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Aldo Legnaro
DROGENKONSUM UND WERTSTRUKTUR
Aspekte der kulturellen integration illegaler Drogen
Im Alltagsleben legen wir uns selten Rechenschaft darüber ab,
daß unsere sinnlichen Erfahrungen und ihre geistige Verarbeitung
nicht "von sich aus" schon Gestalt und Bedeutung haben, sondern erst durch
vielfältige kulturelle Vermittlungs- und Lernprozesse ihre besondere
Qualität gewinnen.
Wir erlernen in unserer Kindheit nicht nur unsere Sprache; wir erlernen
nicht nur, wie man grüßt, ißt und wie ein Stirnrunzeln
zu interpretieren ist (dies als Beispiele für Verhaltensweisen, deren
kulturspezifische Ausgestaltung offenbar ist); wir erlernen auch das Sehen,
Hören, sogar das Riechen.
Wenn auch die physiologischen Mechanismen der sinnlichen Wahrnehmung universell
sind, so sind es doch die Formen ihrer Bewertung und damit auch ihrer bewußten
Verarbeitung keineswegs. Sinnfällig wird dies am unterschiedlichen
harmonischen Empfinden der Angehörigen verschiedener Kulturkreise:
Was ein Kind in seiner Kultur als schön und was es als ekelhaft einzuordnen
und damit zu empfinden hat, muß es erst erlernen; solche Prozesse
machen einen Großteil der nicht - intentionalen Sozialisation aus.
Ganz ähnliches trifft zu für die Definition bestimmter Erfahrungsbereiche
als wirklich und anderer als unwirklich. Kulturelle Bewertungsmaßstäbe,
die uns kaum je bewußt werden, bestimmen damit, was wir erfahren
und wie wir es erfahren. Dies gilt für die durch Drogen induzierte
Erfahrung um so intensiver, als es sich hier um einen veränderten
Bewußtseinszustand handelt - um eine Transformation der Erfahrung
von Alltagswelt in selten erfahrene Zonen unseres Bewußtseins hinein.
Der kultursoziologische Aspekt, wie nämlich Erfahrungen durch kulturspezifische
Wertstrukturen vorgeformt werden, ist erstaunlich selten jemals in den
Blickpunkt empirischer Forschungen geraten.
Das Folgende ist damit hauptsächlich als Ausgangspunkt weiterer Fragen
zu verstehen und als ein vorläufiger Versuch, den Zusammenhang zwischen
Drogenkonsum und Wertstruktur für die europäische Kultur zu beschreiben.
Im Vordergrund stehen dabei die psychedelische Drogen Cannabis, LSD und
die wirkungsverwandten Drogen Meskalin, Peyote etc. Diese Gruppe läßt
sich deutlich abheben vom Alkohol auf der einen und den Opiaten auf der
anderen Seite. Sowohl pharmakologisch wie im sozialen Setting haben diese
drei Drogengruppen jeweils intern sehr viel mehr Ähnlichkeiten als
im Vergleich miteinander.
Den skizzierten kultursoziologischen Ausgangspunkt nur auf die eine Gruppe
anzuwenden ist jedoch eine Entscheidung des Forschungsinteressses und keine
theoretische. Zwar hat die Aufmerksamkeit am Konsum illegaler Drogen in
den letzten Jahren nachgelassen - wie sich ja überhaupt bei der Definition
sozialer Probleme geradezu Modetrends beobachten lassen, die nicht unbedingt
empirische Häufigkeiten reflektieren. Dennoch ist auch zum heutigen
Zeitpunkt die Frage, warum jemand NICHT Haschisch raucht, nach der Anti-Motivation
von Jugendlichen gegenüber einem in ihrer sozialen Umgebung vorkommenden
Verhalten also, nicht sinnlos. Unter diesem eher individualpsychologischen
Gesichtspunkt, der sowohl die Verhaltensmuster relevanter anderer wie befürchtete
gesundheitliche Auswirkungen umfaßt, ist sie denn auch verschiedentlich
untersucht worden.
Eine bayerische Untersuchung etwa stellt den hohen Anteil derjenigen Jugendlichen
heraus, die Angst vor gesundheitlichen Schäden artikulieren (80% der
befragten Nicht-Konsumenten) oder die Gefahr, abhängig zu werden,
betonen (71%). Ganz ähnlich sind die Ergebnisse einer Befragung 13-
bis 21jähriger Schüler. Auch hier steht die Sorge vor befürchteten
gesundheitlichen und sozialen Auswirkungen im Vordergrund. Diese Vermutungen
über die Wirkungen der Droge stellen weitgehend einen Reflex der offiziell
betriebenen Drogenaufklärung dar, die lange Zeit zugunsten der drastisch
ausgemalten Gefahr, die Haschischkonsum angeblich bildet, Gefahren des
Alkoholkonsums herunterspielte. Die Tatsache, daß bei einer eher
dubiosen Beweislage aber die Gefahren des Haschisch teilweise wider besseres
Wissen so ausgemalt werden, reflektiert einen anderen, den kultursoziologischen
Aspekt, der hier insbesondere erörtert werden soll. Die Motivation
dafür, nicht Haschisch zu rauchen, verweist nämlich auf dominante
gesellschaftliche Wertstrukturen. Als Schlüsselbegriff zur Beschreibung
dieser Wertstrukturen bietet sich der von Max Weber geprägte Terminus
der "protestantischen Ethik" an. Es erübrigt sich hier, auf die jahrzehntelangen
Diskussionen zu diesem Begriff im Anschluß an Webers erste Veröffentlichung
1904 einzugehen.
