Erfahrungsbericht „Alkohol- und Opiatabhängigkeit"
Ich bin z. Zt., 1996, fünfundvierzig
Jahre in diesem Leben. Laut Personalpapieren bin ich männlichen Geschlechts
und seit ich AIDS habe, wurde ich zum Erwerbsunfähigkeitsrentner!
Eigentlich bin ich Lebenskünstler, soll heißen: ich hab' von
Schaufenstergestalterlehrling über Kunststudent, Körperbehinderten-
betreuer, Bauhelfer, Requisiteur, Geschäftsführer im Antik- u.
Trödelgeschäft, Ambulanter Händler, etc. und DRK- Hausmeisterhelfer
sowie Spendenkellerleiter in vielen Berufs- und Lebensbereichen gearbeitet,
wobei ich meine Arbeit als Sexworker nicht unterschlagen will!
Zu Cannabis-Haschisch kam ich schon ziemlich früh, im
Jahre 1968 Herbst. Von da an rauche ich gelegentlich bis regelmäßig
THC-Produkte. Da ich über Jahre hinweg auch andere Drogen Alkohol
(exzessiv = 0,7-1 Liter täglich) konsumierte, kann, ja muß ich
sagen, daß THC mir, mehr als Pillen und Tropfen von Ärzten,
geholfen hat von den „harten Drogen" die Finger zu lassen. Ich hab nach
über 10 Jahren Alkohol, davon die letzten Jahre in Kombination mit
Schmerz - o./u. Beruhigungstabletten, ohne ärztliche Hilfe, nur mit
THC´s-Hilfe aufgehört - aufhören können; bin seit
30.01.86 trocken! Hab' allerdings 'nen schweren Opiatrückfall erfahren,
den ich dank Hasch unter Kontrolle bekam. Ich konnte mich auf 'ne Dosis,
'nen Spiegel einstellen.
1986 im Januar, bemühte ich mich zum dritten Male vom Trinken-Alkohol
loszukommen; hatte schon Halluzinationen, permanenten Filmriß und
so. Ich entschied mich, es noch mal alleine zu versuchen und trocken zu
werden; als das Zittern (Flattermann) anfing, hab' ich Hasch geraucht,
und siehe da, das Zittern ließ nach! Die aufkommende Unruhe, die
hochkriechende Angst und die Krämpfe etc. ließ(en) sich mit
Haschrauchen gut „dämpfen", mildern u. bessern. Weil's mit dem Schlafen
gar nicht klappen wollte, rauchte ich abends kurz vorm Schlafen gehen 'nen
Joint und konnte meist auch gut einschlafen. Dank dem Hasch, hab' ich's
geschafft, in relativ kurzer Zeit wieder auf die Beine zu kommen. Nach
ca. einer Woche ging's mir soweit, daß ich aus'm Bett konnte und
zu Besuchern, welche mit Bierbüchsen und Taschenflaschen ankamen,
um mir was gutes zu tun, sagen, nee danke ich trinke nicht mehr, das hat
bis heute angehalten, bin immer noch trocken! Ähnlich war es bei meinem
letzten Heroinentzug; da hab' ich mich auch „einfach" zu Hause in's Bett
gelegt unter dem Motto:
Entweder gehst du drauf oder du bist clean. Das ging sieben Tage, davon
vier - fünf ganz üble Tage, Erbrechen, Krämpfe, Schüttelfrost,
Halluzinationen etc... Zu meinem Glück kam ein Bekannter regelmäßig
nach mir sehen und brachte immer etwas Hasch mit und immer nach'm Rauchen
wurden die Entzugserscheinungen schwächer. Durch das Haschischrauchen
ist auch die Gier nach Opiaten nicht mehr so drängend und im Vordergrund.
Die Einstellung zur Sucht, zum eigenen Suchtverhalten ändert sich
zum positiven. Es gelingt mit dem Süchtigsein ein sozial-integriertes
Leben zu leben. Auch kann es gelingen, wie bei mir, mit dem Alkohol, ganz
von Suchtmitteln frei zu kommen; obwohl ein Süchtiger immer Süchtiger
bleibt, auch wenn er inaktiv ist. Mir hat Cannabis bei meinen Entgiftungen
und Entzügen, sehr gute - wertvolle Dienste geleistet. Es war und
ist für mich die beste, hilfreichste und ungiftigste Medizin, welche
ich jemals in meinem Leben kennengelernt habe!
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