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Der Verbraucher zögert - Grenzen der Vermarktung pflanzlicher Rohstoffe

Von Jörg Feuck

Die Nachfrage wächst noch nicht so recht mit: Für Bauern mag der Anbau nachwachsender pflanzlicher Rohstoffe wie Hanf eine Zukunftschance sein. Aber Verbraucher, Industrie und Handel müßten lebhafter ordern. Ansätze und Grenzen der Vermarktung beleuchtete ein Symposium des Hessischen Landesamtes für Regionalentwicklung und Landwirtschaft in Reichelsheim im Odenwald.

REICHELSHEIM. "Das Erzeugen ist das kleinste Problem. Das Verkaufen ist es, das Rüberbringen an den Verbraucher", betonte Konrad Graß, Ministerialdirigent im hessischen Landwirtschaftsministerium, vor rund 120 Teilnehmern einer Fachtagung in Reichelsheim. Viele Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen könnten im Preis einfach nicht mit den billigeren Ressourcen Öl und Kohle mithalten. Und das Päppeln mit öffentlichen Fördergeldern "kann auf Dauer nicht sein", stellte Graß klar. Wenngleich die neue Landesregierung ankündigt, Mittel aus der Windenergie zugunsten von Biomasse und Photovoltaik umzuschichten.

Es spricht viel für nachwachsende Rohstoffe: Sie sparen fossile Energien und mildern die "Überschußproblematik" der Bauern, wie Hardy Vogtmann, Präsident des Landesamtes für Regionalentwicklung, sagte. Dieses Jahr wird bundesweit offiziell auf rund 360 000 Hektar Ackerfläche nachwachsende Biomasse angebaut. Doch laut Vogtmann ist Forschen und Fördern weiter dringend nötig: Wo sind die Märkte? Welche Qualitätsstandards müssen die Produkte erfüllen?

Eine neue Arbeitsgruppe aus den Regionalentwicklungsämtern zwischen Heppenheim und Usingen will erreichen, daß solche Gedanken Wurzeln fassen. Und daß Färbepflanzen, Biodiesel aus Raps, Mais-Verpackungschips, Hanf-Fasern für Kleidung, Stärke für die Papier- und Pappe-Herstellung, pflanzliche Fette für Farben, Heilpflanzen wie Kamille und Johanniskraut für Medikamente oder Holzhackschnitzel-Heizungsanlagen von ihrem Nischendasein befreit werden.

Konrad Graß bremste allzugroße Hoffnung und erinnerte an den großflächigen Flachsanbau und Salbei-Felder vor einem Jahrzehnt. "Das war nicht immer von Erfolg gekrönt", weil ausländische Konkurrenz und Weltmarktpreise drückten. Nun ein neuer Anlauf: Ein schwedischer Papierkkonzern hat auf einer nordhessischen Domäne rund 40 Hektar Land gepachtet und baut schnellwachsende Pappelarten mit hellen Fasern an, die Recyclingpapier aufhellen sollen. Mit dem Holz wird eine riesige neue Papierfabrik in Hagen gefüttert.

Für die Wiederentdeckung der Alleskönner-Pflanze Hanf plädierte Ruth Forbrig von der Verbraucherzentrale Hessen. Anbau von Hanf und Verarbeitung zu strapazierfähigen Jeans im Odenwald? Warum nicht, meinte Forbrig. "Man darf keine Angst vor der eigenen Courage haben". Noch bauen in Hessen lediglich sechs Landwirte auf 20,6 Hektar Fläche Hanf an. "Umso wichtiger und wünschenswert sind eindeutige Signale des Verbrauchers", meinte Ruth Forbrig.

Unter den Abnehmern sind einige Große: Die Adam Opel AG mischt Bastfasern, Flachs und Hanf den Türverkleidungen und anderen gepreßten Karosserieelementen bei. Und das Öko-Textilunternehmen "Hess Natur" läßt nicht nur immer mehr Hanf aus kontrolliertem Anbau verspinnen, sondern künftig auch Wolle vom Rhönschaf stricken und färben.
 

Frankfurter Rundschau 23.04.1999
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