Relevant ist der Terminus in diesem Zusammenhang auch nicht in seiner historischen
Dimension als psychosozialer Überbau zum sich entwickelnden Kapitalismus
und die dabei hergestellte Verbindung zum Kalvinismus, sondern als Kürzel
für ein Syndrom grundlegender Wertvorstellungen, wie sie Kingsley
Davis in einer frühen Veröffentlichung beschrieben hat; er unterscheidet
dort als kulturelle Dimension des Ideals der amerikanischen "open society":
- demokratisch - weltlich - asketisch - individualistisch - rationalistisch
- irlitaristisch. Diese Dimensionen bilden einen allgemeinen Bezugsrahmen
normativer Wertstrukturen, in dem die Drogenerfahrung beurteilt wird und
sie stellen gleichermaßen eine kulturelle Vortsrukturierung dieser
Erfahrung selbst dar.
Die im folgenden beschriebene empirische Untersuchung greift die angesprochenen
Fragestellungen in nur kleinem Rahmen und notgedrungen auf explorative
Weise auf. Das scheint mir bei einer Forschungslage, die solche Fragestellungen
in der Regel übersehen hat zugunsten der Versuchs, die irgendwie begründete
soziale Andersartigkeit des Drogenkonsumenten zu eruieren, aber legitim.
Befragt wurden einhundert Teilnehmer eines Seminars "Abweichendes Verhalten"
mit einem teilweise offenen Fragebogen, Von diesen Befragten hatten 21%
bereits einmal Haschisch geraucht, wenngleich die Mehrheit davon nicht
zu den Dauerkonsumenten zählte. Einen ersten Einstieg ins Thema liefern
die Antworten auf die Frage: "Welche Begriffe assoziieren sie mit Rausch
und Ekstase?" Hier steht im Vordergrund bei einer Mehrheit (43%) die Angst
vor Realitäts- und Kontrollverlust. Das ist ganz im Einklang mit einer
Kultur, die die Ekstase aus dem Bereich des als wirklich und psychisch
gesund Anerkannten weitgehend ausgeklammert hat oder, soweit sie sie noch
kennt, in der verkümmerten Form psychomotorischer Erregung auf äußere
Stimuli (wie beim Fußball) bestehen läßt. Es liegt für
die Zwecke dieser Darstellung nichts am Versuch, Ekstase als Sonderzustand
des Bewußtseins zu definieren; für jeden Versuch dieser Art
gilt, was Spoerri feststellt: "zudem ist unsere Epoche und die in ihr gründende
Art und Sprache der Wissenschaft ekstase-fern; unsere Definitionen sind
daher häufig negativ, indem die Phänomene gerade dort beginnen,
wo unsere Raum-, Zeit- und kausalitätsgebundenen Kategorien ihre Grenzen
haben". Gerade dies, daß die unserem Denken gewohnten Kategorien
auf Ekstase kaum anwendbar sind - auf ein Phänomen, dessen Erfahrung
eben Transzendierung der individuellen, in langwierigen Sozialisationsprozessen
erstandenen Ich-Instanz bedeutet, bildet das Angsterregende und Schreckhafte.
In einer Kultur, die (vermeintliche) Selbst-Kontrolle zu einer Verpflichtung
jeglichen Rollenspiels erhoben hat, ist nichts anderes zu erwarten. Es
kann ja in diesem Zusammenhang auch nicht als zufällig betrachtet
werden, daß die Einstellung der westlichen Kultur gegenüber
solchen Phänomenen wie der Sexualität und dem Tod, die beide
auf ihre Art einen Prozeß der Ich-Transzendierung darstellen, höchst
ambivalent und in der Regel nicht von spielerischer Erfüllung und
gelassenem Akzeptieren getragen ist. Alle diese genannten Phänomene
haben gemeinsam, in den tradierten Weisen der Rationalität nicht erfaßbar
zu sein. Eben dies kommt in vielen Assoziationen zum Ausdruck: "high, Halluzinationen,
übersteigertes trügerisches Freiheitsgefühl, mangelnde Rationalität,
abwesend sein, völlige Realitätslosigkeit, Traumwelt, völlige
Unfähigkeit, sich mit seiner Umwelt rational auseinanderzusetzen,
wirklichkeitsfern, unberechenbar, Zügellosigkeit, Ausschalten der
Vernunft und des Verstandes, Entmenschlichung, Realitätsferne, Illusion,
Unwirklichkeit". Den tieferen Grund solcher manifester Ängste berühren
manche Aussagen; etwa "übermächtig, wild, unkontrolliert, hilflos,
Hingabe an -für mich- nicht steuerbare Naturgesetze, daher Angst davor,
bei Drogen". In einer "vernünftigen Welt", in der die Regulierbarkeit
der Natur zum Axiom erhoben ist, gepaart mit einem Fortschrittsoptimismus,
dem auch die Reste des Nicht-Beherrschbaren als bald steuerbar erscheinen,
muß eine Erfahrung der Unkontrolliertheit, sei sie motorischer ("keine
Kontrolle mehr über den eigenen Körper", notiert einer) oder
psychischer Art ("nicht mehr Herr seiner Sinne sein", "Irrationalität",
"Verlust des Wirklichkeitsbewußtseins") eine tiefe Unsicherheit hervorrufen,
dies um so mehr, als die Kategorien des common sense (und bis in die jüngste
Zeit auch die der Wissenschaft) keine Grundlagen für eine positive
Einordnung solch einer Erfahrung zur Verfügung stellen. da zudem der
Begriff "Bewußtsein" eng gekoppelt an die Instanz des Ich verstanden
wird, gerade dieses Ich aber in der ekstatischen Erfahrung seine integrative
Bedeutung gegenüber Impulsen des Unbewußten verliert, kommt
in den Assoziationen die Angst vor dem Unvertrauten zu Ausdruck, vor einer
Flut, die in Sozialisationsprozessen aufgebaute Dämme zu brechen droht:
"totale Ausschaltung des Bewußtseins", "irrationale Verhaltensweisen".
