Drogenpolitische Guerilla
immer noch ohne Adresse
mit der Bitte um schnelle Verbreitung
im April 1998
Rundschreiben Nr. 2
Seit dem ersten Februar sind Hanf-Samen, die für den illegalen Anbau
bestimmt sind, verboten und als eine Folge dieses Verbotes wurden seit
Mitte Januar über eine Tonne Hanfsaatguts in Deutschland verteilt.
Für uns ist die Arbeit jetzt getan.
Jeder, der Hanf-Samen haben wollte, hat auch Hanf-Samen bekommen - zumindest
solange der Vorrat reichte. Auch die Bundestagsabgeordneten bekamen zum
Tag des Hanf-Samenverbots ihr Tütchen mit einem persönlichen
Anschreiben geschickt und so war es fast schon ein wenig verwunderlich,
wie lange es dauerte, bis sich Polizei und Staatsanwaltschaft für
das neue Verbot interessierten.
Schließlich wurden acht Kilogramm des Futtermittels bei einem der
Sponsoren der Aktion beschlagnahmt. Auf das sich nun anbahnende Verfahren
und das Ergebnis dieser ersten juristischen Posse über Cannabis-Samen
sind wir gespannt.
Die Gedanken der dafür verantwortlichen Richter entnehmt Ihr der Anlage
dieses Schreibens. In diesem Sinne werden die Behörden noch viel Arbeit
und eine Menge Geld investieren müssen, denn die Idee hat sich weit
verbreitet. Es fanden sich zahlreiche zusätzliche Samenspender und
viele Menschen haben mit unterschiedlichsten Aktionen das Vogelfutter verteilt
und damit dem Ziel, daß Cannabis wieder überall selber wachsen
muß, Vorschub geleistet.
Allen, die bis jetzt nichts bekommen haben, müssen wir unser Bedauern
ausdrücken, aber letztendlich sind sie auch als ein Opfer der Strafverfolgung
anzusehen. Tut uns leid - aber nächstes Jahr wird es überall
in der Bundesrepublik wieder Samen geben.
Aufgrund vieler Nachfragen empfehlen wir allen anderen, die ihr Vogelfutter
noch nicht verloren haben, für gemeinsame Aktionen die Walpurgisnacht
(30. April 1998).
Dokumentation
Es wäre schade, wenn die große Anzahl phantasievoller
Aktionen nur in der Anonymität stattfinden. Wir würden uns freuen,
wenn man davon soviel wie möglich dokumentieren könnte. Doch
leider zwingen uns die Umstände immer noch dazu, ohne eine feste Anschrift
aufzutreten. Aber es existiert zum Beispiel das ARCHIDO, das Archiv für
Drogenliteratur an der Universität Bremen, Postfach 33 04 40, 28334
Bremen, das es sich unter anderem zur Aufgabe gemacht hat, „inoffizielle“
Materialien aus dem Bereich der Drogenkultur zusammenzutragen. Wer Lust
hat, kann seine Flugblätter, Berichte, Fotos, Videoclips, Proben usw.
sammeln und sie mit ein paar erläuternden Worten an diese Adresse
senden. Manchmal fragen auch Vertreter der Presse nach Möglichkeiten,
Bilder oder Wortbeiträge zu bekommen: schreibt also dazu, wenn Ihr
bereit seid, mit der regionalen Presse zusammen zu arbeiten.
Die Ernte: noch illegal - dafür dezentral
Die bestehenden Gesetze verbieten den illegalen Anbau von Marihuana.
Darum ist auch davon auszugehen, daß die von uns beschenkten Abgeordnete
eben diese Samen auch gar nicht für den Anbau verwendet haben. So
existieren mit Sicherheit weiterhin Defizite in der Beurteilung der Cannabispflanze,
die es bis spätestens zum Herbst zu beheben gilt. Viele Sympathisanten
haben deshalb erklärt, daß sie ihren Abgeordneten aus dem Wahlkreis
nach der Wahl am 27. September das Ergebnis der Selbstlegalisierung zuschicken
werden (denkt daran, daß pro Wahlkreis Abgeordnete
mehrerer Parteien “zuständig” sind - die Adressen finden sich dann
sicherlich im Internet).
Mit diesem Geschenk zur Wahl heißt Ihr nicht nur Eure Volksvertreter
herzlich zur neuen Legislatur willkommen, sondern Ihr könnt gleichzeitig
Eurem politischen Willen nach Legalisierung Ausdruck verleihen. Jede andere
Lobby wirbt ja auch mit Gratisproben für ihre Anliegen.
Hören wir diesmal also von Euch?
Anhang:
Auszüge aus dem Beschluß des Landgerichts
nach dem Versand von Futtermittel:
“Die Durchsuchung soll der Auffindung von Beweismitteln hinsichtlich eines
Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetzes, insbesondere von
Betäubungsmitteln....
Die Beschuldigten stehen im Verdacht, in größeren Mengen Hanf-Samen
verschickt zu haben, der zum unerlaubten Anbau bestimmt ist, und damit
der Anlage 1 zum Betäubungsmittelgesetz in der Fassung der Art. 1
der 10. Betäubungsmittelrechts- Änderungsverordnung .... vom
20. Januar 1998 unterfällt.
Der Annahme, daß die im Rahmen der Aktionen der “Drogenpolitischen
Guerilla” versandten Hanf-Samen für den unerlaubten Anbau bestimmt
sind, steht nicht entgegen, daß nach deren “Rundschreiben Nr. 1”
die Hanfsamen zum Zwecke der Hanf-Selbstlegalisierung flächendeckend
in der Natur ausgesät werden sollen. Die Annahme eines Anbaus von
Betäubungsmitteln setzt -im Gegensatz zu einer wilden Aussaat durch
Vögel oder Wind- neben der Aussaat auch die Aufzucht von Pflanzen
und damit deren Pflege voraus (vgl. Körner, Betäubungsmittelgesetz
§ 29, Rdnr. ???).
Zwar kann den Aktionspapieren der “Drogenpolitischen
Guerilla” nicht ausdrücklich entnommen werden, daß eine Aufzucht
mit landwirtschaftlichen im Rahmen einer Anpflanzung beabsichtigt ist,
die Tatsache jedoch, daß hiernach nach einer “massenweisen Aussaat”
im Frühjahr “im Herbst dann, eine gemeinsame(r) Ernte der Pflanzen”
angestrebt wird, begründet jedenfalls den Verdacht, daß die
Gewinnung von Betäubungsmitteln angestrebt wird. “
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