Anwendungsgebiete
Viele der therapeutisch erwünschten Wirkungen
von Cannabispräparaten sind an die psychisch aktiven Cannabinoide
gebunden. Der wichtigste psychoaktive Wirkstoff ist Delta-9-THC. Anders
als andere psychotrope Substanzen ist Cannabis nicht gleich als beruhigend,
stimulierend oder halluzinogen einzustufen. Bei der Anwendung von Präparaten
aus der ganzen Pflanze wirken verschiedene Cannabinoide gleichgerichtet
(synergistisch) oder entgegengesetzt (antagonistisch)
und modulieren so ihre Effekte.
Die Einnahme von Cannabis führt zu Stimmungsveränderungen
und intensivierter Wahrnehmung von Sinneseindrücken, zur Veränderung
von Aufmerksamkeit und Denkabläufen. Der Rausch wird überwiegend
als angenehm entspannter euphorischer Zustand beschrieben. Gelegentlich
treten Angst- und Panikzustände auf. Die Art des Rausches wird durch
die Cannabinoid-Zusammensetzung, äußere Bedingungen („setting")
und die innere Erwartungshaltung bzw. Stimmungslage („set") des Benutzers
beeinflußt.
Medizinisch erwünschte Wirkungen von Cannabis sind die Lösung
von muskulären Verspannungen, Schmerzhemmung, Sedierung, Hemmung von
Brechreiz und Übelkeit, Appetitanregung, Bronchienerweiterung, Senkung
eines erhöhten Augeninnendrucks, Gemütsaufhellung. Darüber
hinaus sind schlaffördernde, juckreizstillende, entzündungshemmende,
blutgefäßerweiternde, antiepileptische, gerinnungshemmende,
leicht verstopfende und fiebersenkende Eigenschaften bekannt.
Einsatzmöglichkeiten für Cannabisextrakte bzw. einzelne natürliche
Cannabinoide ergeben sich vor allem für folgende Indikationen:
Appetitlosigkeit (Anorexie) und
Auszehrung (Kachexie) bei AIDS und Krebs
Hemmung von Übelkeit und Brechreiz
bei Krebs-Chemotherapie, Strahlentherapie und AIDS
Zerebrale Spastik (bei Querschnittslähmung
oder Multiple Sklerose)
Schmerz (Migräne, Tumorschmerz,
neuropathischer Schmerz, muskuloskelettaler Schmerz, Menstruationsbeschwerden)
Glaukom (grüner Star).
Weitere Indikationen, die dem Wirkprofil
von Cannabinoiden entsprechen, sind Asthma bronchiale, Epilepsie, Depression,
Bluthochdruck, Fieber, Durchfall. Zumindest für Asthma und Epilepsie
besteht hier Forschungsbedarf. Der antibiotische Effekt kann möglicherweise
für die Entwicklung von Salben genutzt werden. Die hohen Dosen, die
zur Erzielung antibiotischer oder krebshemmender Effekte von THC benötigt
werden, schließen eine innerliche Verwendung aus. Der in alten Kulturen
(vor allem China und Indien) bekannte Effekt gegen Wurmbefall und der Blutungen
stillende Effekt bei Frauen nach der Geburt wurden in jüngerer Zeit
noch nicht näher untersucht. Für andere Indikationen (Bluthochdruck,
Fieber etc.) liegen spezifischere Medikamente vor, so daß ein Einsatz
von Cannabinoiden im allgemeinen nicht sinnvoll erscheint.
Vorteile bieten sich dort, wo sich mehrere Cannabiswirkungen addieren.
So besitzt Cannabis nicht nur antispastische Wirkungen, sondern im Gegensatz
zu allen anderen antispastisch wirkenden Medikamenten auch antiataktische
(den Bewegungsablauf harmonisierende) Effekte. Bei Schmerzzuständen
des Bewegungsapparates ergänzen sich muskelentspannende und schmerzlösende
Wirkungen. Antidepressive Effekte sind erwünscht bei schweren Krankheitszuständen
(Krebs, AIDS). Die Patienten fühlen sich besser. Bei neuropathischen
Schmerzen ergänzen sich Schmerzhemmung, brechreizhemmender und muskelrelaxierender
Effekt.
Bei gleichzeitiger Verwendung von Cannabis und anderen Drogen können
sich die Wirkungen (und Nebenwirkungen) gegenseitig verstärken. Dies
kann erwünscht sein. So kann die Wirkung bekannter Antiepileptika
(Phenytoin, Diazepam) und Schmerzmittel (Opiate) verstärkt werden,
so daß deren Dosis eventuell reduziert werden kann. Andererseits
kann es negative Folgen haben, wenn Cannabis gleichzeitig mit anderen rauscherzeugenden
Drogen wie z. B. Alkohol oder Kokain konsumiert wird.
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