Wie sich die Erfahrungsstruktur verlagert, stellt ein Befragter deutlich
fest: "Weltentfremdung, Hineinsteigern in ein nur gefühlsmäßig
erfaßbares Erleben". Was dies aber wiederum ins Positive gewendet
heißt, vermerkt ein anderer: "Leben, Liebe, Urgewalten". Nur relativ
wenig Verständnis gegenüber "altered states of consciousness",
veränderten Zuständen des Bewußtseins, läßt
sich in der Mehrheit der Aussagen finden; ihre Tendenz wird trefflich zusammengefaßt
durch "wirklichkeitsfremd, Resignation, Schwindel, Vergessen, Betäubung".
Es ist ein interessantes und nicht belangloses Ergebnis, daß bei
den Nicht-Konsumenten von Haschisch die Assoziationen eher negativer ausfallen
als bei den Konsumenten. Konsumenten äußern also eher nicht-negative
oder explizit positive Assoziationen von Glücks- und Freiheitsgefühlen
(Tanz, religiöse Verzückung, schön, Romantik, Hoffnung,
intensivstes Erleben von Psyche plus Körper, Enthemmung, Befreiung
von anerzogenen Hemmungen, Intensivierung von Gefühlen der Lebensfreude,
überschäumendes Gefühl, Glück, Raserei); das mag sowohl
Ausfluß einer annähernd ekstatischen Drogenerfahrung sein wie,
und das scheint mir das Wahrscheinlichere, einer Motivlage, die den Beginn
des eigenen Drogenkonsums überhaupt erst in den Bereich möglicher
Verhaltensalternativen rückt.
Die Komponenten des Weltlichen, Asketischen und Rationalistischen werden
in ihrer Bedeutung schon durch solch ein Einzelfaktum illustriert. Es rückt
hier jener Unterschied zwischen dem Dionysischen und Appolinischen ins
Blickfeld, den Ruth Benedict an der Kontrastierung der Pueblo-Indianer
mit anderen Indianerkulturen Nordamerikas festmacht: "Nietzsche beschreibt
zwei völlig entgegengesetzte Weisen, um die Werte des Seins zu verwirklichen.
Der Dionysier strebt ihnen durch die Vernichtung der gewöhnlichen
Beschränkungen und Grenzen der Erfahrung nach; er sucht in seinen
kostbarsten Augenblicken Überschreitung der Grenzziehungen, die ihm
von seinen fünf Sinnen auferlegt sind, sucht in eine andere Ordnung
von Erfahrungen vorzudringen. Er verlangt danach, über die eigene
Erfahrung oder den Ritus hinaus sich einer bestimmten psychologischen Verfassung
anzunähern, einen Zustand der Aus-Schweifung zu erreichen. Die engste
Analogie zu den Gefühlen, die er sucht, ist die Trunkenheit, und er
schätzt die Erleuchtungen der Raserei. Mit Blake glaubt er, daß
"der Pfad der Aus-Schweifung" in den Palast der Weisheit führt".
Der apollinische Mensch mißtraut all diesem und hat oft kaum eine
Vorstellung von der Natur solcher Erfahrungen. Er findet Mittel, sie von
seinem bewußten Leben auszugrenzen, er kennt nur ein Gesetz, Maß
in griechischen Sinn. Er hält sich in der Mitte der Straße,
bleibt innerhalb der bekannten Welt, meidet aufwühlende psychologische
Verfassungen. Sogar in der Verzücktheit des Tanzes bleibt er, was
er ist und behält seinen bürgerlichen Namen, wie Nietzsche es
treffend ausdrückt."
