Datum: Fri, 10 Jul 1998
19:13:15 GMT
Sebastian glathe • konradstr. 15a • 79100 freiburg
rechtsanwalt
Verwaltungsgericht
Dreisamstr. 9-9a
79098 Freiburg
Freiburg, den 13.05.1998/we
In dem Verwaltungsverfahren des
Andreas K.
- Antragsteller -
Prozeßbevollmächtigter:
RA. Sebastian Glathe
Konradstr. 15 A
79100 Freiburg
gegen
Land Baden-Württemberg
vertr.d.d.Stadt Freiburg
/Brsg.
Vertr.d.d.Oberbürgermeister
Amt für öffentliche
Ordnung
79084 Freiburg
wegen Entziehung der
Fahrerlaubnis
hier: vorläufiges
Rechtsschutzverfahren
Gegenstandswert: DM
8.000,00
- Antragsgegnerin -
zeige ich die Vertretung
des Antragstellers auch im Eilverfahren an.
Anwaltlich beglaubigte
Kopie der auf mich ausgestellten Prozeßvollmacht anbei.
Namens und im Auftrag
des Antragstellers
beantrage ich
1.) die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 20.04.1998 gegen die Entziehungsverfügung der Antragsgegnerin vom 15.04.1998 wiederherzustellen,
2.) sowie die Kosten des Aussetzungsverfahrens der Antragsgegnerin aufzuerlegen.
Zur Begründung führe ich aus:
Der Antragsteller besaß die Fahrerlaubnis der Klasse 3. Mit Schreiben vom 06.02.1998 forderte die Antragsgegnerin den Antragsteller auf, binnen 2 Tagen nach Zugang des Schreibens vom Rechtsmedizinischen Institut der Universität Freiburg ein Drogenscreening erstellen zu lassen und die fristgerechte Abgabe von Urin durch Vorlage der Untersuchungsgebührenquittung nachzuweisen. Die Antragsgegnerin begründet die Einleitung des Fahreignungsüberprüfungsverfahrens damit, daß ihr von der Polizei-Autobahnstation Lorch mitgeteilt worden war, daß ein Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz gegen den Antragsteller anhängig gemacht worden sei. Ausgangspunkt dieses Ermittlungsverfahrens war die Tatsache, daß bei dem Antragsteller bei einer Verkehrskontrolle 8 g Haschisch aufgefunden wurden. Der Antragsteller habe "auf die ermittelnden Polizeibeamten den Eindruck gemacht, Drogendauerkonsument zu sein".
Zu dieser Aufforderung nahm der Prozeßbevollmächtigte des Antragstellers und Unterzeichner mit Schriftsatz vom 02.03.1998
- Anlage A l zu diesem Schriftsatz - in sachlicher und rechtlicher Hinsicht Stellung.
Die Antragsgegnerin forderte den Antragsteller mit Schreiben vom 25.03.1998 dann noch einmal auf, ein Drogenscreening erstellen zu lassen. Dieser Aufforderung kam der Antragsteller nicht nach, weshalb die Antragsgegnerin mit der angefochtenen Entziehungsverftigung vom15.04.1998 die Fahrerlaubnis des Antragstellers entzog. Gegen die Entziehungsverftigung wurde form- und fristgerecht am 20.04.1998 das Rechtsmitte] des Widerspruchs eingelegt. Über den Widerspruch ist bislang noch nicht entschieden worden. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs ist aus folgenden Gründen nach § 80 Abs.5 VWGO wiederherzustellen.
