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[Kiffer in .de] [09/99] Jeder vierte Deutsche hat Haschisch geraucht: Jeder vierte Deutsche hat schon einmal Haschisch oder Marihuana geraucht. Der größte Teil dieser Gruppe habe die aus der Cannabis-Pflanze gewonnene Droge jedoch nur während der Jugend konsumiert. Das berichtete der Berliner Professor Dieter Kleiber vom Institut für Prävention und psychosoziale Gesundheitsforschung heute in Münster. Nach wie vor werde in den alten Bundesländern etwa dreimal so viel Haschisch geraucht wie in den neuen Ländern. Wirklich abhängig seien maximal zwei Prozent der regelmäßigen Konsumenten. 
Harmloses Teufelszeugs


Haschisch macht nicht süchtig und ist keine Einstiegsdroge, sagt eine Studie des Bundesgesundheitsministeriums. Verbreitet wurden die Erkenntnisse nicht

Die Woche (2/5/97) Spricht der Bayer Horst Seehofer über Drogen, dann wirft er nicht nur alle in einen Topf - Heroin, Kokain und Haschisch-, dann sind auch satanische Bilder nicht weit: "Das ist teufelszeug", pflegt der Bonner Gesundheitsminister zu schäumen, und er meint das grundsätzlich. Mögen die weichen Stoffe Haschisch und Marihuana noch so sanft wirken: Der CSU-Mann verdammt sie als Einstiegsdrogen, denen die harten Gifte bald folgen, und warnt vor dauerhafter Abhängigkeit. Geradezu vom Teufel müsse folglich geritten sein, wer über eine Freigabe von Cannabis -wie sie in Holland praktiziert wird- auch nur nachdenke.

Horst Seehofer müsste es besser wissen. In der Schublade hat er seit einem Dreivierteljahr eine Studie der freien Universität Berlin liegen, die den konservativen Klischees deutlich wiederspricht. Drei Jahre lang hatte ein Team unter Leitung des Soziologie Professors Dieter Kleiber 1458 aktuelle und ehemalige Kiffer befragt, stellvertretend für etwa ein Drittel der Westdeutschen, die mindestens einmal in ihrem Leben zum Joint gegriffen haben. Unter dem Titel "Cannabiskonsum in der Bundesrepublik Deutschland: Entwicklungstendenzen, Konsummuster und Einflussfaktoren" entstand eine mehr als 300 Seiten starke Expertise, die wie keine vergleichbare zuvor ins Detail geht.

Kleiber

Die These von der Einstiegsdroge lässt sich danach nicht belegen. Und die von Bonns unionschristlichen Drogenwächtern behauptete Suchtgefahr erweist sich nach der Kleiber-Studie weitgehend als Mythos.

Für Seehofer starker Tobak. Umso mehr, als sein Ministerium die Studie selbst veranlasst hatte -und daran vermutlich auch bestimmte Erwartungen knüpfte. Politiker beauftragen Wissenschaftler schließlich gerne, um eigene Sichtweisen bestätigen und untermauern zu lassen.


Seehofer findet Prohibition und Verfolgung für cool
 

Da die Ergebnisse aus Berlin Bonns restriktive Drogenpolitik nun nachhaltig in Frage stellen, behandelt der Auftraggeber sie fast wie Teufelswerk. Jegliche Mitteilung an die Presse unterblieb. Der ursprünglich vorgesehene Druck in der hauseigenen Schriftenreihe, mit dem die Studie in den Buchhandel gelangt wäre, lässt bis heute auf sich warten. "Das müssen wir nicht unbedingt zu Markte tragen, zumal wenn das Geld knapp ist", verrät ein Ministerialbeamter.

Proffesor Kleiber sei deshalb empfohlen worden, sich doch selbst einen Verlag zu suchen. Um möglichen Nachfragen zu genügen, sind in Seehofers Ministerium zwar einige Kopien angefertigt worden. Im hausamtlich verfassten Vorwort werden die nicht genehmen unter den Forschungsergebnissen allerdings schlicht unterschlagen oder einfach umgedeutet.

So fehlt dort jeglicher Verweis auf das Essential der Studie, das dem Etikett "Einstiegsdroge" gründlich den Halt nimmt: Die Ergebnisse zum Konsumverhalten und zur Wahrscheinlichkeit des Ausstiegs. Abseits der reinen Probierer haben die wissenschaftler vier Usergruppen ermittelt:

  • "Gelegenheitskonsumenten" kiffen zwei- bis dreimal im Monat. Sie suchen vor allem Spaß und Entspannung und sind durchschnittlich 25 Jahre alt.

  • "Gewohnheitsmäßige Individualkonsumenten" rauchen an zwei von drei Tagen und dann in aller Regel zurückgezogen. Ausschlaggebend sind für sie nicht mehr nur stimmungsregulierende, sondern auch soziale Motive: Sie rauchen den Stoff, weil die Freunde auch haschen, um in Gesellschaft besser drauf zu sein oder um mit anderen Leuten besser zurechtzukommen. Ihr Durchschnittsalter beträgt 31 Jahre.