Die Polarität, in der beide Prinzipien in Griechenland stehen, hat
sich auch im europäischen Mittelalter fortgesetzt; sofern man überhaupt
wagen will, die heutigen Industriegesellschaften mit Hilfe dieser beiden
Kategorien festzulegen, läßt sich wohl die Dominanz des Appolinischen
behaupten; Dionysisches als Handlungsprinzip wirkt auf eine auf Voraussehbarkeit
des Verhaltens weitaus stärker als andere Gesellschaftstypen angewiesene
industrielle Leistungsgesellschaft nur dysfunktional. Dieses Wertsyndrom
bildet nun eine die Drogenerfahrung präformierende Struktur: Jede
Erfahrung andersartiger Wirklichkeit wird in diesem rationalistischen System
tendentiell negativ sanktioniert, der Erfahrende mit dem Ausstoß
aus der von allen geteilten Wirklichkeit bedroht. Da Wirklichkeit zwar
a priori vorhanden, aber erst subjektiv wirklich in einem Prozeß
sinnlicher Erkenntnis und Interpretation wird, erst erlernte kulturelle
Bewertungen also die von allen geteilte Wirklichkeit herstellen und damit
eine soziale Sinnwelt, gefährdet jede Erfahrung von Wirklichkeit,
die sich anders strukturiert, den Konsens.
Wie die Abweichung von normativen Regelungen diese vor dem Verdämmern
schützt, indem nun ein Prozeß der Sanktionierung des Abweichens
und damit eine Bestätigung des Normativen eingeleitet wird, so tritt
auch eine Bestätigung der kulturell vermittelten Sinnwelt ein, wenn
man jede sie in Frage stellende Erfahrung negativ sanktioniert; die "gesellschaftliche
Konstruktion von Wirklichkeit" ist rekonstruiert. In welchem Umfang das
auf Drogenerfahrung zutrifft, werden die folgenden Abschnitte zeigen.
Ehe ich auf das Heterostereotyp vom Haschischraucher eingehe, ist eine
kurze Erläuterung des Autostereotyps notwendig. In Form eines semantischen
Differentials war hier eine Selbstdarstellung der Befragten erbeten, die
sich, insgesamt genommen, interpretieren läßt als Spiegelung
der normativen Erwartungen, die an Personen der Altersgruppe zwischen 20
und 25 Jahren herangetragen werden, leicht modifiziert durch "jugendliche
Gegennormen": So sehen sich die Studenten als sehr wirklichkeitsbezogen
(ich erinnere an die spezielle kulturelle Definition von Wirklichkeit,
die für die protestantische Ethik charakteristisch ist) und zielbewußt;
es unterliegt aber einem leicht negativen Effekt zuviel Ehrgeiz hervorzukehren;
hilfsbereit, gesellig, freundlich sind ebenfalls hochdotierte Eigenschaften;
Spontanität und Schöpfertum merkwürdigerweise nicht ganz
so ausgeprägt. Als sehr friedlich, recht politisch interessiert und
ziemlich aktiv zeichnen sich die künftigen Lehrer aus; auch Sinnlichkeit
scheint zu den gesellschaftlichen Erwartungen zu zählen. Der größte
Unterschied zwischen den Rauchern von Haschisch und den Nicht-Rauchern
findet sich bei den Eigenschaften "energisch, ehrgeizig, wirklichkeitsbezogen,
rational, zielbewußt, temperamentvoll, aktiv". Nicht-Raucher schreiben
sich die hierin enthaltenen Eigenschaften wesentlich ausgeprägter
zu als Raucher. Es handelt sich also um ein Eigenschaftenbündel, dessen
Selbstzuschreibung Haschischkonsum relativ unwahrscheinlich macht. Hier
ist eine konforme Auftiegs- und Konsumorientierung beschrieben, wie sie
sich als Modell gesellschaftlichen Verhaltens vor allem in der Werbung
wiederfindet; von daher ist ein Akt sozialer Abweichung, den Haschischrauchen
darstellt, unwahrscheinlich. Raucher, deren Verhalten nicht völlig
den gesellschaftlichen Erwartungen entspricht, zeigen auch eine geringere
Internalisierung dieser Erwartungen: das ist zum einen sicherlich ein Korrelat
illegalen Drogenkonsums überhaupt; zum anderen mag sich hier auch
eine Erfahrung widerspiegeln, die rationale, zielbewußte Bewältigung
vordefinierter Wirklichkeit als fragwürdig erscheinen läßt.
