Die
68er |
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Die Erben der 68er "Wir sind die Leute, vor denen uns unsere Eltern immer gewarnt haben", schrieben die Jusos einst auf ihre Plakate. Die Jugendorganisation der SPD sah sich lange Zeit als wahrer Erbe der 68er an. Bis ihnen die Grünen diese Rolle streitig machten. Mit dabei: Gerhard Schröder, Joschka Fischer, Otto Schily sowie andere Damen und Herren, die heute die Regierungsbänke drücken. Fast alle haben ihre politischen Wurzeln in der Außerparlamentarischen Opposition (APO), die das politische Anliegen der 68er formulierte. Nur einer der heute Mächtigen nicht: Oskar Lafontaine. Der studierte damals brav Physik. Weniger brav war Joschka Fischer. Der künftige Außenminister gehörte zu den APO-Helden in Frankfurt. An der dortigen Uni lehrten Max Horkheimer, Theodor W. Adorno und Jürgen Habermas, die Väter der "Frankfurter Schule". Ihre "kritische Theorie" - eine Bestandaufnahme der kapitalistischen Gesellschaft verbunden mit dem Versuch, den Marxismus an die Verhältnisse anzupassen - wurde von den Studenten gierig aufgesogen und als Aufforderung zum Handeln interpretiert. Zwar gab es auch in Frankfurt Straßenschlachten mit der Polizei, Institutsbesetzungen, Vorlesungsboykotte und Marxismus-Debatten im Audimax - verglichen mit Berlin oder Paris war die Mainmetropole jedoch tiefste Provinz. Wortführer der Studenten in Paris war ein Deutscher namens Daniel Cohn-Bendit. Der sitzt heute im Europäischen Parlament und gehört zu den Wortführern der Grünen. 1968 brachten die Pariser Studenten die französische Republik an den Rand des Abgrunds. Nachdem einige Vietnamskriegsgegner verhaftet wurden, besetzten Studenten die Uni von Nanterres. Der Aufstand girff auf Paris über, Barrikaden wurden gebaut, die Gewalt eskalierte. Die Arbeiter solidarisierten sich mit den Studenten. Zehn Millionen Franzosen traten in den Streik und legten den Staat lahm. Erst massive Zugeständnisse seitens Charles de Gaulle beruhigten die Lage. Sprachrohr des Sozialistischen Deutschen Studentenbunds (SDS) und damit der APO, war Rudi Dutschke in Berlin. Er war ein begnadeter Redner und ein brillanter Kopf dazu. Kein Wunder, daß er von der Bild-Zeitung, die sich als Verteidiger des Abendlands gebärdete, zum Teufel in Person erklärt wurde. Ein junger Handwerker verstand dies als Lizenz zum Töten. Im April 1968 streckte er Dutschke mit drei Schüssen nieder. Der überlebte zwar, starb aber elf Jahre später an den Folgen des Attentats. Dutschke, Fischer, Cohn-Bendit. Die Gallionsfiguren von 68 trafen sich zehn Jahre später wieder: als Gründungsväter der Grünen. Zeitgleich betrat ein anderer Alt-Achtundsechziger die politische Bühne: Gerhard Schröder wurde 1978 als Kompromißkandidat von den zerstrittenen Flügeln zum Juso-Chef gekürt. Schnell bewies er sein Talent, es allen recht zu machen. Seit seiner Amtszeit gelten die Jusos wieder als brave Kinder der Mutter SPD. |