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Interview mit der Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Frau Christa Nickels

[Krankenschwester der Nation] Warum haben Sie das Amt als Drogenbeauftragte der Bundesregierung übernommen, welchen Bezug haben sie zur Drogenproblematik? Welche Erfahrungen und Kompetenzen bringen Sie in dieses Amt mit ein?

Ich habe dieses Amt gern angenommen, weil ich mich schon seit Jahren für eine Veränderung in der Sucht- und Drogenpolitik eingesetzt habe. Außerdem habe ich als Krankenschwester die Problematik von Sucht und Abhängigkeit sehr hautnah miterleben können.

Das Bundesministerium für Gesundheit hat eine Broschüre mit dem Titel "Neue Wege in der Drogen- und Suchtpolitik" veröffentlicht. Könnten Sie für unsere Leser kurz zusammenfassen, was neu an dieser Politik ist und warum Sie diese Veränderungen wollen?

Die Bundesregierung hat die Sucht- und Drogenpolitik auf vier Säulen gestellt: Prävention, und zwar gegenüber allen, auch den legalen Drogen wie Alkohol und Zigaretten, Hilfe und Therapie, Schadensminimierung und Repression gegenüber dem Drogenhandel. D.h. wir beziehen die legalen Suchtstoffe erstmalig in unsere Maßnahmen gleichwertig ein und arbeiten energisch daran, den Reformstau bei Maßnahmen der Überlebenshilfe aufzulösen. Stichwort: Drogenkonsumräume und heroingestützte Behandlung Opiatabhängiger.

In der o.g. Broschüre stellen Sie als wichtigste Neuerung die Veränderung des Verständnisses von Sucht dar. Danach ist Sucht eine Krankheit und kein Straftatbestand mehr. Das Bundessozialgericht hat dieses ja bereits 1968 festgestellt. Inzwischen sind Wissenschaftler auch hier wieder in der Diskussion, ob diese Zuschreibung wirklich so sinnvoll ist. Worin besteht also die Veränderung im Suchtverständnis und welcher Nutzen soll sich daraus ergeben?

Um die Frage, was eigentlich Sucht genau definiert und wo die Grenzen zwischen einem gesundheitsschädlichem Konsum einer Substanz und einer Abhängigkeit liegen, gibt es in der Wissenschaft eine fortlaufende Diskussion. Trotzdem hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) klare Definitionen erarbeitet, die Sucht als Krankheit kennzeichnen. Das ist aus dem Grund ein Fortschritt, weil damit auch festgeschrieben ist, dass die Betroffenen Anspruch auf Hilfe haben. Man darf nicht vergessen, dass in unserer Gesellschaft noch immer das Bild verbreitet ist, dass eine Abhängigkeit von einem Suchtmittel selbstverschuldet ist oder auf eine "Charakterschwäche" zurückzuführen sei. Natürlich führt nicht jeder Konsum einer psychotropen Substanz zu süchtigem Verhalten. Neben dem Substanzkonsum spielen die Lebensbedingungen der Menschen eine wichtige Rolle, der Zweck und die Situation, in der solche Substanzen genommen werden.

Was wird sich noch konkret in der Zukunft verändern und wozu soll dies gut sein?

Wir haben zur Zeit aktuelle Vorhaben, um neue Wege in der Sucht- und Drogenpolitik zu erproben. Zum einen geht es wie schon erwähnt um die rechtliche Absicherung von sog. Drogenkonsumräumen. Dieses Angebot ist in einigen Großstädten wie Hamburg oder Frankfurt, die eine große öffentliche Drogenszene haben, entwickelt worden. Seit Jahren besteht ein dringender Handlungsbedarf für die Gruppe von sozial- und gesundheitlich verelendeten Opiatabhängigen, die auch von den niedrigschwelligen Hilfeangeboten nicht erreicht werden.

Diese Menschen leben in einem Teufelskreis von Abhängigkeit, Beschaffungskriminalität und sozialer und gesundheitlicher Verelendung. So ist gerade diese Gruppe von den Begleiterkrankungen wie z.B. HIV, schwere Hepatitis besonders betroffen.

Dabei ist die Überlebenshilfe nicht der Königsweg, sondern ein bisher in der Drogenhilfe fehlender wichtiger Baustein, für den wir mit dem nun vorliegenden 3. Betäubungsmittel-Änderungsgesetz die rechtlichen Voraussetzungen schaffen. Ich halte die rechtliche Absicherung der Drogenkonsumräume für eine unerlässliche Aufgabe, um Gesundheitsgefahren bis hin zu Todesrisiken für intravenös Drogenabhängige zu verringern und die Mitarbeiter der Drogenhilfe aus der Strafdrohung herauszunehmen.