2.) Summarische Prüfung
der Erfolgsaussichten des Rechtsmittels in der
Hauptsache
Im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens ist eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten des Rechtsmittels in der Hauptsache geboten. Eine derartige summarische Prüfung ergibt vorliegend eine hohe Wahrscheinlichkeit, daß die angefochtene Verfügung aufgehoben werden wird. Die Antragsgegnerin hatte zum Zeitpunkt der ersten Anforderung der Drogenscreenings keinerlei Hinweise auf einen etwaigen regel- oder gar gewohnheitsmäßigen Betäubungsmittelkonsum des Antragstellers. Grundlage der angefochtenen Entziehungsverfügung war lediglich die in keiner Weise durch Tatsachenschilderungen nachvollziehbar gemachte wertende Äußerung eines unbekannten Polizeibeamten, der den Antragsteller für einen "Drogendauerkonsumenten" hielt. Dies wurde von der Antragsgegnerin ohne jegliche Prüfung oder gar eigenständige Sachverhaltsermittlung übernommen und der Anforderung der Drogenscreenings zugrunde gelegt. Da hier der Amtsermittlungsgrundsatz verletzt wurde und auch die sonstigen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen für Fahreignungsüberprüfungsmaßnahmen auf Grundlage von § 15 b StVZO nicht vorliegen, mußte der Antragsteller der Aufforderung nicht nachkommen. Die Verweigerung der Mitwirkungspflicht im Rahmen einer rechtswidrig angeordneten Uberprüfungsmaßnahme nach § 15 b StVZO kann aber dann auch nicht der Gestalt zum Nachteil des Antragstellers gereichen, daß sie Grundlage einer Entziehungsverfügung wird. Die Rechtswidrigkeit der Gutachtensanforderung ergibt sich neben der Tatsache der Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes aus folgenden Erwägungen:
a) Konsummuster
Der Antragsgegnerin liegen keinerlei Kenntnisse darüber vor, daß es sich bei den betäubungsmittelrechtlichen Auffälligkeiten des Antragstellers n i c h t um einen einmaligen oder nur unregelmäßig wiederkehrenden und damit gelegentlichen Kontakt zu Cannabisderivaten handeln könnte. Nur aber der regel- oder gar gewohnheitsmäßige Konsum von Cannabisderivaten könnte eine Grundlage dafür bieten, daß die Antragsgegnerin begründeten Verdacht haben müsse, bei Antragsteller könnte eine drogenindizierte Herabsetzung der uneingeschränkten Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen vorliegen. Zur Rechtmäßigkeit der Gutachtensanforderung bedürfte es jedoch vorab eines hinreichend gesicherten Nachweises eines regel- oder gar gewohnheitsmäßigen Konsums:
"Dem Gutachten "Krankheit und Kraftverkehr" ist zu entnehmen, daß der Genuß von Haschisch (nur im Falle der Abhängigkeit oder der regelmäßigen Einnahme die Fahreignung ausschließt. Im hier zur Entscheidung stehenden Fall konnte nach der Gutachtenlage (nervenärztliches Gutachten), Verkehr des medizinischen Teils Fahreignungsgutachtens, psychologischer Teil des Gutachtens, Haaranalyse des Instituts für Rechtsmedizin) eine Drogenabhängigkeit des Klägers ausgeschlossen werden. Für eine derartige Annahme boten sämtliche Gutachten nicht den geringsten Anhaltspunkt. Nicht einmal eine beginnende Drogenabhängigkeit wäre in Erwägung zu ziehen gewesen. Aber auch für einen "regelmäßigen" Drogenkonsum geben die Ergebnisse der Gutachten in ihrer Zusammenschau nichts her. Den einzigen Hinweis auf die Zusichnahme von Drogen bietet ohnehin nur das Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin, das aber ausdrücklich nur einen "sporadischen Konsum von Cannabisprodukten" für gegeben hält. Von einem "regelmäßigen" Konsum derartiger Drogen, der a l l e i n Anlaß für die Entziehung der Fahrerlaubnis sein könnte, kann demnach ersichtlich keine Rede sein. Damit erweist sich die Annahme der Beklagten, die sie auch noch in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof bestätigt hat, nämlich die eines regelmäßigen Drogenkonsums des Klägers, als haltlos. Dies führt zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide.
