Teil Zwei
WARUM
BENUTZEN WIR HEUTE KEINEN HANF?
Wie
und warum wurde Hanf in den USA illegalisiert?
Harte Frage!
Um zu erklären, warum Hanf, die wohl nützlichste Schöpfung
unter den Nutzpflanzen der Erde illegalisiert wurde, muß auf die
"Droge" Marijuana / Haschisch aufmerksam gemacht werden. Angefangen hat
alles am Anfang unseres Jahrhunderts in den USA. Dort waren Kokain und
Opium sehr weit verbreitet. Letzteres besonders unter den chinesischen
Einwanderern. Opium macht stark abhängig, allerdings im Vergleich
zu den heutigen Designerdrogen wie Crack recht "harmlos", wenn man dieses
Wort in Zusammenhang mit wirklich harten Drogen gebrauchen kann. Opium
war für viele Chinesen eine Art Aufputschmittel, um 16 Stunden oder
mehr arbeiten zu können und die eigene Existenz zu sichern.
Auch in Europa
waren viele Arbeiter opiumabhängig, es wurden sogar Kriege geführt
(Stichwort England und die Opiumkriege). Aber zurück
zu den USA. Die Chinesen zogen irgendwann den Haß der "weißen
Arbeiterklasse" auf sich, da sie glaubten, die Chinesen würden ihnen
die Arbeitsplätze wegnehmen. Genau wie heute wurde dieser Rassismus,
der aus Sozialneid entstand, vom Staat instrumentalisiert und Chinesen
wurde die Einreise in die USA erschwert, beziehungsweise gänzlich
verweigert. Das erinnert doch sehr an einen Manfred Kanther, der die Einwanderung
in die BRD stoppen will, um die Bürger vor "afghanischen und arabischen
Heroinhändlern und südamerikanischen Kokaindealern" zu schützen.
Rassismus damals, Rassismus heute. Es hat sich so gut wie nichts geändert.
Bei Kokain
mußten die farbigen Bevölkerungsteile der USA herhalten. Es
lief alles nach dem gleichen Schema ab. Bei der Black Community versuchte
der rassistische Staat USA alles, um ihnen den sozialen Aufstieg zu verwehren
und die Community zu kontrollieren.
In den Zeitungen
und den zahlreichen Revolverblättern der weißen Schichten wurde
ein bestimmtes Bild des schwarzen Amerikaners gezeichnet. Demnach sei der
black american eine kokainabhängige Bestie, die nichts lieber macht
als weiße Frauen zu vergewaltigen und Kinder mit Äxten zu erschlagen.
Es wurde sogar behauptet, daß ein Schwarzer unter dem Einfluß
von Kokain 4 mal so stark sei wie ein (weißer) Polizeibeamter.
So wurden nach und nach Kokain und Opium verboten. Nicht, wie es wünschenswert
wäre, nach einer medizinischen Prüfung (bei der
Opium und Kokain garantiert nicht gut wegkommen würden), sondern
durch einen staatlich instrumentalisierten Rassismus, der besonders dem
Interesse der herrschenden weißen Klasse zu gute kam.
Jetzt kommen
wir aber endlich zum Hanf. Hier mußten die zahlreichen mexikanischen
Einwanderer herhalten. Jeder wußte, das die mexikanischen Revolutionäre
am Anfang des Jahrhunderts zu einem Joint nie nein gesagt hätten.
Das Image der Revolutionäre war in den USA eh nicht gut. Pancho Villa
und Emiliano Zapata, die "Führer" der Aufständischen wurden in
der amerikanischen Presse gerne als Bestien in Menschengestalt dargestellt.
Ihre Truppen waren etwas rüpelhaft, allerdings muß man berücksichtigen,
daß es sich hier um eine Volks-armee handelte. Und jeder der sich
mit den Zapatistas beschäftigt, weiß, daß es sich um,
wenn auch etwas rüpelhafte aber ehrliche und aufrichtige Revolutionäre
handelte.
Dies ist besonders
jetzt, seitdem die EZLN, die Zapatistische Befreiungsarmee seit einem Jahr
in Chiapas gegen die dortigen Umstände kämpft, äußerst
interessant. Nun waren die historischen Vorbilder der EZLN, wie schon gesagt,
dem Hanf nicht abgeneigt. Das Lied "La Cucaracha" ist im Original ein Hanflied
der mexikanischen Revolutionäre. Die Kakerlake (La Cucaracha)
war ein Revolutionär, der erst weiterziehen wollte, um die
Reaktion zum Teufel zu jagen, wenn er etwas Grass bekommt.
