat abgesegnet
Nach einer Vorlage der CDU/CSU/FDP-Bundesregierung sollen ab Januar 1998
nun auch Hanfsamen, sofern diese zur Anzucht THC-haltiger Pflanzen bestimmt
sind, illegalisiert werden. Mit dieser Verordnung zur Neuregelung des Betäubungsmittelgesetzes
(BtMG) werden nun - erstmals in der Geschichte des BtMG - Pflanzenteile
verboten, die gar keine Betäubungsmittel enthalten, da Hanfsamen selbst
von THC-reichen Hanfpflanzen niemals den Wirkstoff THC aufweisen. Diese
Regelung verstößt deshalb vermutlich gegen geltendes Recht,
und eine Überprüfung durch die Gerichte wird sicherlich bald
erfolgen.
Nach dem Willen dieser Bundesregierung geht es in Zukunft darüber
hinaus den bei einschlägigen Pilzsammlern geschätzten Spitzkegeligen
Kahlköpfen (Psilocybe semilanceata) etc. an den Kragen. Die chemische
Substanz Psilocybin etwa fiel zwar auch schon vorher unter das BtMG, verpackt
in ihren natürlichen Produzenten (bestimmten Pilzen) war dieser Stoff
jedoch nicht illegal, d.h. der Besitz psilocybinhaltiger Pilze im frischen
Zustand war nach Gutachten führender Oberstaatsanwälte straffrei.
Mit der Verschärfung des BtMG soll nun der seit einigen Jahren sprunghaft
angestiegene Konsum dieser Pilze eingedämmt werden, insbesonders ist
wohl beabsichtigt, der Heimkultur dieser "göttlichen" Gewächse
- sofern zu Rauschzwecken bestimmt - über das Strafrecht eine Ende
zu bereiten. Juristisch strittig ist allerdings noch, ob der Besitz von
Mycelkulturen dieser Pilze tatsächlich bereits strafbewehrt ist, da
die Mycelien (gewachsen in Erde etc.) nicht unmittelbar als Droge zu Konsumzwecken
(im Unterschied zu den Fruchtkörpern) zu gebrauchen sind.
Und was ist mit den wildwachsenden Kahlköpfen und Genossen in unserem
Lande? Da diese neuerdings als potentielle gefährliche Droge für
das liebe Vieh auf der Weide und insbesonders tür ahnunglose PilzeammIer
gelten, ist nach Lesart der Bundesrejierung logisch, auch diese auszurotten
- sei es durch Umpflügen der pilzhaltigen Waldwiesen oder effektiver
noch durch den großflächigen Einsatz von todsicher wirksamen
Fungiziden (schließlich will ja unsere chemische Industrie auch noch
was dran verdienen!). Staats-Gärtner und Förster werden nach
Inkraftreten der neuen BtMG-Verordnung dann wohl auch speziell in Pilzkunde
geschult werden müssen, um die gefährlichen ,"Rauschgift"pilze
fortan gezielt beim Antreffen eliminieren zu können. Bei einer zu
erwartenden Pilzschweme in guten Pilzjahren, liessen sich so überdies
tausende von Arbeitslosen beschäftigen, um die pilzlichen "Volksschädlinge"
gezielt aufzuspüren und zu vernichten.
Alles nur Utopie? Real ist zumindest, daß der Besitz von Hanfsamen
und der Besitz zum beabsichtigten Verzehr von psilocybinhaltigen Pilzen,
meskalinhaltigen Kakteen, butoteninhaltigen Froschschenkeln etc. künftig
unter Umständen ein paar Jahre Knast (allenfalIs mit Schimmelpilzen
an den Wänden) einbringen kann. Wenig verständlich ist auch,
warum einige der SPD/Grün geführten Bundesländer diese BtMG-Verordnung
der Bundesregierung am 19.12.97 im Bundesrat nicht verhindert haben - schließlich
fordern Bündnis 90/Die Grünen im geplanten Bundestagswahlprogramm
für 1998 die Legalisierung aller sogenannten "weichen Drogen", worunter
schließlich Hanf, psilocybinhaltige Pilze usw. fallen. Nach Meinung
der Mitglieder einer Tagung zum Thema Drogen des Grünen Jugendverbandes
vom 19.-21.12.97 in Berlin muß das "bedauerliche Abstimmungsverhalten"
einiger rot/grüner Bundesländer deshalb Konsequenzen in den entsprechenden
Grünen Landesverbänden haben.
Gesetzestreuen Drogenpilzkonsumenten des konservativen CDU-Lagers kann
abschließend im übrigen in Zukunft empfohlen werden, auf die
bekannten Fliegenpilze umzusteigen Diese sind auch künftig voll legal,
da hier bekanntlich kein Psilocybin drin ist Die dortigen Inhaltstoffe
Muscazol, Ibotensäure etc. törnen ja schließlich auch ganz
gut, sofern man nicht vorher alles wieder rausgereiert hat (Nebenwirkungen:
Übelkeit, Erbrechen, Herzrasen, Ohnmacht). Nun dann - wie das neue
BtMG: wohl bekomm's!
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