Big dope=problem & no dope=no problem
Ein neues Buch sorgt in den USA für Zündstoff: Die US-Drogenfahnder
sind allesamt korrupt und der "war on drugs" bis heute vor allem als eine
Facette des Rassenproblems zu begreifen
Mit Drogen ist es wie mit Kindern: "Big dope, big problem - little dope,
little problem - no dope, no problem." Das jedenfalls ist die Haltung einiger
amerikanischer Drogenfahnder. Wer viele Drogen beschlagnahmt und einen
Lieferanten erwischt, der hat damit nur Probleme. Warum? Nun ja, weil beim
Auffinden großer Drogenmengen und bei der Festnahme eines Großhändlers
viel Stoff und viel Geld zum Vorschein kommen - und dieser Versuchung erliegen
nicht wenige.
Mit derlei ernüchternden Fakten über Amerikas Drogenkrieg ist
ein neues Buch proppevoll, das für lebhafte Diskussionen sorgt. Daß
alle Instanzen, die in Amerika mit der Drogenfahndung befaßt sind,
korrupt sind, ist noch die geringste der Enthüllungen, die Mike Gray
zwischen zwei Buchdeckel gepreßt hat. Der Autor von Drehbüchern
wie dem "China Syndrom" rechnet vor, daß in den letzten 15 Jahren
300 Milliarden Dollar für Amerikas Drogenkrieg ausgegeben wurden.
Nur scheint es so, als sei diese Summe direkt in die Taschen großer
Drogenhändler gegangen, deren Umsatz allein 1996 um 20 Prozent zugenommen
hat.
Die Anfänge des Drogenkriegs gehen auf den Versuch der USA zurück,
Anfang dieses Jahrhunderts einen Fuß in die Tür des chinesischen
Marktes zu bekommen. China litt nach den Opiumkriegen, in denen dem Land
von den Briten der Opiumhandel aufgezwungen wurde, an einem ernsthaften
Drogenproblem. Amerika bot seine Hilfe an, um im Gegenzug die Engländer
aus dem Markt zu verdrängen. Im Unterschied zu China hatten die USA
um 1900 so gut wie kein Drogenprobleme. Der oder besser die typische Süchtige
war eine Südstaaten-Lady, die von Laudanum - ein Opium-Akohol- Gemisch
- abhängig war. Die Zahl der Süchtigen belief sich auf ein Zehntel
Prozent der Bevölkerung.
Hamilton Wright, der erste Drogenbeauftragte der amerikanischen Regierung,
wußte, daß ein internationales Drogengesetz nur durchgehen
würde, wenn die USA mit gutem Beispiel vorangingen. Doch woher das
Problem nehmen, wenn es nicht existierte? Hamilton Wright setzte auf Rassismus
und schuf die Figur des von Kokain aufgeputschten Schwarzen, der von Kugeln
unverwundbar und gegen Schmerz unempfindlich war.
Bis heute ist das Drogenproblem in Amerika eine Facette des Rassenproblems.
Die meisten Abhängigen sind in Amerika weiß, die meisten
wegen Drogenvergehens Einsitzenden aber schwarz. Daß die Sanktionierung
der Drogen in Amerika nicht 1933 zeitgleich mit der Prohibition endete,
lag einzig daran, daß es für maßvolle Drogenbenutzung
keine, für Trinker aber eine starke Lobby gab. Während um 1914
eine Studie von Charles E. Terry nachwies, daß nur ein Drittel der
User schwarz waren und 80 Prozent einer geregelten Arbeit nachgingen, sitzen
heute ein Drittel der schwarzen Männer im Gefängnis oder sind
auf Bewährung frei - wegen Vergehen gegen die Anti-Drogen-Gesetze.
Seit Anfang des Jahrhunderts sind eine Bilion Dollar für den Drogenkrieg
ausgegeben worden - mit dem Ergebnis, daß man heute in den USA an
fast jeder Straßenecke Drogen bekommt. Es ist Zeit, sich einzugestehen,
daß der Krieg gegen die Drogen verloren ist.
Peter Tautfest,
Washington
Mike Gray: "Drug Crazy, How We Got into this Mess & How We Can Get
Out".
New York, Random House 1998, 251 Seiten
taz Nr. 5644 vom 25.9.1998 Seite 10 101 Zeilen
TAZ-Bericht Peter Tautfest
http://www.taz.de/tpl/1998/09/25/a0359.taz/oldText
http://swix.ch/ub/ub.cgi?ub=07_01_10 |