  • "Gewohnheitsmäßige Freizeitkonsumenten" greifen zum Joint etwa so häufig wie "Individualkonsumenten" und auch aus den gleichen Gründen, anders als diese aber nicht nur in den eigenen vier Wänden, sondern auch auf Partys und in alle Öffentlichkeit; Durchschnittsalter: 26 Jahre.

  • "Gewohnheitsmäßige Dauerkonsumenten" bleiben durchschnittlich nur einen Tag in der Woche abstinent, kiffen im Unterschied zu den anderen drei Gruppen aber auch an der Uni oder bei der Arbeit, vor allem um zu entspannen und zu "funktionieren". Sie bilden mit einem Durchschnittsalter von 23,5 Jahren die jüngste Gruppe. Gelegenheitskonsumenten stellen die größte Gruppe: 35 Prozent; gewohnheitsmäßige Dauerkiffer die kleinste: 17 Prozent.

 

Was Seehofer offenbar nicht ins Einstiegsdrogen-Weltbild passt: Nicht nur die Gelegenheits-, auch die meisten Gewohnheitskonsumenten stellen das kiffen eines Tages wieder ein. "Ein Ausstieg aus dem Cannabiskonsum kann unabhängig von der dauer des Konsums zu jeder Zeit erfolgen", resümieren die Forscher um Professor Kleiber. Vor allem: 85 Prozent der Aussteiger griffen innerhalb des letzten Jahres auch zu keiner anderen illegalen Droge. Immerhin hatten sich viele zuvor auch an Halluzinogenen, Kokain und Opiaten versucht. "Mit dem einstellen des Konsums", schlussfolgern die Forscher, "nimmt auch die Wahrscheinlichkeit, andere illegale Drogen zu konsumieren deutlich ab."

Viele wenden sich allerdings ab, weil sie erleben, dass Kiffen mehr Ärger und Schwierigkeiten einbringt als Genuss, Entspannung oder Akzeptanz. Bestätigt wird nähmlich die These, häufiges Haschen mache mehr oder weniger phlegmatisch.

Fast jeder zweite Aussteiger fühlt sich als Kiffer immer seltener im Stande, eigene Vorhaben zu verwirklichen. Dazu kommen "Filmrisse" oder "Ärger mit der Familie". Vom Bundesgesundheitsministerium, dem unbefriedigten Auftraggeber, wird dies im Vorwort auf seine Weise interpretiert: "In keinem Fall ist die vermeintliche Harmlosigkeit des Konsums gewährleistet."

Als wirkliche Problemgruppe haben die Forscher lediglich die Dauerkonsumenten ausmachen können: Setzen sie Cannabis wie Medikamente ein, um im Studium oder Job zurechtzukommen, dann stellt sich auch ein hohes Risiko ein, dem Stoff vollends zu verfallen. "Abhängigkeit", stellt Kleiber wenig überraschend fest, "findet sich deshalb unter den Dauer-Kiffern am häufigsten."

 
Allerdings: keine körperliche, sondern eine psychische Abhängigkeit. Die Studie wiederspricht dabei jedoch dem, was Seehofer gegen Cannabis unbeiirt ins Feld führt: Nicht Haschisch und Marihuana bedingen die Abhängigkeit, sondern die Alltagsprobleme, mit denen Kiffer nicht klarkommen. Unter den reinen Cannabis-Konsumenten sind Abhängige die Ausnahme. Sie stellen gerade 2 Prozent. Und auch sie können aussteigen. Die Kifferkarierevon Abhängigen ist im Schnitt sogar anderhalb Jahre kürzerals die von nicht abhängigen.

Auch das die User ständig auf der Jagd seien nach dem angeblich unverzichtbaren Stoff stellt sich in der Studie als Legende herraus. Drei von vier befragten Kiffern verspüren kein oder nur geringes Bedürfnis, sich Cannabis zu beschaffen, wenn unmittelbar keines zur Hand ist. Als ebenso haltlos erweist sich das gern bemühte Klischee vom jugendlichen Opfer, das von kriminellen Dealern verführt und angefüttert wird. Drei viertel der Befragten haben ihren ersten Stoff von Freunden bekommen.

Mit anderen Daten liefern die Berliner Wissenschaftler erstmals ein Bild des deutschen Durchschnittskiffers: Er stammt aus gut situiertem Elternhaus, hat Abitur oder steht kurz davor. Er raucht mit 17 den ersten Joint und steigt nach neun Jahren wieder aus. Monatlich hat er sich den Rausch bis dahin zwischen 36 und 171 mark kosten lassen, je nachdem ob er Gelegenheits- oder Gewohnheitskiffer war.

Für Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer scheint auch dieses Ergebnis keine Veröffentlichung zu rechtfertigen -was seine Sprcherin Ilona Klug allerdings seltsamerweise bestreitet: Die Studie sei doch veröffentlicht. Wie? Indem Kopien an die einschlägigen Suchthilfe-Verbände verteilt worden seien.

Eine stichprobenartige Nachfrage ergab unterdessen: Von fünf Institutionen hat lediglich eine ein Exemplar erhalten.


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