Artikel Artikel 20, GG
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organde der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist and die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Artikel Artikel 20a, GG
(1)Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt.

junge Welt                        Inland                  13.02.1998

Leserbriefe 

Restriktives Widerstandsrecht 

Zu jW vom 11. Februar: Leserbrief »Das Recht auf Widerstand«

Leider ist Klaus Emmerich - wie viele andere - der Chuzpe engagierter Notstandsgesetze-Verfasser in der Großen Koalition unter dem Alt-Nazi Kiesinger aufgesessen. Denn Artikel 20 Abs. 4 GG eignet sich ganz und gar nicht zur legalen Rechtfertigung auch nur des kleinsten legitimen Widerstands-Aktes. Im Gegenteil: Bis 1968 lautet jener Absatz: »Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand.« Das 17. Gesetz zur Ergänzung des Grundgesetzes (Notstandsverfassung) vom 24. Juni 1968 hat durch Einfügung von Satz 3 in Absatz 4 des Grundgesetzes jede Art von Widerstandsrecht endgültig beseitigt: »... Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.«

Das Bundesverfassungsgericht läßt die Berufung auf Artikel 4 nur zu, wenn »alle von der Rechtsordnung zur Verfügung gestellten Rechtsbehelfe so wenig Aussicht auf wirksame Abhilfe bieten, daß die Ausübung des Widerstandsrechts das letzte verbleibende Mittel zur Aufrechterhaltung und Wiederherstellung des Rechts ist.«

So lange also irgendwo irgendein nicht völlig vertrottelter Amtsgerichtsrat existiert, gibt es kein Widerstandsrecht! Bundes-Hauruck-Präsident Herzog war als Verfassungsrichter der Meinung, das Widerstandsrecht müsse so restriktiv wie möglich ausgelegt werden, da es sonst als Faustrecht mißverstanden und mißbraucht werden könne.

Übrigens sind von dem ursprünglichen Verfassungstext, der noch den Hauch eines antifaschistischen Nachkriegs- Konsens' ahnen ließ, nach bald fünfzig Änderungsgesetzen nur noch Trümmer übrig, die nach einer Kampagne zur Wiederherstellung der Grundrechte geradezu schreien.

Karl-Heinz Hansen, Barendorf