Das Heterostereotyp vom Haschischraucher wurde mit dem gleichen Differential
wie das Autostereotyp erfragt. Erwähnt werden muß vorab, daß
zwischen 42 und 45% der Befragten sich geweigert haben, da sie keine Vorurteile
gegen Haschischraucher hätten, eine solche Methodik aber notwendigerweise
aber nur Vorurteile erfragen könne. Der weitgehend offene Fragebogen
erwies sich aber als in der Regel sehr geeignet, auch solchen Verweigeren
ihre Meinung zu entlocken. Das Heterostereotyp weist, verglichen mit der
Selbstzuschreibung, interessante Unterschiede auf. Schwächer ausgeprägt
sind hier Eigenschaften wie freundlich, warm, friedlich: positiv bewertete
Eigenschaften, die man durch Haschischrauchen offensichtlich nicht direkt
tangiert sieht, auch wenn man sie dem Abweichenden nicht so ausgeprägt
wie sich selbst zuschreibt. Die zentrale Dimension der Einstellung aber
wird beschrieben durch Eigenschaften wie energisch, ehrgeizig, aktiv, wirklichkeitsbezogen,
stabil, rational und zielbewußt. Dieses Bündel enthält
die zentralen Erfordernisse sozialer Angepaßtheit an die Bedingungen
einer kapitalistisch verfaßten Industriegesellschaft; ein Rückblick
auf das Wertsyndrom der protestantischen Ethik erweist die enge Verwandtschaft
dieses Eigenschaftenbündels mit den von Max Weber unter diesem Terminus
beschriebenen Wertvorstellungen. Die oben genannten Eigenschaften werden
dem Haschischraucher sämtlich in der negativen Ausprägung zugeschrieben.
Ein solches Stereotyp reflektiert präzise das Bild vom Haschischraucher,
wie es offizielle Publikationen zeigen.
So stellt etwa eine weitverbreitete, vom Bundesminister für Jugend,
Familie und Gesundheit herausgegebene Broschüre fest: "Häufigerer
Gebrauch (von Haschisch) führt zu Interessenverlust, gleichgültiger
Lebenseinstellung und sozialer Verflachung". Diese höchst platte und
keineswegs als gesichert anzusehende Behauptung über Langzeitwirkungen
der Droge umschreibt die Angst vor einer sozialen und kulturellen Auswanderung
des Abweichenden: sozial, insofern "Interessenverlust" und "soziale Verflachung"
ja wohl meinen, daß Haschischraucher unter Umständen an den
konventionellen Karriererouten keinen Anteil mehr nehmen wollen (übrigens
sehen sich die Haschischraucher dieses Samples selbst als weniger ehrgeizig
als die Nichtraucher), dies auch entweder als Korrelat eigener Motivation,
Drogenkonsum zu beginnen, denkbar, oder als ein Lerneffekt der drogeninduzierten
Erfahrung, die Interessenverlagerung nach sich zieht; kulturell, insofern
die Erfahrung einer nicht-alltäglicher Wirklichkeit einer Minderheit
nicht ohne langfristige Konsequenzen für die zentralen Theoreme über
Wirklichkeit, wie sie von allen geteilt werden und zur Aufrechterhaltung
des gegenwärtigen Typs von industrieller Leistungsgesellschaft auch
notwendig sind, gestattet werden kann.
Wie stark die offizielle Drogenaufklärung die Meinung der Bevölkerung
auch geprägt haben mag, sie ist selbst Ausfluß eines Werteuniversums,
dem die Drogenerfahrung eine Bedrohung darstellt. "Die Leute sind von Drogen
- oder vielmehr von ihren eigenen Phantasien und denen der Massenmedien
zu diesem Thema derartig fasziniert, weil sie die durch Drogen angeblich
hervorgerufenen Bewußtseinszustände als verlockend empfinden.
Das ist eine andere Seite der Furcht vor psychischer Verwirrung; es ist
das Sehnen nach Erlösung und Entkommen, nach Magie und ekstatischer
Freude. Dies läßt sich aus der Drohung durch Drogen ableiten
- daß sie Schlüssel zu verbotenen Königreichen in uns selbst
repräsentieren. Das Erschreckende an Drogen ist das Erschreckende
in uns selbst" (R. Blum). Hier liegt der Grund für die rigide Sanktionierung
der Drogenerfahrung, wie sie sich aus den Daten der Studie ablesen läßt.
Es ist eine Erfahrung, der irrationale und wirklichkeitsfremde Qualitäten
zuerkannt werden. Diese groteske Verzerrung von veränderten Zuständen
des Bewußtseins zeugt von der verfestigten kulturellen Definition
von Wirklichkeit, die die Befragten internalisiert haben und unreflektiert
reproduzieren: sie sprechen von einer Wirklichkeit, die keine anderen Formen
von Wirklichkeit neben sich duldet, ja nicht einmal anzuerkennen bereit
ist, daß noch andere Formen existieren können. Eine solche Abwehrhaltung
scheint mir nur entlang der Linie, die Richard Blum im obigen Zitat zieht,
zu interpretieren: hier lockt eine verschlossene Tür, hinter der das
Paradies erhofft, die Hölle befürchtet wird; hier liegt der Eintritt
zum magischen Theater: "Eintritt nur für Verrückte, kostet den
Verstand" - in einer Kultur eindimensionaler Rationalität ein hoher
Preis. Entsprechend kristallisieren sich um die Drogenerfahrung kulturelle
Ängste und der Konsument solcher Drogen wird in eine marginale Position
abgedrängt.
Wissenssoziologisch betrachtet geschieht der Ausschluß von als unwirklich
betrachteter Wirklichkeit mit Hilfe der Techniken von Therapie und Nihilierung.