Als dann Ende
der 20er Jahre und Anfang der 30er Jahre die Great Depression ausbrach,
eine Wirtschaftskrise von ungeheurem Ausmaße, stieg die Kriminalitätsrate
gen Himmel. Die vielen Gangsterfilme der 30er Jahre sind ein unwahrscheinlich
interessantes Zeugnis dieser Ära. Die Politiker machten die neuen
Einwanderer aus Mexiko dafür verantwortlich (klingt
bekannt, oder?). Und schon wieder wurde besonders unter der amerikanischen
Arbeiterklasse ein institutionalisierter Rassismus verbreitet. Mexikaner
würden angeblich den "Weißen" die Arbeits-plätze wegnehmen
und auch eine Bande von notorischen Kriminellen sein. Die Polizeistatistik
von damals sagte übrigens genau das Gegenteil aus. Mexikaner waren
weniger in den Akten der Polizei vertreten als Weiße, auch prozentual.
Im übrigen
muß noch gesagt werden, daß vor der staatlichen Hetze das Verhältnis
von "Weißen" zu Mexikanern gar nicht so schlecht war. Im Gegensatz
zu den Farbigen und den Chinesen besaßen die Mexikaner ja eine europäische,
sprich weiße Sprache, nämlich Spanisch und waren ja meist auch
gläubige Katholiken.
Im Süden
wurde wegen der angeblichen Kriminalität der Mexikaner Marijuana verboten,
aus genau denselben Gründen wie das Kokain. Im Norden wurde Marijuana
mit Jazz in Verbindung gebracht und somit wieder mit der Black Community
(was allerdings durchaus berechtigt ist; Louis Armstrong
war zum Beispiel einer der radikalsten Kiffer der Welt). Außerdem
darf auch nicht vergessen werden, daß zu dieser Zeit in den USA die
Prohibition herrschte, also auch Alkohol verboten war. Deshalb verbreitete
sich im Untergrund relativ viel harter Alkohol, da Whisky einfacher zu
schmuggeln war als eine Kiste Bier.
Zu dieser Zeit
wurde die Polizei immer weiter ausgebaut. Und, ob das alleine schon nicht
reichen würde, begann ein gewisser Harry J. Anslinger (auch
Dirty Harry genannt!), das Federal Bureau of Narcotics and Dangerous
Drugs (Bundesbüro für Narkotika und gefährliche
Drogen) weiter aufzubauen. Anslinger bekam diesen Job durch den
Onkel seiner Frau Andrew Mellon, Finanzminister der USA. Das FBNDD war
bekannt für drastische Straf beziehungsweise Kreuzzüge besonders
gegen das "BÖSARTIGE MARIJUANA".
Anslinger gab
nach seiner Pensionierung selbst zu, daß seine Abteilung immer gerne
geraubt und sogar vergewaltigt (!!!) hat und das junge Männer ihren
Job sehr liebten. Das FBNDD wurde übrigens später zur DEA. Anslingers
Hauptanliegen war die Durchsetzung eines Gesetzes zur "Bekämpfung
von Opium, Kokain und anderen volksschädigenden Drogen", welches in
allen Staaten gelten sollte.
Er war ein
astreiner Rassist, KuKluxClan-Sympathisant und deshalb auch ein Hasser
von Jazz und Blues. Er sagte selber, daß er davon träumte, alle
Jazz- und Bluesmusiker auf einen Streich zu verhaften und zu internieren!
Auf Elternabenden an Schulen erzählte er Horrorstories von angeblichen
Gewalttaten, die nach dem Konsum von Marijuana aufgetreten sein sollen.
Diese Periode der amerikanischen Geschichte ging als Reefer Madness in
die Geschichtsbücher ein, benannt nach einem dummen Film aus dem Jahr
1930, der heute ein Hanf-Freunde-Kultfilm geworden ist, da er recht komisch
anmutet.
Über Anslinger
selber gibt es auch noch einige nette Geschichten. So behauptete er bis
1945 Cannabis mache aggressiv und verwandele harmlose, nette Menschen in
Bestien. Als aber nach dem 2. Weltkrieg die Russen in der McCarthy-Ära
(McCarthy war der Mann, der Kommunisten in den USA jagte
und einsperrte) als neuer Hauptfeind auserkoren wurden, behauptete
er auf einmal, Hanf mache so friedlich und das könne man im Kampf
gegen den "Bolschewismus" (sic!) auf keinen Fall gebrauchen.
Er war sogar der Meinung, daß das Hanfgeschäft von den "Kommis"
geleitet wird, die dann irgendwann die USA einnehmen würden. Komisch,
denn heute wirft man der PKK auch vor, daß sie mit Drogen handeln
würde.
