Praktische Tips zum Anbau von Nutzhanf
Dipl.-Ing. Agr. Daike Lohmeyer, nova-Institut In dieser und den folgenden Ausgaben wird die Entwicklung des Hanfes von der Aussaat bis zur Ernte begleitet und die dabei auftretenden Besonderheiten und Fragen geklärt. Zur Vertiefung der hier besprochen Themen ist die Lektüre des Buches "Der Hanfanbau" von Bócsa und Karus zu empfehlen. Fragen von Lesern zum Anbau von Nutzhanf werden ebenfalls im Rahmen dieser Serie behandelt. Wie sieht die Rechtslage beim Anbau von Nutzhanf aus? THC-armer Hanf darf nur von landwirtschaftlichen Betrieben angebaut werden, die unter das Gesetz über die Altersicherung der Landwirte (ALG, §1 Abs.4) fallen und deren Betriebsgröße nicht unter der länderspezifischen Mindestgröße (ALG, §1 Abs.2) liegt. Unternehmen der Forstwirtschaft, des Garten- und Weinbaus, der Fischzucht usw. dürfen Hanf nicht anbauen. Für Rübenzüchter, die Hanf als Schutzstreifen zwischen den Vermehrungsflächen anbauen, gelten wie bisher auch die Regelungen des Betäubungsmittelgesetzes. Für Ausnahmefälle - z. B. Anbau von Nicht-EU-Sorten und THC-reichem Hanfsaaten - ist auch weiterhin die Bundesopiumstelle in Berlin zuständig. Adresse: Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte Genthiner Str. 38 10785 Berlin Der Landwirt, der Hanf anbauen möchte, muß dies bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) spätestens bis zum 15. 6. des laufenden Jahres anzeigen. Hierfür liegt beim BLE ein, für das Jahr 1997 überarbeitetes Formblatt vor, auf dem auch die gewünschte Förderung angegeben werden kann. Dem Antrag muß das amtliche Etikett des verwendeten, zertifizierten Saatgutes beigefügt werden. Adresse: Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE), Referat 321 Adickesallee 40 60322 Frankfurt am Main Tel.: 069/1564-368 oder -919 Fax: 069/069/1564-940 Unternehmen der Landwirtschaft können Hanf innerhalb der bestehenden EU-Regelungen anbauen als Marktordnungsfrucht im Rahmen der EU-Beihilfenregelung (sog. "Hanf" - Beihilfe) (VO(EWG) NR. 1164/89), die Förderung lag 1996 bei ca. 1510 DM/ha; nachwachsenden Rohstoff auf stillgelegten Flächen im Rahmen der konjunkturellen Flächenstillegung (VO(EWG) Nr. 1765/92) mit der dabei gewährten regionalen Flächenstillegungsprämie, die durchschnittlich bei etwa 750 DM/ha liegt; landwirtschaftliche Nutzpflanze außerhalb jeglicher Beihilferegelung. An den Erhalt der jeweiligen Prämien sind bestimmte Auflagen gebunden. So sind in der EU-Sortenliste, an die jeder Anbauer gebunden ist, derzeit 14 Hanfsorten aus Frankreich, Italien und Spanien aufgeführt. Davon sind aber nur die französischen Sorten beziehbar und von denen auch nicht alle. Die ungarische Sorte Kompolti ist in England bereits zugelassen, ob der Antrag, sie in die EU-Liste aufzunehmen, noch 1997 durchkommt, ist derzeit fraglich. Die Beihilfen werden nur dann gewährt, wenn die Flächen voll ausgesät und abgeerntet werden und wenn die in der Anmeldung angegebenen Fläche mit der reell angebauten übereinstimmt. Bei einer Förderung von Hanf als nachwachsender Rohstoff auf stillgelegten Flächen ist ein Verwertungsnachweis zu erbringen. Dann entfällt aber im Gegensatz zur Hanf-Beihilfe die