Das Bundesverfassungsgericht hat 1994 eindeutig festgestellt, dass es in Deutschland kein "Recht auf Rausch" gibt. Denken Sie persönlich, dass Menschenrechte auch ein Recht auf Rausch einschließen? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht?

Natürlich weiß ich, dass Menschen schon seit Jahrtausenden Erfahrungen gemacht haben mit Rauscherlebnissen und dass diese Erfahrungen oft eingebettet waren in religiöse oder kulturelle Rituale. Daraus lässt sich aber kein allgemeines Menschenrecht herleiten, weil Rauscherfahrungen immer zwiespältig sein, zu Realitätsverlusten führen können und unkalkulierbare Risiken bergen. Und wenn ich an das riesige Ausmaß von menschlichem Leid denke, dass Abhängige, ihre Kinder, Verwandten und Freunde durchmachen, dann bleibt mir diese glatte Formel vom "Recht auf Rausch" bitter im Halse stecken.

Glauben Sie, dass es Menschen gibt, welche autonom, risikobewusst und selbstbestimmt Drogen konsumieren?

Aus der Erfahrung weiß man, dass der Konsum von psychotropen Substanzen auch risikobewusst wahrgenommen werden kann. Aber die Politik und die Sucht- und Drogenhilfe sind der Prävention verpflichtet, um Menschen nüchtern zu informieren und einen Beitrag dafür zu leisten, dass sie nicht in Suchtverhalten abgleiten und muss sich um diejenigen kümmern, die das eben nicht schaffen und ihnen frühzeitige und angemessene Hilfen anbieten.

Ihr Ziel ist es auch, der Aufklärung eine viel stärkere Bedeutung zukommen zu lassen, um zu verhindern, dass "...aus dem jugendlichen 'geselligen Probieren' keine Sucht wird." (S. 21, o.g. Broschüre). Ist demnach völlige Abstinenz nicht mehr das vordergründige Ziel von Prävention?

Prävention hat das Ziel, die Entwicklung von Probierverhalten zu süchtigem Konsum zu verhindern oder frühzeitige Hilfen zum Ausstieg aus einem beginnenden Teufelskreis anzubieten. Zu Abstinenz kann man ermuntern, aber völlige Abstinenz zu fordern, wäre unrealistisch, weil es zum Jungsein dazugehört, dass man seine Grenzen erfahren möchte und Risiken eingeht, darunter fällt auch das jugendliche Probierverhalten. Bei der überwiegenden Anzahl von Jugendlichen spielen dabei vor allem Tabak und Alkohol die Hauptrolle, aber auch Cannabiskonsum ist in der Altersgruppe der 18 bis 25-jährigen bei rund 10 bis 20 % bekannt, rund 4 % von ihnen konsumieren regelmäßig. Das müssen wir in der Prävention berücksichtigen, wenn sie lebensnah und glaubwürdig sein soll.

Welche Botschaft haben Sie für die jungen Menschen in unserem Land im Bezug auf den Umgang mit Drogen und der Drogenpolitik?

Es gibt kein Rezept, das man generell allen Jugendlichen mit auf den Weg geben kann. Ich möchte dazu beitragen, dass möglichst wenige Jugendliche gesundheitliche, psychische oder sozialen Schäden erleiden durch psychotrope Substanzen - seien sie legal oder illegal-. Mir ist es wichtig, einen Beitrag zur Enttabuisierung dieser Debatte zu leisten. Wir brauchen das offene vorurteilslose Gespräch zwischen Jugendlichen, Eltern und Lehrern, in Schulen, Jugendeinrichtungen und Gesellschaft. Außerdem müssen wir in unserer Konsumgesellschaft darauf achten, dass Gefühle Selbstbewusstsein und Zugehörigkeit auch ohne die Einnahme irgendwelcher Substanzen erlebt und gelebt werden können.

Sie wollen die Kriminalisierung von Drogenkonsumenten verhindern. Wäre eine Ausgliederung der "Regelungen" zu Drogen aus dem Strafrecht nicht eine gute Möglichkeit, dies wirkungsvoll umzusetzen?

Sicherlich müssen wir darüber nachdenken, ob und welchen Beitrag das Strafrecht leisten kann, um Suchtverhalten von Menschen zu beeinflussen oder letztlich zu verhindern. Wir sind aber auch an Internationale Vereinbarungen gebunden, die den Erwerb und Besitz bestimmter Stoffe verbieten, weil deren gesundheitliche Risiken als sehr erheblich eingeschätzt werden. Gesundheitspolitik sollte dabei die gesundheitliche Aufklärung und die Hilfe in den Vordergrund rücken. Das Strafrecht ist unverzichtbar im Kampf gegen kriminellen Drogenhandel.