Vgl. Bay VGH, a.a. 0. , Seite II, 12
Auch das Merkmal der Regelmäßigkeit ist mittlerweile in ständiger Rechtsprechung konkretisiert worden:
"Der Antragsteller ist nach dem Sachverhalt, wie er diese Entscheidung zugrunde zu legen ist, kein regelmäßiger Haschischkonsument. Er hat in ca. 3 Jahren ca. 10 mal Haschisch zu sich genommen. Regelmäßigkeit des Konsums dürfte möglicherweise bereits dann anzunehmen sein, wenn das Rauschmittel zwar in unterschiedlich langen Zeitabständen, aber einen längeren Zeitraum hinweg immer wieder eingenommen wird ( so VGH Mannheim, Beschluß vom 6.Sept. 1988). Vom gleichen Gericht wird allerdings ein länger dauernder Konsum von l Ereignis pro Monat noch nicht als regelmäßig angesehen ( Beschluß vom 9.Aug. 1994, NZV 1994, Seite 495; ebenso OVG Hamburg, Urteil vom 3. März 1994, NJW 1994 Seite 2868, vgl. VGH München, Urteil vom 3.Juli 1995 - NZV 1995 Seite 502, das regelmäßigen Konsum bei Haschischrauchens bei bis 3 mal in der Woche angenommen hat). Ein Konsumverhalten, das rein rechnerisch zu einem Kontakt mit dem Rauschmittel in etwa 1/4 jährlichen Abständen führt, kann in keinem Falle mit dem Wort "regelmäßig" charakterisiert werden, es handelt sich vielmehr eindeutig um einen "gelegentlichen" Konsum, der bereits wegen des großen Abstandes keinem "regelnden Maß" unterworfen ist."
Vgl. Verwaltungsgericht
Berlin, Beschluß vom 15.März 1996 -VG 11 a 662.
95 - , Seite 5/6
Die Antragsgegnerin hat
in ihrer Entziehungsverfügung lediglich ausgeführt, daß
bei dem Antragsteller der Besitz einer Kleinstmenge von Cannabisderivaten
festgestellt wurde. Hinsichtlich der für die Frage der Rechtmäßgikeit
der angeordneten Maßnahme bedeutsamen Frage des Konsums hat die Antragsgegnerin
jedoch nur ausgeführt, daß der Antragsteller auf die ermittelnden
Polizeibeamten den Eindruck gemacht habe. Drogendauerkonsument zu sein.
Diese ungeprüfte und auch nicht mit der gebotenen Sachverhaltsdarlegung
versehene Übernahme einer Fremdwertung stellt jedoch nicht die gebotene
Feststellung von Tatsachen hinsichtlich des Konsumverhaltens des Antragstellers
dar. Allein die Feststellung des Besitzes einer Kleinstmenge von Cannabisderivaten
kann noch nicht die Annahme rechtfertigen, daß es sich bei dem Besitzer
auch um einen regel- oder gar gewohnheitsmäßigen Konsumenten
dieses Betäubungsmittels handeln könnte. Es hätte hier zumindest
Ausführungen darüber bedurft, von welchem Konsummuster die Behörden
anhand dieses nicht belegten Erfahrungssatzes nun tatsächlich ausgeht.
Die Feststellung eines derartigen Konsummusters durch die Angabe einer
Konsumfrequenz fehlt in der angefochtenen Entziehungsverfügung völlig.
Ebenfalls hat es die Antragsgegnerin unterlassen, den Verkehrsbezug des unterstellten Betäubungsmittelkonsums herzustellen. So ist nicht belegt, weshalb davon auszugehen sein sollte, der Antragsteller könnte nicht willens oder gar in der Lage sein, etwaigen Betäubungsmittelkonsum und das Führen von Kraftfahrzeugen zu trennen. Damit aber hat die Antragsgegnerin ihre Entziehungsverfügung nicht in der von der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung geforderten Weise begründet:
"Zu Unrecht dürfte die Antragsgegnerin bereits Anlaß für die Annahme gesehen haben, daß der Antragsteller ein regel- oder gewohnheitsmäßiger Konsument von THC-haltigen Rauschmitteln sein könnte. Für eine solche Annahme fehlt es an einer ausreichenden Tatsachengrundlage. Der Antragsteller hat zwar eingeräumt, gelegentlich Marihuana aus Eigenanbau geraucht zu haben. Außerdem sind in seiner Wohnung 9,4 g dieses Rauschmittels gefunden worden. Dies allein rechtfertigt aber noch nicht die Annahme, daß der Antragsteller solche Drogen regel- oder gewohnheitsmäßig konsumiert. Dabei fällt maßgeblich ins Gewicht, daß er nicht im berauschten Zustand auffällig geworden ist, und daß es die Antragsgegnerin auch versäumt hat, zunächst präsente Beweismittel auswerten zu lassen. (...).
