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25. August -1. September 1999 - Jungle World
Bundesgrenzschutz: Billen, Gogs und Schbied
Grenzerfahrungen
Bilden sich bei Ihrem Dealer gelegentlich kilometerlange Schlangen?
Dann kaufen Sie ihre Drogen wohl auch beim Bundesgrenzschutz am
Zollhäuschen. Ist ja auch ausgesprochen praktisch. Muß man nicht mal
aus dem Wagen aussteigen. Ein Drug-Drive-In sozusagen. Und rund um diäe
Uhr geöffnet. Die Preise sollen auch ganz gut sein, hört man so. Und
der Stoff erst! Aber Achtung: Da gibt es deutliche
Qualitätsunterschiede. Ecstasy ist beim Grenzschutzpräsidium Mitte
besonders gut, für Grass und Dope empfiehlt sich das Präsidium Ost,
extra frisches Speed und Koks gibt's am Stützpunkt Süd. Nur der
deutsch-polnische Grenzübergang Pomellen fällt offenbar aus dem
Rahmen. Jedenfalls tat der freundliche Zollbeamte so, als wenn er uns
nicht verstanden hätte. Vielleicht war auch nur das Hasch ausgegangen.
Na, wir versuchen es auf dem Rückweg noch mal.
Gleich kiloweise sollen BGS-Beamte am Frankfurter Flughafen mit
Partydrogen gehandelt haben, andere von ihnen waren Konsumenten. 25
Beschuldigte insgesamt. Dem BGS ist das alles unheimlich peinlich.
Schon deshalb muß mit harten Strafen gerechnet werden. Dabei ist das
doch nur zu gut verständlich. Da beschlagnahmt man jeden Tag
kofferweise Drogen. Und was ist der Dank? Miserabel bezahlte
Überstunden, gesellschaftliche Ächtung und kneifende Uniformen. Was
liegt da näher, als den Stoff selbst zu verscherbeln?
Wer schon mal eine dieser tristen BGS-Kasernen zwischen Wald und
Wiesen in der Ödnis einer Grenzregion gesehen hat, wird gewiß
Nachsicht haben, wenn sich die jungen Staatsbediensteten abends mal an
dem Grass vergehen, das da in ihrer Asservatenkammer lagert und den
ganzen Tag über diesen betörenden süßlichen Geruch verströmt. Ist ja
auch eine wirklich langweilige Angelegenheit: Grenze schützen. Ich
meine, die liegt da rum, wie gestern und vorgestern auch, und macht
nicht die geringsten Anstalten auszubüchsen oder mal aus der Rolle zu
fallen. Mit ein, zwei Plättchen LSD sieht das dann schon anders aus.
Ist doch klar, daß Grenzschützer auch mal Grenzerfahrungen machen
wollen.
Jungle World jedenfalls unterstützt das geschäftliche Anliegen der
Kiffer-Cops. Bei den anstehenden Grenzerprozessen werden wir uns
diesmal leidenschaftlich für die Angeklagten stark machen. Nicht, weil
wir auch so gerne beim Kontaktbereichsbeamten kaufen, und auch nicht
deshalb, weil wir jede, die Ordnung zersetzende hedonistische Kultur
unterstützen. Sondern weil Grenzschützer nach der zweiten schicken
Tüte bestimmt nicht mehr losziehen, um Flüchtlinge zu jagen. Und da
sage noch jemand, Drogen seien schädlich. Kasernen zu Coffeeshops!
Ivo Bozic
http://www.jungle-world.com/
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