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Deutschland

Drugtext.nl

Grüne Hilfe, Berlin

Berlin, 12. Dezember 1998

Autonomer Arbeitskreis 
zur Beendigung der Cannabis-Prohibition
c/o Hanf Museum
Mühlendamm 5
10117 Berlin-Mitte



Offener Brief an die Bundesregierung


An die Ministerien
Gesundheit, Justiz, Inneres, Landwirtschaft, Arbeit und Soziales, Wirtschaft, Jugend und Familie

An die Fraktionen des Deutschen Bundestages
SPD, Bündnis 90/Die Grünen, PDS, FDP


Sehr geehrte Damen und Herren,
Liebe MandatsträgerInnen,

wir gratulieren Ihnen zu Ihrem erfolgreichen Wahlergebnis.

Das Votum der bundesdeutschen WählerInnen hat bewiesen, daß die Zeit gekommen ist für einen neuen Aufbruch, für Veränderungen in allen gesellschaftlichen Bereichen.

Zu unserem Bedauern mußten wir jedoch feststellen, daß unser Anliegen, eine Cannabis-Legalisierung herbeizuführen, bei den Koalitionsverhandlungen unter den Tisch gefallen ist. Da wir aber auch die Toleranz vertreten, die wir von anderen verlangen, brechen wir über niemanden vorzeitig den Stab und möchten zum wiederholten Male unsere Forderungen vortragen. Das im heutigen Spiegel gegebene Interview von Innenminister Otto Schily hat uns darin bestärkt, daß die Sache von Ihnen noch nicht vollends begraben wurde, sondern daß Sie vielmehr die Möglichkeit einer Cannabis-Freigabe, die von beiden Koalitionspartnern in abgewandelter Form als Wahlversprechen gegeben wurde, nochmals einer Prüfung unterziehen wollen.

Eine Veränderung der Gesetze im Sinne einer Tolerierung  der HanfkonsumentInnen (und Förderung der Nutzpflanze Hanf) war unter 16 Jahren konservativer Regierung unmöglich. Die Themen der Diskussion und der Stand der wissenschaftlichen Forschung sind seit langem bekannt. Hier verweisen wir auf das BVG-Urteil von 1994, das Apothekenmodell der schleswig-holsteinischen Landesregierung sowie die langjährige und erfolgreiche drogenpolitische Praxis anderer europäischer Länder (Niederlande, Spaniens, Schweiz). Die Unbedenklichkeit des Cannabis-Konsums wurde in vielen von Regierungsseite in Auftrag gegebenen Studien bestätigt, zuletzt in Frankreich.

Da das Amt der/des Drogenbeauftragten  bislang die einzige bislang offiziell existierende Institution für das Thema Drogen ist, möchten wir das Amt des Drogenbeauftragten neu definiert und mit größeren Befugnissen ausgestattet wissen.

Zu unserem Entsetzen mußten wir der Presse entnehmen, daß der Drogenbeauftragte nunmehr als „Suchtbeauftragter“ bezeichnet werden soll. Wir möchten Sie nachdrücklich bitten, von dieser Bezeichnung Abstand zu nehmen.

Die Aufgaben des Drogenbeauftragten müßten sein, die Drogenproblematik allumfassend und objektiv darzustellen. Daß die in der Vergangenheit betriebene Veröffentlichung von Drogenbeschlagnahmestatistiken dem Namen des Amtes nicht genügt, ist selbstredend. Daß auch die platt betriebene Drogenaufklärung, wie sie in der Vergangenheit mit Hilfe dieses Amtes betrieben wurde, eher ein gegenteiliges Ergebnis zeitigte, ist bekannt.

Der Drogenbeauftragte sollte bereit und in der Lage sein, ein Coffeeshop-Modell nach niederländischem Vorbild zu befürworten und durch seine erweiterten Befugnisse in die Praxis umzusetzen. Konkret schlagen wir einen zweijährigen Modellversuch vor, der die legale Abgabe und die legale Beschaffung gewährleistet. Sollten unsere in der Anlage geäußerten Angaben stimmen, müßte dieser Versuch die Freigabe von Hanf/Marijuana/Cannabis zur Folge haben.

Gleichzeitig sollte man sich über die wirtschaftlichen Aspekte Gedanken machen und diese in die Debatte einbringen. Durch Hanfanbau und Hanfmanufaktor könnte eine Vielzahl von Arbeitsplätzen geschaffen werden.

Auch die sogenannten Partydrogen sollten frei abgegeben werden und regelmäßig von Amts wegen auf ihre Reinheit überprüft werden.

Gegenüber den KonsumentInnen sogenannter harter Drogen ist Toleranz sowie ärztliche und soziale Hilfe nötig.

Die Stigmatisierung von DrogenkonsumentInnen sollte verboten werden, gegebenenfalls als Zusatz in Art. 2 Grundgesetz.

Die Kampagne „Keine Macht den Drogen“ sollte sofort beendet werden, da sie sehr platt geführt wird, von Doppelmoral geprägt ist und unserer Meinung nach das Gegenteil dessen bewirkt, was sie angeblich beabsichtigt, da bei der angesprochenen Zielgruppe Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene durch sie allgemein Interesse an „verbotenen“ Drogen hervorgerufen wird. Diese Gelder sollten für sinnvollere Projekte, die den Namen Aufklärung auch verdienen, verwendet werden.

Wir hoffen, daß unser Schreiben und die beigefügten Anlagen die Beachtung finden, die sie verdienen und daß wir mit Ihnen in einen Dialog treten können, an dessen Ende ein Mehr an Selbstbestimmung, Gerechtigkeit und Toleranz stehen wird.

Mit freundlichen Grüßen

i. A. Eva Hodge

PS: Gerne würden wir etwas über das Schicksal unserer Petition vom 2. 5. 1994, Petitions-Nr.: Pet 5-12-15-2127-066237 und ihrer Abhandlung durch die Fraktionen des Deutschen Bundestages nach dem 9. 12. 1994 erfahren.

Anlage: Cannabisfreigabe - eine notwendige Reform 

Hanf im Recht!
 


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