Es dient dabei Therapie dazu, um jedermann innerhalb einer Sinnwelt zu
halten. Nihilierung umgekehrt (ist für eine theoretische Konzeption
notwendig), um alles, was außerhalb dieser Sinnwelt steht, mindestens
theoretisch zu liquidieren. Nihilierung leugnet die Wirklichkeit von Phänomenen,
die nicht in die betreffende Sinnwelt hineinpassen. Das Prinzip der Therapie
äußert sich in den mehr oder weniger wissenschaftlichen Versuchen,
eine Motivationskette für den Drogenkonsum aus sozialen, psychologischen
oder auch biochemischen Variablen herzustellen; schon indem man in als
erkärenswertes Verhalten definiert und Ressourcen für die Suche
nach solch einer Erklärung bereitstellt, schließt man das Ziel
seiner Beseitigung ein. Und aus den mutmaßlichen Ursachen werden
Vorschläge abgeleitet, deren Befolgung dann (gesetzt, die Kausalkette
ist stichhaltig) zu nachlassendem Drogenkonsum führen müßte.
Unter das Prinzip der Therapie fällt auch die Zuschreibung von Eigenschaften
als Folge des Drogenkonsums, die einer negativen Bewertung unterliegen,
und deren Inhaber als den sozialen Erfordernissen nicht völlig psychisch
angepaßt betrachtet wird. So bescheinigen in einer amerikanischen
Untersuchung 49% der Befragten dem Marihuanaraucher "lacking self control":
in einer Kultur, die Selbstkontrolle emotionaler wie instrumenteller Art
außerordentlicher Art außerordentlich hoch schätzt, ein
schwerwiegender Vorwurf.
Aus den vorliegenden Daten illustriere ich das Thema noch mit einigen Zitaten:
"Der Haschischraucher werde oberflächlicher in seinen Arbeitspflichten,
in der Verantwortung und in seiner Kleidung, er wird labiler, isoliert
sich, wird abhängiger, phlegmatisch, inaktiv dumpf, hat kein festes
Ziel mehr". Bündig stellt jemand fest, der sich zweifellos für
psychisch gesund hält: "Einer, der Haschisch und LSD nimmt, ist für
mich psychisch krank". Die oben angeführten Ergebnisse des Heterostereotyps
gehen alle in die gleiche Richtung: Beschrieben wird jemand, der auf konforme
Weise als nicht lebensfähig erscheint. Eine beträchtliche soziale
Distanz liegt dabei zwischen den Selbstzuschreibungen und der Perzeption
des Haschischrauchers. "Er lebt in einer fremden Welt", so die Feststellung
eines Studenten. Ist hier die Uneinfühlbarkeit betont, die den Haschischraucher
offensichtlich zu einer persona incognita stempelt, so klingt die Entfernung
aus dem kulturell definierten Universum von Wirklichkeit, das sich die
Sanktionierenden im Akt der Sanktionierung gegenseitig bestätigen,
auch in anderen Untersuchungen an. Über eine "Fluchttendenz" beim
Marihuanaraucher kann nur Einigkeit bestehen, wenn ein Konsens über
das von den anderen bewohnte Universum getroffen ist. In unübertrefflicher
Unschuld gegenüber allen Zuständen, die von der Alltäglichkeit
abweichen, konstatiert jemand: "Außerdem möchte ich mich auf
dem Boden der Realitäten bewegen und nicht in einer Traumwelt leben.
Wenn man Probleme hat, dann kann man sie wirkungsvoll anders lösen,
z. B. durch Konversation mit einer Vertrauensperson oder einem Arzt". Beeindruckend
hier die lückenlose Verbindung und Gleichsetzung von veränderten
Bewußtseinszuständen = Traumwelt = Flucht vor Problemen, für
deren Bearbeitung sofort auf eine Spezialistenrolle (Arzt) verwiesen wird.
Wie eindimensional dieser "Boden der Realität" konstruiert ist, zeigt
sich in solcher Ableitung. Wiederholt wird dem Haschischraucher seine "Wirklichkeitsfremdheit"
vorgehalten, ein Etikett, das deutlich darauf hinweist, wie die durch ihn
repräsentierte Erfahrung die sozial positiv sanktionierten "Pforten
der Wahrnehmung" sprengt.
Die artikulierte Begründung für den Nicht-Konsum von Haschisch
zeigt bei einigen in die gleiche Richtung: "Da ich versuche, wirklichkeitsnah
zu leben, steht das Problem nicht an", und "Ich würde nie anfangen,
da ich das Leben schön und lebenswert finde". Die Idee, daß
drogeninduzierte Erfahrung die sinnliche Empfindsamkeit steigern und das
das Leben dadurch "schöner und lebenswerter" machen könnte, ist
hier völlig tabuisiert; ebenso in der Begründung eines möglichen
Konsums bei einem anderen: "eventuell, wenn ich keinen Sinn mehr im Leben
sehen würde".