Doch selbst wenn unterstellt würde, daß der Antragsteller ein regel- oder gewohnheitsmäßiger Konsument von Marihuana ist, würde dies wohl noch nicht die Anordnung eines Drogenscreenings rechtfertigen. Wie der BayrVerwGH im einzelnen überzeugend dargelegt hat, dürfte ein solcher Konsum nicht dazu führen, daß hier durch die Kraftfahreignung ständig unter das erforderliche Maß herabgesetzt wird. Auch für die früher angenommene Möglichkeit eines unvorhersehbaren Wiederaufflammens der Rauschsymptome nach Cannabiskonsum gibt es danach keine überzeugenden Belege, so daß es bei regel- oder gewohnheitsmäßigem Konsum allein darauf ankommen dürfte, ob der Rauschmittelkonsument willens und in der Lage ist, Konsum und Führen von Kraftfahrzeugen zu trennen. Das gerade Cannabiskonsumenten regelmäßig diese Fähigkeit fehle, dürfte sich jedoch allein mit Hinweis auf die Illegalität dieses Konsums nicht belegen lassen (vgl. Kannheiser/Maukisch, Die verkehrsbezogene Gefährlichkeit von Cannabis und Konsequenzen für die Fahreignungsdiagnostik, NZV, S. 417 f.). Auch das Bundesverfassungsgericht (Beschluß vom 03.05.1996 – l BvR 398/96 und Urteil vom 24.06.1993 - l BvR 689/92, BVerfGE 89, 69= NJW 1993, 2365) geht hiervon aus und verlangt, daß sich Behörde bzw. Gericht gesondert die Überzeugung bilden müßten, daß der Konsument nicht bereit oder fähig sei, Konsum und Führen von Kraftfahrzeugen zu trennen. Im übrigen hat auch der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in einer neueren Entscheidung zur Beibringung eines Drogenscreenings (Beschluß vom 28.08.1996 - 10 S 2099/96, NZV 1997, 94) auf konkrete Anhaltspunkte für eine Verkehrsteilnahme unter akutem Cannabiseinfluß abgestellt."
- vgl. VerwG Karlsruhe, Beschluß vom 30.12.1997, - 12 K 4276/97 -
In einer weiteren Entscheidung ist ausgeführt :
"Denn es bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung.
Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, daß aus der Weigerung, sich einem Drogenscreening zu unterziehen, auf die Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen geschlossen werden kann und damit die Fahrerlaubnis entzogen werden darf. Voraussetzung hierfür ist aber, daß die Aufforderung zu einem solchen Drogenscreening zu Recht ergangen ist. Dies dürfte vorliegend nicht der Fall sein.
Rechtsgrundlage für die genannte Aufforderung, die selbst kein Verwaltungsakt, sondern eine nach § 44 a VWGO nicht isoliert anfechtbare behördliche Verfahrenshandlung darstellt, ist § 15 b Abs. 2 S. l Nr. 2 StVZO. Nach dieser Vorschrift kann die Verwaltungsbehörde zur Vorbereitung der Entscheidung unter anderem über die Entziehung der Fahrerlaubnis je nach den Umständen die Beibringung unter anderem eines Gutachtens einer amtlich anerkannten medizinisch-psychologischen Untersuchungsstelle anordnen, wenn Anlaß zur Annahme besteht, daß der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet ist.
An einem hinreichenden Anlaß für die Aufforderung, sich einem Drogenscreening zu unterziehen, dürfte es vorliegend aber fehlen.