Sie wollen eine bundeseinheitliche Regelung zur Straffreiheit bzgl. des Besitzes "geringfügiger" Mengen sogenannter "weicher" Drogen (z.B. Cannabis) durchsetzen. Welche Schritte unternimmt die Bundesregierung dazu?

Die Einstellungspraxis bei Strafverfahren ist reine Länderaufgabe, der Einfluss der Bundesregierung ist hier gering. Sollte sich allerdings herausstellen, dass die Einheitlichkeit der Rechtsanwendung erheblich abweicht unter den Ländern, dann müsste der Gesetzgeber tätig werden; dies entspricht der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts.

Was hindert die Regierung an der Legalisierung von Cannabis?

Eine Freigabe von Haschisch sieht der Koalitionsvertrag nicht vor. Zu den Risiken gibt es verschiedene Studien, z.B. die Roques und die Kleiber Studie, von denen einige zu dem Ergebnis kommen, das Gefährlichkeitspotential von Cannabis sei geringer einzuschätzen als das etwa von Alkohol. Wir prüfen deshalb, welche Rückschlüsse daraus gezogen werden können.

Inwieweit bestehen Möglichkeiten den Sinn und den Erfolg der internationalen Suchtstoffabkommen, welche den Umgang mit psychoaktiven Substanzen auch für uns verbindlich regeln, zu diskutieren?

Sachliche Diskussionen sind immer sinnvoll Ich halte es schon für notwendig, dass die beabsichtigte und auch die nicht beabsichtigte Wirkungen von Teilen der Vereinbarungen, die der Kontrolle des Umgangs mit psychotropen Substanzen dienen, überprüft werden. Schließlich wollen die Internationalen Organisationen, die im Schnittpunkt von Gesundheits- und Kontrollpolitik liegen selbst ihre Maßnahmen evaluieren. Aber, wie gesagt, dieser Prozess beginnt erst und ich kann nicht sagen, in welcher Zeit Ergebnisse zu erwarten sind.

Im Namen des "WAR ON DRUGS" werden durch die USA Felder von Hanf- und Kokabauern in anderen Ländern zerstört. Wenn nun die Regierungen dieser Länder aufgrund eines Drogenproblems mit Alkohol deutsche und französische Weinberge zerstören wollen, welches Argument hätten Sie zur Verteidigung des "Drogenanbaus" in unserem Land?

Das Beispiel klingt interessant, hinkt aber. Vergessen Sie nicht, dass gerade die Drogenanbauländer zuvorderst dabei waren, wenn es um die "war on drugs" Beschlüsse und deren Umsetzung ging.

Für wie realistisch halten Sie den Plan der UNO, die Welt bis zum Jahr 2008 drogenfrei zu bekommen?

Es gibt in Aktionsplänen zur Gesundheitspolitik häufig Festlegungen, die bei genauer Betrachtung als nicht sofort umsetzbar gelten müssen. Das gilt auch für den Aktionsplan Alkohol der WHO,der vorhat, den Konsum von Alkohol in Europa in den nächsten fünf bis zehn Jahren spürbar zu reduzieren. Dennoch sind Zielsetzungen sinnvoll und ermöglichen eine Überprüfung der eingesetzten Mittel, sollten sie verfehlt werden. In der Tat sind Zweifel angebracht angesichts des realen Marktes und auch der Nachfrage nach Suchtmitteln. Umso wichtiger sind Prävention, Aufklärung und energischer Einsatz dafür gesundheitliche und soziale Schäden im Umgang mit psychotropen Substanzen so gering wie möglich zu halten.

Welche Visionen bzgl. des Umgangs mit Drogen in unserem Land haben Sie persönlich?

"Visionen" ist ein bisschen hochgegriffen. Ich fände es erstrebenswert, dass es in unserer Gesellschaft gelänge, mit psychoaktiven Substanzen so umzugehen, dass deren positiven Aspekte genossen werden können und es vermieden wird, dass Menschen von diesen Substanzen abhängig werden und sich oder andere gesundheitlich, psychisch und sozial schädigen. Ich wünsche mir, dass es im Umgang mit psychotropen Substanzen gelingt, den Raum zwischen Freiheit und Verantwortung richtig auszumessen, zwischen Rausch und Askese.

Darf die Drogenbeauftragte der Bundesregierung eigentlich auch mal berauschende Substanzen konsumieren?

Was wollen Sie hören? Dass Politik mitunter auch ein "berauschendes" Geschäft ist?

Vielen Dank!

DRUG SCOUTS, 7.10.99

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