Praktische Tips zum Anbau von Nutzhanf

Zweiter Teil

Dipl.-Ing. Agr. Daike Lohmeyer

Nachdem in der letzten Ausgabe die rechtlichen Grundlagen und die Aussaat des Hanfes besprochen wurden, befaßt sich diese Ausgabe mit dem Vegetationsverlauf im Hanffeld,  insbesondere im Juni und mit der Anbauanmeldung bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, Frankfurt (BLE, Adresse siehe Kalendarium). Zur Vertiefung der besprochenen Themen ist die Lektüre des Buches "Der Hanfanbau" von Bócsa und Karus zu empfehlen. Fragen von Lesern zum Anbau von Nutzhanf  können ebenfalls im Rahmen dieser Serie behandelt werden.

Vegetationsverlauf

Nach dem Keimen und Aufgehen der Samen läßt sich der Vegetationsverlauf des Hanfes grob in vier Phasen unterteilen: 

  • langsames vegetatives Wachstum
  • starkes vegetatives Wachstum
  • Blüte/Beginn der generativen Phase
  • Samenbildung
In der folgenden Abbildung wird der Wachstumsverlauf des Faserhanfes dargestellt.
 
 

Langsames vegetatives Wachstum

Wie aus der Abbildung deutlich wird, entwickeln sich die Hanfpflanzen in den ersten vier bis fünf Wochen nach dem Feldaufgang nur langsam. Der scheinbare Wachstumsstillstand, in dem der Beobachter bei den Pflanzen zwar neue Laubblätter bemerkt, aber kaum ein Längenwachstum feststellen kann, ist kein Grund zur Besorgnis. Das Wachstum der Pflanze findet in dieser Zeit hauptsächlich unterirdisch ab. Während das Keimblatt noch nicht die für Hanf typischen Blattfinger aufweist, nimmt die Zahl der Blattfinger mit jedem neuem Laubblatt zu, bis die sortentypische Anzahl erreicht ist.

Auf Flächen, die unter sehr starken Unkrautdruck leiden, kann es in dieser langsamen Wachstumsphase unter ungünstigen Umständen dazu kommen, daß die Hanfpflanzen überwachsen und unterdrückt werden. Dies kann teilweise darauf zurückgeführt werden, daß bereits im Vorfeld, z.B. bei der Standortauswahl, Bodenbearbeitung, Nährstoffversorgung, Fehler gemacht wurden. Im Normalfall aber brauchen dem Anbauer mitauflaufende Unkräuter keine Sorgen zu bereiten. Durch seine Schnellwüchsigkeit im weiteren Vegetationsverlauf kann sich der Hanfbestand gegen fast alle Unkräuter sehr gut durchsetzen.

Starkes vegetatives Wachstum

Die Phase des langsamen vegetativen Wachstums ist etwa mit dem fünften Laubblatt abgeschlossen und es setzt ein starker Wachstumsschub bei den Hanfpflanzen ein. Etwa ab Anfang Juni wachsen die Hanfpflanzen pro Tag ca. 5 cm, in Einzelfällen sogar bis zu 10 cm. Bei diesem starken Längenwachstum haben auch die mitaufgelaufenen Unkräuter, vor allem in den dichten Faserhanfbeständen, keine Chance mehr. Durch den hohen Konkurrenzdruck um Licht, Wasser und Nährstoffe sterben sie entweder ab oder gelangen nicht zur Samenreife, so daß auch die Folgefrüchte unter einem geringeren Unkrautdruck leiden.

Im Verlauf dieses rapiden Längenwachstums werden teilweise auch Rückstände, die sich durch einen späten Saattermin oder ungünstige Witterungsbedingungen ergeben haben, aufgeholt. Die Phase des starken vegetativen Wachstums endet, wenn die Pflanzen beginnen, Blüten (generative Phase) auszubilden. Der Zeitpunkt des Wechsel von der vegetativen zur generativen Phase hängt stark von der Sorte ab, wobei die frühreifen Sorten ab Juli mit der Blüte beginnen.