Dies ergibt sich zum einen daraus, daß der Antragsteller sowohl die der Aufforderung zugrundeliegende Annahme bestritten hat, gelegentlich Haschisch zu konsumieren, als auch in Abrede gestellt hat, den gelegentlichen Konsum von Haschisch am 16. Juni 1997 gegenüber einem Polizeibeamten verbal eingeräumt zu haben. Folgt man seinen mit eidesstattlicher Versicherung glaubhaft gemachten Angaben, dann liegt die Annahme nicht allzu fern, daß der Antragsteller bei der Polizeikontrolle an diesem Tage vom Polizeibeamten mißverstanden wurde. Hiervon ist für das vorliegende Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in Ermangelung weiterer konkreter Indizien auch auszugehen, zumal die Antragsgegnerin es unterlassen hat, den Polizeibeamten zu den substanti-ierten und diese Auslegung nahelegenden Angaben des Antragstellers noch einmal zu hören und dies aktenkundig zu machen.
Bedenken an der Kraftfahreignung des Antragstellers dürfen im übrigen selbst dann nicht gerechtfertigt und ein hinreichender Anlaß für ein Drogenscreening damit auch dann nicht gegeben sein, wenn dieser bei der Polizeikontrolle tatsächlich erklärt haben sollte, daß er gelegentlich Haschisch konsumiere. Eignungsbedenken dürften bei einer solchen Äußerung nach den von der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg (Beschl.v.29.August 1996-10 S 2099/96 -, NZV 1997, 74= VBIBW 1997, 148 u.v. 28. September 1995 - 10 S 2474/95 -, VBIBW 1996, 30= DAR 1996, 35= NZV 1996, 46- DÖV 1996, 176= BWVPr 1996, 63= Justiz 1996, 156, jew. m.w.N.) im Anschluß an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Beschl, v. 24. Juni 1993 - l BvR 689/92, BVerfGE 89, 69=NJW 1993, 2365) entwickelten Grundsätzen nur dann gerechtfertigt sein, wenn konkreter Anlaß für die Annahme besteht, daß entgegen dieser Aussage cannabishaltige Rauschmittel nicht nur gelegentlich, sonder regeloder gewohnheitsmäßig konsumiert werden. Nur bei einem dahingehenden Verdacht könnte ein hinreichend tragfähiger Anhaltspunkt für den begründeten Verdacht gegeben sein, daß der Betreffende trotz akuten Rauschzustandes ein Kraftfahrzeug führen und dabei Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer gefährden wird.
An einem solchen hinreichend
tragfähigen Anlaß für einen über die umstrittene Äußerung
hinausgehenden Verdacht würde es hier aber fehlen. Jedenfalls waren
bei der Kontrolle des Antragstellers am 16. Juni 1997 keine Anzeichen eines
aktuellen Konsums feststellbar, und er war auch nicht im Besitze von Rauschmitteln,
die den Schluß aufeinen regel- oder gewohnheitsmäßigen
Konsum erlaubt hätten."