Die Prinzipien der Therapie und Nihilierung überschneiden sich hier:
Implizit wird der Haschischraucher zum Kandidaten für eine Therapie
ernannt, wenn die Motivation für dieses Verhalten als Abweichung von
der "Normalität" sozialer und kultureller Konformität begriffen
wird. Nihilierung ist zugleich versteckt in dem ontologischen Status, der
der Erfahrung zugeschrieben wird: Was den sozialen Satzungen gemäß
nicht wirklich ist, kann keinen Anspruch auf Anerkennung als eigenständige
Sinnwelt erheben. Der Definition von Wirklichkeit gemäß ist
es nur scheinbar, steht jedenfalls zur Wirklichkeit der Konformen in einem
nur negativ zu bestimmenden Verhältnis. Welche Verlockungen die "andere
Welt" der Drogenerfahrung gerade ihrer "Unwirklichkeit" wegen in einer
als bedrückend erfahrenen Alltagswirklichkeit ausübt, scheint
mehr ersichtlich aus den Gefahren, die man ihr zuschreibt. Illustrativ
hierzu ist eine "small-scale-study, which samples citizens in a small California
industrial and residential city", von der Richard Blum berichtet. Auf die
Frage: "Welche Arten von Kriminalität sehen als die größte
Bedrohung der Gesellschaft?" stand Drogenkonsum als Bedrohung weit obenan
- ein Verhalten übrigens, das zu diesem Zeitpunkt in der Kriminalstatistik
der fraglichen Stadt nahezu keine Rolle spielte. Sehr wirklich sind also
die Ängste, die sich um die Drogenerfahrung und den Drogenkonsumenten
kristallisieren - eben weil er ein Phänomen darstellt, dessen Existenz
den kulturellen Konsens in Frage stellt - eben weil diese Erfahrung das
verlorene Paradies zu repräsentieren verdrängt.
Den gleichen Punkt berühren Gerdes und Wolfersdorff-Ehlert, wenn sie
bei einer Analyse der offiziellen Drogenaufklärung feststellen: "Die
auf permanenten technischen Fortschritt angelegte Industrie- und Wohlstandsgesellschaft
ist zu ihrem Wachstum prinzipiell auf eine Bedürfnisstruktur angewiesen,
die wir als "Muster der aufgeschobenen Belohnung" bezeichnet haben und
die die Forderung nach hier und jetzt eingelöster Bedürfnisbefriedigung
grundsätzlich nicht erfüllen kann, weil wirkliche Bedürfnisbefriedigung
zwangsläufig zu einem Stillstand des Wachstums führen müßte.
(...) Wir glauben, daß dieser Hintergrund zum Verständnis der
geschilderten offiziellen Stigmatisierung des Drogenkonsumenten von zentraler
Bedeutung ist; indem dieser sich von "Muster der aufgeschobenen Belohnung"
distanziert und die allseits versprochene Erfüllung in der Gegenwart
sucht, rüttelt er an einem der Grundpfeiler, auf denen die Zuversicht
und Fortschrittsgewißheit dieser Gesellschaft ruhen; er macht sich
sozusagen des Vergehens schuldig, die Illusion der schrittweisen und in
Raten vollzogenen Glücksverwirklichung beim Namen zu nennen
und handelt sich dafür das Stigma des Nicht-Gesellschaftsfähigen
ein."
Mit den Worten von Baudelaire: "Niemals könnte ein vernünftiger
Staat bei Haschischkonsum bestehen. Das erzeugt weder Bürger noch
Soldaten". Weder Soldaten noch Bürger - zwei tragende Rollen der Leistungsgesellschaft.
Hier liegen die wahren Befürchtungen. Es war bisher nur von den Zuschreibungen
derjenigen die Rede, die keine eigenen Drogenerfahrungen gemacht haben.
Die Zuschreibungen derjenigen, die solche Erfahrungen aufweisen, differieren,
wie zu erwarten, von den Phantasien der Nicht-Konsumenten.
Es sind hierbei zwei Aspekte zu unterscheiden: zum einen sind die Konsumenten
ja gegenüber den Nichtkosumenten in der Situation des Sehenden (zumindest
auf einem Auge) unter Blinden: ihre Beurteilung der Drogenerfahrung stützt
sich auf eigenes Erleben und nicht nur auf Presseberichte. Gerade diese
Tatsache aber, daß sie das Verhalten selbst zeigen, über das
sie kommunizieren, kann - und das ist der zweite Aspekt - einen beträchtlichen
"bias" in sich tragen. Es mögen sich Rationalisierungen, antizipierte
Erwartungshaltungen (jemand, der in einem Punkt abweicht, mag für
social desirability noch anfälliger sein als der Konforme) und Versuche
der Beschönigung mischen.
All dies ist schwer zu trennen und ich interpretiere die Daten demgemäß
mit einiger Vorsicht. Auf einen Punkt, die differentiellen Assoziationen
bei "Rausch" und "Ekstase", habe ich schon hingewiesen. Es tragen die Assoziationen
derjenigen, die schon Haschisch geraucht haben, einen eher dionysischen
Aspekt; immerhin mag ja die Bekanntschaft mit der Drogenerfahrung die erste
Bekanntschaft mit einer ekstatischen Erlebniswelt gewesen sein, die qualitativ
differiert von jenem rauschhaften Erleben, wie es Alkohol ermöglicht
und der überwältigenden Mehrzahl der Bevölkerung bekannt
ist.