Im Juni erreicht das Hanffeld eine Höhe von 0,5 bis 1 m, wobei es Anfang Juli auch bereits 1,5 m hoch sein kann. In dieser Phase des starken Wachstums ist der Nährstoff- und Wasserbedarf des Bestandes am größten. Es macht daher Sinn, die Düngergabe zu splitten und die zweite Gabe zu Beginn der starken Wachstumsphase geben. Als begrenzende Faktoren in der Entwicklung des Bestandes führen Wasser- und Nährstoffmangel zu Wachstumsstillstand und bei längerer Dauer zu Ertragseinbussen.

Bei der Beobachtung des Hanffeldes in den beiden beschriebenen Phasen fällt die unterschiedliche Entwicklungsdynamik der einzelnen Pflanzen auf. Einige Pflanzen sind kräftiger und wachsen schneller als andere. Aus diesen wenig verzweigten, hoch aufgeschossenen Pflanzen entwickeln sich für gewöhnlich männliche, aus den niedrigeren, aber verzweigteren jedoch weibliche Pflanzen. Da die männlichen Pflanzen nach der Blüte absterben, also eine kürzere Vegetationszeit haben, weisen sie ein schnelleres Wachstum auf und stehen aus dem Bestand heraus.

In der nächsten Ausgabe wird u.a. auf die Entwicklung des Hanfbestandes im weiteren Vegetationsverlauf eingegangen.

Anbauanzeige

Wie bereits in der letzten Ausgabe beschrieben, ist der Anbau von Nutzhanf bis zum 15. Juni bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, Frankfurt (BLE) anzuzeigen. In der Anbauanzeige sind die Größe der Anbau- und Erntefläche genau anzugeben. Sollte die Saat nicht vollständig aufgegangen sein, ist die Aufgangsfläche anzugeben.

Desweiteren sind der Anzeige, die in dreifacher Ausfertigung vorzulegen ist, alle amtlichen Etiketten der verwendeten, zertifizierten Sorten beizufügen. Wenn das Saatgut aus einem Sack auf mehrere Anbauer verteilt werden soll, müssen bei den Saatgutanerkennungsstellen entsprechende Zertifikate beantragt werden. Im letzten Jahr gab es durch fehlende Etiketten bzw. Zertifikate Schwierigkeiten sowohl für die Anbauer als auch für das BLE, die man in diesem Jahr durch diese Regelung zu verhindern versucht.

In dem Merkblatt für den Hanfanbau 1997 haben sich gegenüber dem Merkblatt von 1996 vor allem zwei Punkte geändert. Zum einem wird im Merkblatt vom April 1997 erstmals ausdrücklich vermerkt, daß der Anbau von Hanf zum Zwecke des Verkaufes als Zierpflanze nicht zulässig ist.

Zum anderem wird sich wahrscheinlich die Höhe der Beihilfe ändern. Die Beihilfe für Nutzhanf betrug 1996 774,74 ECU bzw. 1.510,45 DM pro Hektar. Zwar wird der für die Beihilfenhöhe zuständige Agrarrat nicht vor dem Juni 1997 eine Entscheidung hierzu fällen, aber es wurde bereits von der Europäischen Kommission für den Agraretat eine generelle Kürzung um 7,5 % vorgeschlagen. Sollte dieser Kürzung zugestimmt werden, sinkt die Beihilfe auf 716,63 ECU pro Hektar bzw. 1.397,16 DM pro Hektar. Das ist zwar nicht erfreulich, aber die Hanfbeihilfe liegt damit immer noch höher als bei den meisten anderen Kulturpflanzen. Bei ökonomischen Analysen, die im Rahmen des Hanfproduktlinienprojekt des nova-Institutes durchgeführt wurden, zeigte sich, daß der Hanfanbau nicht dauerhaft auf diese hohen Flächenbeihilfen angewiesen ist.

Die Vollkostenrechnung kommt zu dem Ergebnis, daß nach einer Etablierung der Produktlinien unter heutigen Bedingungen eine Beihilfe von 800 bis 1.200 DM pro Hektar erforderlich ist, um den Anbau für den Landwirt rentabel zu machen. Bei einer weiteren Optimierung von Sorten, Ernte- und Aufschlußtecchnologien, EU-Anbauregelungen etc. wird der Hanfanbau mittelfristig mit Beihilfen auskommen, wie sie für eine Reihe anderer Nutzpflanzen in der EU üblich sind. (ca. 700 DM pro Hektar).



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