- vgl. VerwG Karlsruhe
, B.v. 11.12.1997, - 12 K 4284/97-
Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung hat in den zitierten Entscheidungen somit klargestellt, daß es neben dem hinreichend gesicherten Nachweis eines regel- oder gar gewohnheitsmäßigen Betäubungsmittelkonsums weiterer Anhaltspunkte bedarf, die den Verdacht begründen können, die Kraftfahreignung sei bei dem Fahrerlaubnisinhaber betäubungsmittelkonsumbedingt herabgesetzt. Da es bei Cannabisderivaten nachweislich nur dann möglicherweise zu einer Herabsetzung der Kraftfahreignung kommen kann, wenn eine akute Intoxikation vorliegt, ist aufein weiteres Rechtmäßigkeitskriterium abzustellen:
b) Verkehrsbezug
Unter Fortführung des Rechtsgedankens aus dem Beschluß des Verfassungsgerichts vom 24.06.1993 ( l BvR 689/92 = NJW 1993, 2365) ist dem Umstand Rechnung zu tragen, daß ein hinreichend gesicherter Nachweis auch dafür gegeben sein muß, der Fahrerlaubnisinhaber sei möglicherweise nicht willens oder in der Lage, etwaigen Betäubungsmittelkonsum und das Führen von Kraftfahrzeugen zu trennen. Es gibt keinen Erfahrungssatz, wonach der Konsument von Cannabisderivaten nicht ebenso wie der Alkoholkonsument verantwortlich den Konsum von Genußgiften und das Führen von Kraftfahrzeugen trennen kann. Auch geht hier der Hinweis fehl, allein der Umgang mit Betäubungsmitteln und das damit verbundene strafrechtliche Risiko sei ein Hinweis dafür, daß der den Umgang Innehabende eben auch im höheren Maße risikobereit sei, wenn es um das Führen von Kraftfahrzeugen geht. Dies würde eine unerträgliche und haltlose Unterstellung dergestalt begründen, Konsumenten von Cannabis seien grundsätzlich bereit, Straf- und Ordnungsvorschriften zu mißachte nund zu verletzen. Spätestens seit das Verfassungsgericht für die Strafverfolgungsbehörden bindend normiert hat, daß Ermittlungsverfahren bei geringer Schuld des Tatverdächtigen einzustellen sind, ist es auch im Bewußtsein des Gelegenheitskonsumenten aufgenommen worden, daß der gelegentliche Umgang mit Cannabisderivaten zum Eigenverbrauch straflos bleiben wird. Ein größeres und insbesondere strafrechtliches Risiko begeht derjenige heute nicht mehr, der nur sporadisch im Rahmen des Eigenbedarfs Kontakt zu Haschisch hat. Ein verantwortungsbewußter Umgang mit allen sonstigen Rechtsnormen, denen sich ein Bürger ausgesetzt sieht, muß also auch beim Konsumenten von Cannabisderivaten unterstellt werden. Es fehlt daher auch unter diesem Gesichtspunkt völlig an Hinweisen dafür, ein Konsument von Haschisch werde auch unter Betäubungsmitteleinfluß ein Kraftfahrzeug führen. Dann gilt aber:
"Ungeeignet ist nach § 15 b StVZO insbesondere, wer wegen körperlicher oder geistiger Mängel ein Kraftfahrzeug nicht sicher führen kann, wer unter erheblicher Einwirkung geistiger Getränke oder berauschenden Mitteln am Verkehr teilgenommen oder sonst gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze erheblich verstoßen hat. Da dem Antragsteller nicht vorgeworfen werden kann, er habe unter Einwirkung von berauschenden Mitteln am Verkehr teilgenommen oder sonst gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze erheblich verstoßen, wäre die Fahreignung nur dann ausgeschlossen, wenn er wegen körperlicher und geistiger Mängel ein Kraftfahrzeug nicht sicher führen könnte. Anhaltspunkte für einen Ausschluß der Fahreignung könnten sich dann ergeben, wenn der Antragsteller nachweislich nicht in der Lage wäre, Haschischkonsum und Teilnahme am Straßenverkehr zu trennen. Es dürfte nämlich wissenschaftlich nachgewiesen sein, daß der Konsum von Haschisch die Fahrtüchtigkeit erheblich beeinflussen kann ( siehe dazu die Darstellung von Kannheiser/ Maukisch, a.a.O. , Seite 419 ff.). Der Antragsteller ist jedoch bislang nicht wegen Haschischkonsum in Zusammenhang mit der Teilnahme am Straßenverkehr aufgefallen. Auch das Gutachten hat die in diese Richtung zielende Frage der Verwaltungsbehörde, ob der Untersuchte trotz des festgestellten Haschischkonsums ein Fahrzeug der Klasse 3 sicher führen könne, nicht beantwortet. Wie bei einem Fahrerlaubnisinhaber der unabhängig von der Teilnahme am Straßenverkehr gelegentlich Alkohol zu sich nimmt, muß beim Antragsteller daher derzeit davon ausgegangen werden, daß er in der Lage ist, Haschischkonsum und Führen eines Kraftfahrzeuges zu trennen."