Anslinger war
übrigens nicht sehr konsequent. Er war nämlich selber eine Art
Dealer. Er versorgte den vorher schon angesprochenen McCarthy mit Morphium,
da dieser stark abhängig war, also ein echter Junkie! Angeblich hat
er dies getan, weil er nicht wollte, daß sein Freund McCarthy von
Kommunisten erpreßt werden kann.
Wie
lief das ganze in Europa ab?
In Europa lief
das ganze nicht so wie in den USA. Es gab natürlich auch Leute, die
den Hanf verbieten wollten, um ihre eigenen Interessen durchzusetzen. Ein
Beispiel dafür ist ein Begehren des englischen Unterhauses im Jahre
1890 den Hanf in der Kolonie Indien zu verbieten. Allerdings ergab eine
Untersuchungskommission, daß dieses Begehren von einigen Lobbyisten
der Alkoholindustrie gestartet wurde. Diese wollten nämlich den Hanfrauchenden
Indern den Hanf nehmen und ihnen dafür Scotch geben!
Der Rückzug
des Hanf ist allerdings nicht diesen Leuten zu verdanken. Ein Faktor für
die Entwicklung der Hanfpolitik war die schlichte Verdrängung von
Haschisch aus der Medizin. Es wurde nämlich durch einen neuen Stoff
ersetzt. Dieser Stoff wurde mit dem Slogan "Garantiert nicht suchterzeugend"
von der Firma BAYER (Ja, genau der Verein, der heute noch
alle Fäden in der deutschen pharmazeutischen Industrie in der Hand
hält) auf den Markt geworfen und war eine Weiterentwicklung
des Morphium: Heroin! Das sich die Versprechungen der Firma als Lüge
herausstellten wissen wir heute. Es wäre eigentlich nur konsequent,
Bayer heute für all die toten Junkies vor Gericht zu zerren.
Haschisch war
damals sehr weit verbreitet. Besonders Marijuana, im Volksmund auch "Knaster"
genannt, war der billige Tabakersatz des einfachen Volkes. Die großen
Zigarettenmarken von damals, wie zum Beispiel Orient (eine
Anspielung auf die Heimat des Rauchhanfes) enthielten bis zu 10%
Marijuana oder Haschisch. Das diese Marken vom Markt verschwanden lag nicht
an einem gesteigerten Gesundheitsfanatismus, sondern schlicht an einem
Trend zur "Light-Zigarette". Trotzdem rauchten viele weiter, meist in der
Form von hochpotentem Haschish-Öl. Menschen wie Nietzsche, Lewis Carrol
(Alice im Wunderland, man erinnere sich an die Raupe mit der Wasserpfeife
auf dem Zauberpilz), Boudelaire und selbst die englische Königin
waren begeisterte Hanffreunde. Allerdings ging diese Entwicklung Ende der
20er Jahre zu Ende.
Als im Völkerbund
Ägypten eine Resolution zur "Kontrolle (sprich Verbot)
von Haschisch" einbrachte, stimmten nicht ganz die Hälfte der Länder
dafür. Deutschland enthielt sich der Stimme, da der Hanf dort einen
gewissen Stellenwert hatte. Als Ägypten allerdings der deutschen Regierung
versprach, daß Heroin (made in Germany by BAYER) und
Kokain (auch made in Germany vom Chemieriesen Merck) ungehindert
nach Ägypten exportiert werden dürften, stimmte good old Germany
für die Hanf-Prohibition. Die Ägypter forderten dieses Verbot
übrigens, um ihre rauchenden, rebellischen Untertanen besser unter
Kontrolle zu kriegen (wie in den USA).
Der Versuch,
die Methoden von REEFER MADNESS und Anslinger auf Europa zu übertragen,
schlug Gott sei Dank fehl. Allerdings war in den 50er und 60er Jahren eine
ähnliche Stimmung grade im stockkonservativen und reaktionären
Deutschland zu spüren, die allerdings dank der 68er und besonders
den Haschrebellen aufgelockert wurde.
Jetzt
mach mal langsam. Du willst mich Glauben machen, daß die Politiker
von damals nicht darüber nachgedacht haben, Marijuana und Textil-Hanf
zu trennen, anstatt das Baby mit dem Bade auszuschütten?
Da ist noch
eine ganze Menge mehr. Chemie-Papier wurde zu dieser Zeit vom US-amerikanischen
Chemieriesen DuPont erfunden. Es ging um einen Milliarden-Deal mit dem
Zeitungs-Zaren William Randolph Hearst.