Aus anderen Untersuchungen ist bekannt, daß Konsum von Alkohol und
Haschisch einander nicht unbedingt ausschließen, sondern oft beide
Drogen oft alternativ genommen werden. Es scheint mir also auch möglich,
auf eine prinzipiell größere Bereitschaft gegenüber dionysischem
Erleben zu schließen, die ein Korrelat des Drogenkonsums darstellt.
Auch das auf die Eigenschaften des Haschischrauchers zielende Differential
wird von Haschischrauchern in einigen Punkten entschieden anders
beantwortet als von den Nicht-Haschischrauchern.
Die eklatantesten Unterschiede ergeben sich bei den Eigenschaften wirklichkeitsbezogen,
rational und zielbewußt. Im Gegensatz zu den Nicht-Rauchern schreiben
Haschischraucher dem Haschischraucher (also sich selbst) diese Eigenschaften
weitaus eher zu. Neben dem Motiv, diese sozial hoch bewerteten Eigenschaften
auch dem Haschischraucher, dessen Verhalten man selbst zeigt, zuzuschreiben
und insoweit Konformität mit den anderen in seinem Selsbtbild zu bewahren,
ist sicher die eigene Vertrautheit mit der Droge und die hierdurch vermittelten
Erfahrungen ein ausschlaggebender Faktor für diese differierende Aussage.
Etwa die Hälfte der Haschischraucher gibt an, positiv bewertete Erfahrungen
mit der Droge gemacht zu haben: ihnen war im eigenen Erleben die Feststellung
möglich, daß psychedelische Drogen die Wahrnehmung und Strukturierung
von Wirklichkeit verändern - ein Zustand, der in Castanedas Umschreibung
als eine Erfahrung "nicht-alltäglicher Wirklichkeit", aber nicht als
unwirklich zu bezeichnen ist. Dieses größere Erfahrungsspektrum,
über das die Haschischraucher verfügen, kann durchaus zur Erklärung
dieses Sachverhalts herangezogen werden.
Überblickt man diese (wohlgemerkt hypothetisch zu nehmenden) Ergebnisse,
so wird präziser erkennbar, in welche Richtung die kulturelle Entfremdung
geht, die beim Konsumenten illegaler Drogen unterstellt, befürchtet
und phantasiert wird: sie scheint als eine Entfremdung von den Leistungsnormen
der industriellen Gesellschaft, eine gewisse Distanz zur dynamischen Fortschrittsgläubigkeit
und einer Relativierung des herrschenden Begriffes von Wirklichkeit gesehen
zu werden. Eher als im gesundheitspolitischen Schutz scheint mir in diesem
Komplex auch die gesellschaftliche Reaktion gegen den Haschischraucher
begründet: Ungleich dem Alkoholkonsumenten, dessen Drogengebrauch
ritualisiert und in dieser Kultur strukturiert ist, bedroht der Haschischraucher
das kulturelle Universum durch eine andere, noch nicht eingefangene Wirklichkeit.
Die Daten aus dem Jahre 1973 zeigen eine Kultur in kollektiver Abwehrhaltung
gegen eine fremde Droge, deren Fremdheit sogar explizit in einen Beschluß
des Bundesverfassungsgerichts einging. Es ist unwahrscheinlich, daß
sich die beschriebenen Einstellungen bis heute völlig verändert
haben sollen; auch die legale Situation hat sich für den Haschischraucher
kaum verändert. Dennoch scheint sich eine gewisse Einbürgerung
der illegalen Drogen in dem Sinne anzubahnen, daß nun auch sozial
integrierte Angehörige der Mittel- und Oberschicht Konsumenten sind,
wie das in den USA seit längerem zu beobachten ist.
Es wäre denkbar, daß in diesem Verhalten ein Korrelat liegt
zur langsam beginnenden Diskussion über den Stellenwert von Arbeit,
Fortschritt und Wachstum - jener Konzepte also, die seit dem ausgehenden
Mittelalter immer zentralere Themen der europäischen Kultur geworden
sind. Schon damals, im frühen 16. Jahrhundert, beschreibt Francois
Rabelais das "Kräutlein Pantagruelion" und ist damit einer der Vorläufer
der Pariser Haschischraucher des 19. Jahrhunderts; doch gerade zu dieser
Zeit setzt sich in Europa der Alkohol in den Varianten "Bier", "Wein" und
"Branntwein" durch. Wenn diese Droge begleitend am Beginn einer Epoche
energisch-rationaler Wirklichkeitsbewältigung steht, so liegt der
Gedanke nahe, daß sich in der Zunahme der kulturfremden Psychedelika
heute korrelativ eine psychische Abwendung von jenen kulturellen Axiomen
bemerkbar macht, die Europa für fünf Jahrhunderte prägten.
Keine Macht den Doofen
die Anti-Cannabis Kampagnen 1961-1969
Sein oder Nichtsein ist keine Frage mehr
Heidelberger Deklaration
Hanf im Recht
die Grüne Kraft
das Recht auf Rausch
Die repressive Drogenpolitik wird "verständnisvoll". Ist das gut?
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