Festlegung des Erntezeitpunktes. Über die Auflagen, die im weiteren Vegetationsverlauf zu beachten sind, soll in den nächsten Ausgaben dieser Serie berichtet werden. Wenn sich ein Landwirt für den Anbau von Hanf entscheidet, sollte er sich noch vor der Aussaat mit der Problematik der Ernte und Vermarktung von Stroh und ggf. auch der Samen auseinandersetzen. Liegt der Betrieb nicht in der unmittelbaren Umgebung einer Faseraufschlußanlage, sollte sicher geklärt sein, wie und wo das Stroh weiterverarbeitet werden kann. Dabei ist zu bedenken, daß der Transport des großvolumigen Strohes auf Strecken über 30-50 km unwirtschaftlich ist. Auch die Weiterverarbeitung bzw.Vermarktung der Samen muß vorher geklärt sein, um Absatzschwierigkeiten vorzubeugen. Wenn die wirtschaftlichen und rechtlichen Bedingungen geklärt sind und der Entschluß für den Hanfanbau gefallen ist, stellt sich die Frage, was für Ansprüche stellt der Nutzhanf, wie läuft das mit der Aussaat, wo gibt es Saatgut? Im Folgenden sollen die Fragen, dem Vegetationsverlauf entsprechend, in dieser und den folgenden Ausgaben beantwortet werden. Wo gibt es welches Saatgut? Von den 14 in der EU-Sortenliste aufgeführten Hanfsorten ist derzeit nur französischen Saatgut verfügbar. Je nach Vermehrungssituation in Frankreich stehen dem hiesigen Anbauer auch nur begrenzt Saatgut von bestimmten Sorten zur Verfügung. Geklärt war bis zum Druck des Magazins nicht, ob die ungarische Sorte Kompolti in die EU-Sortenliste aufgenommen worden ist und damit angebaut werden darf. Wenn ja, so ist hier noch Saatgut in größeren Mengen vorhanden. Französisches Saatgut kann entweder über den ortsansässigen Saatenhandel oder die beiden folgenden Firmen bezogen werden: Hahn & Karl Hasselstr. 65812 Bad Soden/Taunus Tel. 06196/50260; Fax 62640 KWS Grimsehlstr. 31 37574 Einbeck Tel.:05561/311-591 (Herr Schlünder); Fax:311-544 Ungarisches Saatgut kann, wenn es in der EU-Sortenliste aufgenommen worden ist, bezogen werden bei der: Pflanzenzucht Oberlimpurg, Oberlimpurg 2 74523 Schwäbisch Hall Tel.: 0791/931180; Fax: 0791/47333 Bei der Auswahl der geeigneten Flächen ist neben den Klimaansprüchen vor allem die Bodenqualität ein sehr wichtiges Kriterium. Die Böden sollten über eine gute Tiefgründigkeit, eine gute Wasserversorgung und -durchlässigkeit sowie über ein gutes Nährstoffanlieferungsvermögen verfügen. Der pH-Wert des Bodens darf nicht unter 5,8 bis 6 liegen. Zu vermeiden sind Standorte, die unter Verdichtungen, Wassermangel oder Staunässe leiden. Gut geeignet für den Hanfanbau sind auf Löß entstandene Schwarzerden, degradierte Schwarzerde, Pararendzina und brauner Steppenboden. Bei ausreichender Tiefgründigkeit ist der Anbau auch auf Parabraunerden und den Übergängen zur Schwarzerde möglich. Pseudogleyböden scheiden aus, da sie zu naß und zu sauer sind. Die Bodenbearbeitung zur Saatbettbereitung ist mit herkömmlicher Technologie durchführbar. Das Saatbett sollte sowohl in der Oberfläche und als auch bis in die Tiefe der Saatgutablage gleich feinkrümelig sein. Bei zur Trockenheit neigenden Böden sollte auf eine wassersparende Bodenberarbeitung geachtet werden, während bei zu nassen Böden auf eine ausreichende