Väter der Klamotte
Ende Februar fand in Heidelberg der 2. Internationale
Kongreß des Europäischen Collegiums für
Bewußtseinserweiterung statt. Unter den Referenten
befanden sich auch die Forscher Albert Hofmann und Alexander
& Ann Shulgin, die Oliver Köhler exklusiv für
Frontpage interviewte>>>>>>>>>>>>
Dr. Albert Hofmann, der zufällige Entdecker der
Lysergsäurediäthylamid, ist "Chemiker
und kein Guru". Er ist auch kein Psychologe. Er
ist sich aber bewußt, und das wurde in seinem
Standardwerk "LSD - Mein Sorgenkind" mehr
als deutlich, welch nützliche &zugleich gefährliche
Substanz er mit dem "bewußtseinserweiternden"
LSD entdeckte. Und da seine Erfindung bis heute diverse
psychische Schäden verursachte, hat seine Mission
so viel Bedeutung wie vor 53 Jahren: Die strikte Anwendung
von LSD zur Entdeckung des Ichs unter kontrollierten
Umständen!
Pünktlich zum silbernen Jubiläum der Erfindung
dieser Substanz tauchte plötzlich das subkulturelle
Phänomen Acid-House auf. Wie der Name schon impliziert,
greift es u.a. auf jenes Rauschmittel des 90jährigen
Baseler Chemikers zurück. Was sagt Albert Hofmann
zwanzig Jahre nach der Beerdigung von "Lucy in
the Sky with Diamonds" dazu?
Oder bringt die Rave New World neue Erkenntnisse in
der Diskussion "Für oder gegen LSD"
mit sich?
-
FP: Die Verbindung von Drogen & Musik reicht bis
zum Anfang der Menschheit zurück. In den 60er
Jahren haben die Hippies diese Verbindung wieder aufgegriffen
und wir erleben zur Zeit eine psychedelische Renaissance
in der Form der Rave Kultur, wo u.a. auch LSD zur Steigerung
des Erlebnisses, manchmal mit verheerenden Folgen,
konsumiert wird. Ist der Einsatz von LSD Rave-tauglich?
-
HOFMANN: Ich fühle mich nicht kompetent, über
die Rave-Szene zu reden. Prinzipiell ist immer wünschenswert,
was zur Lebensfreude beiträgt. LSD ist aber ein
Mittel, das die Sinnesempfindungen stimuliert, und
da kann ich mir vorstellen, daß ein Rave durch
die Einwirkung von lauter Musik & Lichteffekten
zu intensiv ist. Dabei wird das LSD-Erlebnis in zu
hohem Maße gesteigert und der Rauschzustand kann
schlecht positiv verarbeitet werden. Die Natur bestraft
die, die sie mißbrauchen.
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Glauben Sie, daß durch die objektive Aufklärung
der Mißbrauch von LSD verhindert werden kann?
-
Natürlich werden Informationen gebraucht. Ich glaube,
daß die intelligenteren Benutzer sich sowieso
informieren werden.
-
Sollte LSD jemals außerhalb von therapeutischen
Ansätzen im kontrollierten Rahmen angewendet werden
dürfen? Wo würden Sie da eine Altersgrenze
setzen? Es ist kein Geheimnis, daß auch Minderjährige
diese Substanz konsumieren.
-
Minderjährige sollen die Finger davon lassen. In
einem noch nicht entwickelten Bewußtsein wirkt
LSD wie eine psychische Atombombe!! Das wichtigste
an einer LSD-Erfahrung ist, daß man zurückkommt.
Junge Leute sind sensibler, schwächer. Sie reagieren
viel intensiver auf LSD; es wirkt zu stark und es ist
nicht vorausgesetzt, daß sie zurückkommen.
Zudem ist dieser Wirkstoff schwer zu dosieren. Die
Dosis kann meistens nicht kontrolliert werden. Ich
möchte da auch Goethe zitieren: "Trunken
müssen wir alle sein! Jugend ist Trunkenheit ohne
Wein; Trinkt sich das Alter wieder zu Jugend, so ist
es wundervolle Tugend."
Die Jugend ist sein eigener Rauschzustand, deshalb braucht
die Jugend keine Rauschmittel. Ich könnte mir
einen Rave ohne Drogen vorstellen. Das wäre sehr
gut. Die Jugend hat die Drogen nicht nötig!
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Sind aber Ihre persönlichen Schilderungen des mystischen
Erlebnisses, das Sie stark an Ihre Kindheit erinnert
hat, in gewissem Maß nicht auch ein Anreiz für
den Gebrauch und letztendlich Mißbrauch von LSD?
Gerade die Suche nach Geborgenheit und Glück,
bzw. Ekstase führt viele zu Drogen. Der Leiter
dieses Kongresses Dr. Prof. Rolf Verres behauptet gerade
gestern, daß "eine Gesellschaft wie unsere,
(deren Alltag) so rational ist, vielleicht auch suchtgefährdet
sei"!
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LSD ist absolut kein Mittel gegen den Frust des Alltags.
Die Jugend braucht das auch nicht. LSD kann helfen,
den Alltag besser einzuordnen, zu verstehen. Aber es
genügt auch nur ein Mal. Das letzte Mal,
daß ich LSD genommen habe, war vor zehn Jahren,
als ich mit Freunden in den Bergen von Süd-Mexiko
war. Wir waren in fröhlicher Gesellschaft inmitten
einer unglaublich schönen Vollmond-Landschaft.
Es wurde der Vorschlag gemacht, das Erlebnis zu steigern.
Da habe ich zum ersten Mal LSD aus dem etwas egoistischen
Grund genommen, das Naturerlebnis und die Fröhlichkeit
der Gesellschaft zu steigern, nicht um mich besser
kennenzulernen. Es war nicht so wie die ersten Untersuchungen,
die ich vor 50 Jahren gemacht habe.
LSD hat nämlich sehr früh gezeigt, was es
mir zeigen kann und zeigen wollte. Es hat mir sehr
schnell die Lehre erteilt und ich habe die Botschaft
zur Kenntnis genommen. Ich weiß, was es bedeutet.
Ich finde, die Botschaft ist da, um gelebt zu werden,
erfüllt zu werden. Es war für mich ein Auftrag,
mich selbst zu finden. LSD hat mir neue Dimensionen
gezeigt. Ich hatte das Gefühl, ich stehe mitten
in einer Wahrheit, die mich zu einer bestimmten Lebenshaltung,-einstellung
geführt hat. Wichtig ist für mich, daß
ich das, was ich für wahr halte, in meinem Leben
lebe.
Deswegen brauche ich LSD nicht mehr. Deswegen finde
ich auch, daß ein verkrustetes, ausgetrocknetes,
altes Bewußtsein LSD sinnvoll gebrauchen kann.
Für die Jugend gibt es aber bessere Mittel: sie
sollen >>>>tanzen!