vgl. VerwG Berlin, Beschluß vom 15.3.1996 -VGI l A 662.95
Die Gutachtensanforderung war daher unter oben genannten Gesichtspunkten als rechtswidrig anzusehen. Die angefochtene Entziehungsverfügung konnte somit nicht auf den Umstand gestützt werden, daß der Antragsteller das angeforderte Gutachten nicht beigebracht hat. Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind somit als sehr gut anzusehen. Es ist zu erwarten, daß die angefochtene Entziehungsverfügung - spätestens im verwaltungsgerichtlichen Verfahren - aufgehoben werden wird. Schon unter diesem Gesichtspunkt ist daher dem Antrag des Antragstellers stattzugeben.
3. II. Öffentliches Interesse am Sofortvollzug;
Darüberhinaus ist die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs auch aus folgenden Gründen nach § 80 Abs. 5 VWGO wiederherzustellen:
Der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte folgend ist ein überwiegend öffentliches Interesses am Sofortvollzug bereits dann anzunehmen, wenn nur der dringende Verdacht besteht, den Betroffenen fehle die zum Führen eines Kraftfahrzeuges nach § 2 Abs. l Satz 2 , § 4 Abs. l StVG unumgängliche Eignung. Dieser dringende Verdacht, dem Antragsteller fehle es zum Entscheidungszeitpunkt an der erforderlichen uneingeschränkten Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen, ist von dem Antragsgegner nicht belegt. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Entzuges der Fahrerlaubnis und der Einziehung des Führerscheins ist daher nicht ausreichend begründet. Es sind aber lediglich und allenfalls die Gründe für die Entziehung der Fahrerlaubnis selbst (§4 StVG), nicht jedoch für deren sofortige Entziehung dargetan, was nach § 80 Abs.3 Satz l VwGO erforderlich wäre.
vgl. VGH Kassel NVwZ 1985, 918.
Zwar kann die Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Entziehung unter Umständen mit der Begründung für die Entziehung der Fahrerlaubnis selber gegeben werden;
vgl. VGH Mannheim NJW 1977 , 165
Dies ist hier jedoch nicht geschehen, denn der Antragsgegner legt in dem angefochtenen Bescheid nicht dar, daß die Umstände aus denen sich die Ungeeignetheit des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen ergeben sollen, gleichzeitig auch das besondere in öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Entzuges der Fahrerlaubnis begründen. Insbesondere ist zur Frage der Dringlichkeit bzw. der Unaufschiebbarkeit der Vollziehung in der angefochtenen Verfügung lediglich ausgeführt, daß die Straßenverkehrsbehörde verantwortlich für die Sicherheit im Straßenverkehr und daher verpflichtet sei, mit sofortigen Wirkung eintretende Maßnahmen tätig zu werden. Eine weitere Begründung läßt die angefochtene Verfügung völlig vermissen. Da die Frage der Dringlichkeit insbesondere auch unter Berücksichtigung der Art und Bedeutung der betroffenen Rechte und gerade auch, weil es sich hier auch um Grundrechte handelt (vgl. BVerwG 1991,483 =NJW 1951, 1531) und die Schwere und die Tragweite des Eingriffs in diese Rechte (vgl. BverwG a.a.O.) und unter Berücksichtigung des mit Verfassungsrang ausgestatteten Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (vgl. BVerwG 67,59 = DVB. 1984, 674; Bay.Verwaltungsblatt 1991,1531) zu prüfen ist, hätte die Behörde in dem angefochtenen Bescheid die sie bewegenden Gründe darlegen müssen.
Aufgrund der Rechtswidrigkeit
der angefochtenen Verfügung und unter Berücksichtigung des völligen
Fehlens der ausreichenden Begründung des Interesses am Sofortvollzug
ist die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die angefochtene Entziehungsverfügung
wiederherzustellen.
Glathe Rechtsanwalt
Schreiben
der Stadt Freiburg: Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz abgelehnt
Stellungnahme
zum "Informationspapier" der Stadt Freiburg
Kommentare
zum Drogenscreening in Freiburg