Abtrocknung Wert gelegt werden muß. Wann ist der richtige Zeitpunkt zur Aussaat? Üblicherweise wird Hanf zwischen Ende April und Ende Mai ausgesät, etwa zeitgleich mit der Zuckerrübe. Im allgemeinen sollte der Termin so früh wie möglich gewählt werden, um eine lange Vegetationszeit zu gewährleisten. Allerdings muß auf Spätfröste geachtet werden, da die Jungpflanze (etwa ab dem vierten bis fünften Laubblatt) frostempfindlich ist. Die für ein rasches und gleichmäßiges Auflaufen der Saat optimale Bodentemperatur liegt bei 8-10 °C, allerdings keimt die Saat auch bei geringeren Temperaturen. Insbesondere auf Grenzstandorten, die nicht optimal für den Hanfanbau geeignet sind oder auch auf Flächen, die unter starkem Unkrautdruck leiden, sollte auf optimale Aussaatbedingungen geachtet werden. Dann ist auch eine Verschiebung des Aussaatzeitpunktes nach hinten gerechtfertigt, insbesondere, da spät ausgesäte Bestände unter günstigen Bedingungen den Entwicklungsrückstand weitgehend wieder ausgleichen können. Welche Technik wird für die Aussaat gebraucht? Die Aussaat kann mit konventionellen Drillmaschinen erfolgen. Das Saatkorn sollte in einer Tiefe von 3-4 cm abgelegt werden. Die Rückverfestigung des Bodens in Ablagehöhe des Saatgutes ist wichtig, um die Wasserversorgung zu gewährleisten. Die Reihenweite beim Faserhanf entspricht der beim Getreide, bei geringeren Saatgutmengen kann die Reihenweite vergrößert werden. Die Bodenschicht über dem Saatgut sollte locker, aber nicht zu fein sein, um eine schnelle Erwärmung des Bodens zu ermöglichen, ohne daß die Gefahr besteht, daß der Boden bei Niederschlägen verschlämmt. Wie hoch sollte die Aussaatmenge sein? Die Aussaatmenge richtet sich vor allem nach dem angestrebtem Nutzungsziel und der eingesetzten Sorte. Für die Fasernutzung werden in der Praxis Mengen von 30-50 kg/ha (ca. 200-300 Pflanzen/m2 bei Pflanzenaufgang) ausgesät. Wird die Doppel- bzw. Samennutzung angestrebt werden auch wesentlich geringere Mengen ausgebracht. Allerdings erhöhen sich die Ernteschwierigkeiten erheblich bei lichten Beständen (zu stark verholzte Einzelpflanzen) und die Unkrautunterdrückung ist nicht mehr gewährleistet. Daher sollte die Aussaatmenge auch zur Samennutzung nicht unter 20 kg/ha (ca. 100 Pflanzen/m2 bei Pflanzenaufgang) liegen. Wann und wie hoch sollte die Düngung sein? Die Düngung sollte zur Aussaat erfolgen. Wenn die entsprechende Technik vorhanden ist, um Verätzungen zu vermeiden, ist eine Splittung der Düngergabe zu empfehlen. Der spätere Düngetermin sollte dann in der Phase des starken Wachstums gelegt werden, worauf aber in den folgenden Ausgaben noch eingegangen wird. Die Höhe der Düngung hängt stark von den gegebenen Standortbedingungen ab, z. B. wie ist der Boden und der Witterungsverlauf, welche Vorfrucht usw. Nach vorliegenden Erfahrungen zeigt sich, daß Gaben, unter Einbeziehung der vorhandenen Bodenvorräte, auf gut Nährstoff versorgten Böden von 80-120 kg/ha N, 70-100 kg/ha P2O5, 150-180 kg/ha K2O und 120-180 kg/ha CaO ausreichen. Vegetationsverlauf Nach dem Keimen und Aufgehen der Samen läßt sich der Vegetationsverlauf des Hanfes grob in vier Phasen unterteilen:
Langsames vegetatives Wachstum |