Dieser sah
sein neues Papier durch Hanf gefährdet, denn Hanf ist billiger und
resourcenschonender. Dieser Hearst war der Herr über zahlreiche Revolverblätter.
Und ihm haben wir auch zu verdanken, daß man diese Art der Zeitung
YELLOW PRESS nennt. Denn im Gegensatz zu Hanfpapier wurde das neue Papier
schon nach wenigen Wochen gelb, es vergilbte ganz einfach wegen des hohen
Säureanteils. Hearst hatte schon soviel Kapital in die Entwicklung
des neuen Papiers bei DuPont investiert, daß es bei ihm um alles
ging. Er schaltete deshalb die Konkurrenz systematisch aus und natürlich
auch die Hanf-Industrie. Ihm ist der sogenannte Marijuana Tax Act von 1937
zu verdanken, dem Verbot von Hanf auch für industrielle Zwecke. Viele
Historiker fragen sich heute, warum dieses Gesetzt überhaupt erlassen
wurde, da es mit einem Anti-Drogen-Gesetz nicht sehr viel zu tun hatte.
Die Interessen
der Industrie wurden durch das Klima von Rassismus und einer Anti-Drogen-Rhetorik
begünstigt, Hanf vom freien Markt genommen und das ist der Grund,
warum Hanf illegalisiert wurde !!!
(Puh!) Die
Ignoranz gegenüber Hanf ging lange weiter, allerdings ist jetzt Licht
am Horizont zu sehen. Unser aller Freund Seehofer, seines Zeichens Gesundheitsminister
(CSU) hat erkannt, daß man mit Hanf Geld verdienen kann und deshalb
Cannabis mit unter 0,3% THC im Juni 95 wieder für anbaufähig
erklärt. In den USA sieht es nicht so rosig aus.
In den 70er
Jahren wurde sogar das Wort Hanf (HEMP) aus allen Schulbüchern der
USA gestrichen. Soviel zum Thema freie Rede. Jack Herer, einer der bekanntesten
und beliebtesten Hanf-Aktivisten fragte in den 70er Jahren einmal den Kurator
des Smithsonian Museum, warum dieses Wort aus der Sprache ausgemerzt wurde.
Die Antwort, die er bekam, war erstaunlich: "Kinder brauchen nichts über
Hanf zu wissen. Es verwirrt sie doch nur.".
Jack Herer
suchte weiter nach Zeugnissen des Hanfes in den USA und wurde fündig.
Er fand in alten Archiven einen Film mit dem Namen "Hemp for victory!"
(Hanf für den Sieg), einen Propagandafilm für Hanf aus dem Jahre
1940. Dieser Film, der laut US-Regierung nie existiert hat aber eigenartigerweise
von ihr selbst produ-ziert wurde, propagierte Hanf im 2. Weltkrieg als
Megarohstoff. Söhne von Hanfbauern wurden sogar vom Kriegseinsatz
in Europa oder im Pazifik verschont. Spitzen Arbeit, Jack !
Gibt
es eine Lektion, die wir aus dieser Geschichte lernen können?
Nun, nicht
nur eine, einige! Die erste ist, daß Haß sich nie auszahlt.
Es ist schon ironisch, daß der Rassismus der Amerikaner sie selbst
verletzt hat, besonders materiell. Man könnte fast von einer göttlichen
Gerechtigkeit spre-chen. Weil die Amerikaner von Haß, Rassismus und
Angst geblendet waren ließen sie eine reiche Zukunft in ihren Fingern
zerrinnen. Es zeigt auch, daß Amerikaner und Europäer den Begriff
Demokratie ernster nehmen sollten, besonders in einem kapitalistischen,
parlamentarischem System.
Wenn sie nur
mehr Zeit darauf verwandt hätten, mehr über Hanf und ihre Umwelt
zu lernen, dann hätten sie die Strategien des Kapitals verstanden.
Hanf hätte nie illegalisiert werden sollen. Heute besitzt Hanf-Prohibition
keine rationale Basis mehr, also warum zerschlagen wir sie nicht?. Die
Gesetze von heute gehen nicht in erster Linie gegen die Kokainbosse oder
Heroinproduzenten. Es geht meist gegen die Hanfbenutzer, die mit diesen
Kriminellen gar nichts zu tun haben wollen. Wenn es das ist, was dich aufregt,
dann solltest du, ja du mehr Aufmerksamkeit den Handlungen "deiner" Regierung,
deiner Legislative schenken. Und das nicht nur im Hinblick auf Hanf. |